Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grenzwärts

Grenzwärts

Titel: Grenzwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
Vom Netzwerk:
Russisch sprechen«, lächelte Schwartz, »das beherrsche ich besser als Englisch.«
    »Nicht doch! Im Ernst?« Goldenbaum lehnte sich erstaunt zurück. »Spezialausbildung, was? Schon länger in Deutschland?«
    »Hier geboren.« Schwartz trank von seinem Wasser. »Ich bin Deutscher wie Sie.«
    »Gibt’s doch nicht!« Goldenbaum strich sich über die Hakennase und schüttelte den Kopf. »Bei Ihrem Aussehen hätte ich Sie glatt für einen Amerikaner gehalten. – Wie auch immer.« Er sah in die Karte. »Haben Sie schon gewählt? Ich warne Sie vor, ist alles Bofrost, aber Preise wie bei uns. Die können den Hals nicht vollkriegen, diese Ossis.«
    »Mit Verlaub«, Schwartz rang mit aufkommendem Ärger, »ich bin auch einer.«
    »Wiener Art!« Goldenbaum hörte nicht zu und sah noch immer skeptisch in die Karte. »Woher wollen die schon wissen, was Wiener Art ist? Wer von denen war schon groß in Wien, was?« Er lachte und strahlte die Wirtin an, die ihm die Fanta brachte. »Na, versuchen wir’s mal. Einmal Schnitzel Wiener Art.« Er grinste Schwartz zu. »Die halten hier Zucchini immer noch für Gurken.«
    »Hören Sie, Goldenbaum«, Schwartz sortierte das Besteck auf dem Tisch, »ich bin in Dresden geboren, und vielleicht kriege auch ich den Hals nicht voll. Eines aber ist gewiss: Die Schnauze habe ich voll.« Er sah auf. »Und zwar von Typen wie Ihnen.«
    Goldenbaum erbleichte. Dann atmete er tief durch und faltete die Hände. »Du lieber Himmel! Ich wollte Ihnen weiß Gott nicht zu nahe treten, Schwartz, und bitte aus tiefstem Herzen um Verzeihung.« Er beugte sich vor. »Aber woher soll ich wissen, dass es im Osten sogar Schwarze gibt! Ossi und auch noch schwarz, also ehrlich: Schlimmer geht’s nicht, oder?«
    »Wo kommen Sie eigentlich her?«
    »Koblenz«, antwortete Goldenbaum und lächelte entschuldigend, »ich hatte eben Glück.«
    Wie man’s nimmt. Schwartz riss sich mit Mühe zusammen. Solche Typen nahm man besser sportlich. »Und was hat Sie hierher verschlagen«, fragte er so gelassen wie möglich, »in die Bofrostküchen des Ostens?«
    »Keine Ahnung. Die schöne Gegend, neue Herausforderungen, oder …« Goldenbaum senkte die Stimme. »… der schnöde Mammon? – Was meinen Sie?«
    »Ich tippe auf eine Frau«, sagte Schwartz. »Vielleicht die Liebe zu einer schönen Sächsin?«
    »Sie sind ein Romantiker, was?« Goldenbaum lächelte erneut. »Kommen wir zur Sache. Ich baue die Innenrevision im Pirnaer  BGS -Präsidium auf.«
    »Und dabei sind Sie auf Abgründe gestoßen?«
    »Der Mensch ist fehlbar, in der Tat.« Goldenbaum roch an seiner Fanta, und für einen Augenblick sah es so aus, als wolle er die Brause mit seiner langen Hakennase in sich hineinsaugen. »Wissen Sie, Abgründe sind mir nicht fremd. Grenzkriminalität, also Schmuggel, Menschen- und Rauschgifthandel, hat es immer gegeben. Genau wie die Korruption.« Er trank dann doch lieber mit dem Mund. »Ich habe schon in Koblenz Innenrevision und mir bestimmt keine Freunde damit gemacht.«
    »So!« Die Wirtin kam und stellte zwei dampfende Teller auf den Tisch. »Einmal Cordon bleu, einmal Wiener Art.«
    »Direkt aus der Mikrowelle«, knurrte Goldenbaum. »Guten Appetit.«
    »Danke.« Schwartz griff zum Besteck und langte zu. Er hatte Hunger, und das Essen war – Mikrowelle hin oder her – okay. Nichts Besonderes, aber okay.
    »Die Geschichte des  BGS «, dozierte Goldenbaum, während er an seinem Schnitzel herumsäbelte, »ist immer auch eine Geschichte der Verführung anständiger Beamter durch skrupellose Kriminelle gewesen. Plötzlich gab es Geld für kleine Gefälligkeiten. Ein paarmal die Augen zudrücken, und schon konnte man sich einen modernen Geschirrspüler leisten für die Frau, Reitstunden für die Tochter oder einfach nur einen neuen Fernseher. Aber irgendwann will man ein schickes Auto, ein Eigenheim, und mit den Ansprüchen steigt der Druck.«
    »So wie bei Kuhnt?«, fragte Schwartz kauend.
    »Ja.« Goldenbaum besah sich forschend das Stück Fleisch an seiner Gabel. »Wie bei Kuhnt.«
    »Was haben Sie ihm vorgeworfen?«
    »Das Übliche.« Goldenbaum verschlang das Fleischstück wie ein Raubtier. »Zunächst sah alles nach einer Routinesache aus«, nuschelte er kauend, »ein mittlerer Beamter, der plötzlich einen Lebensstandard wie ein Mafioso pflegte. Dazu eine drastische Zunahme der Schmugglerkriminalität in seinem Gebiet. Der Fall schien klar. Also haben wir angefangen, gegen Kuhnt intern zu ermitteln.«
    »Und? Was

Weitere Kostenlose Bücher