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Grenzwärts

Grenzwärts

Titel: Grenzwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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sich verzweifelt – ohne Erfolg, denn auch sie werden in den Robur gedrängt.
    Ich fasse es nicht! Was geht hier vor?
    »Warte hier«, flüstere ich Piet zu und lasse mich seitlich aus dem Wagen gleiten. Geduckt renne ich in Richtung Kirchhof, verstecke mich zwischen zwei Säulenwacholdern und beobachte von hier aus weiter, was passiert. Nicht weit von mir lehnen zwei Typen mit Walkie-Talkies an einem schwarz lackierten Opel Vectra mit dem Münchner Kennzeichen  M–SX  909. Offenbar koordinieren sie die Aktion, aber ich kann nicht verstehen, was sie sagen. Reden die überhaupt deutsch?
    Ich versuche, mir die Autonummer zu merken, und höre hinter mir den alten Mann im Lodenmantel schreien: »Ja, du kannst doch jetzt nicht einfach mittendrin abhauen!«
    »Und ob ich kann«, faucht Swetlana. Im Widerschein des Feuers vom Platz sehe ich, wie sie sich losreißt und flüchtet.
    »Ich hab für dich bezahlt«, brüllt ihr der Alte nach. Aber Swetlana ist schon zwischen Grabsteinen und alten Bäumen verschwunden.
    Mit einer Agilität, die man dem Alten nie zugetraut hätte, stürmt er auf den Platz und greift sich einen der Maskierten.
    »Blödmänner, verdammte«, brüllt er wütend, »ich krieg hundertfünfzig von euch! Los! Schließlich hab ich für die Hure bezahlt!«
    Der Maskierte versetzt ihm einen Kinnhaken, dass der alte Mann zu Boden geht, und springt in eines der anrollenden Fahrzeuge. Kurz darauf ist auch der Kampfgruppen-Robur mit den gekidnappten Huren verschwunden.
    Ich bin sprachlos. Verblüffend ist auch, dass ich immer noch mein Bier in der Hand und kaum etwas verschüttet habe. Also trinke ich erst mal einen Schluck.  M–SX  909, überlege ich, das war auf jeden Fall ‘ne Münchner Autonummer. Aber wie kriegt man jetzt den Besitzer des schwarzen Opel Vectra raus?
    »Ohgottogottogott, ist das eine verdammte Scheiße!« Stefan Kaemper torkelt mit einem Feuerlöscher um den brennenden Bus herum und versucht zu retten, was zu retten ist. »Den ganzen Tag schon habe ich so ein beschissenes Gefühl. Oh Gott, was für eine Scheiße …«
    Ich laufe zurück zu meinem  GAZ , der den Angriff unbeschadet überstanden hat. Nur Piet hockt noch immer schlotternd im Fußraum und hat sich vor Schiss eingepisst.
    »Alles gut, Junge«, beruhige ich ihn. »Die Typen sind weg.«
    Dafür kommt Roland in seinem Porsche herangerast.
    Zu spät, Don Rolando, denke ich, die Sache ist gelaufen.
    Fassungslos springt er aus dem Wagen, starrt auf seinen brennenden Bus und faucht den Kaemper an:
    »Was ist passiert? Wieso seid ihr nicht in Berzdorf bei der  LAUBAG ?«
    »Weil uns dein Buddelkastenfreund hierhergelockt hat«, greint Kaemper weinerlich und sieht mich hasserfüllt an. »Du hast uns diesen ganzen Scheiß eingebrockt!«
    Roland starrt mich an. »Stimmt das?«
    Was soll ich darauf antworten? Also nicke ich langsam und trinke von meinem Bier.
    »Wär doch total praktisch gewesen«, sage ich nach einer Weile und zeige zum »Johannishof« rüber. »Hättste Jule in ihrer feinen Pension flachlegen können und nebenher nach dem Geschäft sehen. Ich dachte, das gefällt dir.«
    Roland steht kurz vor der Explosion. Wütend will er mir in die Fresse schlagen, doch ich fange seine Faust locker ab.
    »Ganz ruhig, Freund. Ich hab den Bus zwar hier abgestellt, aber ich habe ihn nicht angesteckt.«
    Roland lässt von mir ab und wirkt plötzlich sehr müde und abgespannt. »Was ist mit den Mädels?«
    »Die haben die mitgenommen«, erwidert Piet, am ganzen Leibe schlotternd.
    »Wer?«
    »Wissen wir nicht«, antworte ich, »könnte Katenbachs Truppe gewesen sein, aber die Typen waren maskiert.«
    »Katenbachs Truppe?« Roland versteht es nicht. »Wieso? Was haben die gegen meinen Bus? Und wieso nehmen die die Mädels mit?«
    Ich hebe die Schultern. Woher soll ich das wissen?
    »Bringt sie wieder her«, fordert Roland.
    Wie jetzt? Sind wir seine Eintreiber, oder was?
    »Mit deiner Ludenscheiße haben wir nichts zu tun«, findet auch der schlotternde Piet und wischt mit einem Taschentuch an seiner nassen Hose rum. »Verdammte Kacke, ey!«
    Um uns und den Bus herum hat sich eine dichte Menschentraube gebildet. Aber kaum jemand spricht. Alle gaffen nur.
    Der alte Mann im Lodenmantel rappelt sich ächzend wieder auf und flucht vor sich hin. Als er die vielen Leute bemerkt, schreit er: »Ich komm gleich mit ‘m Teller!« Dann befühlt er seine blutende Unterlippe. »Diese Schweine haben mir fast den Unterkiefer gebrochen.«
    Ja, denke

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