Grenzwärts
ziemlich kompliziert an, überlege ich. Aber egal. »Haben Sie zufällig die Telefonnummer von diesem …« – Wie hieß es gleich? – »… Amt?«
»Sie können da nicht einfach nach einem Halter fragen«, belehrt mich Old Labertasche, »das geht nur im Rahmen der Verfolgung rechtlicher Ansprüche im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr. Schon aus Datenschutzgründen, verstehen Sie?«
So halb, denke ich. Geht schon.
»Was haben Sie denn genau für ein Problem?«, mischt sich nun der andere Bulle ein.
»Kein Problem«, antworte ich, »nur ‘ne Nummer: M Strich SX neunhundertneun.«
»München«, weiß der zweite Bulle sofort, »Sixt.«
»Bitte?«
»Die Autovermietung. Sixt hat immer München und ein SX nach dem Strich«, präzisiert der Bulle und wendet sich an seinen brötchenvertilgenden Kollegen. »Unsere Besserwessis sind doch auch immer mit Sixtautos rumgefahren, erinnerste dich? Als sie die Leitung unserer Dienststelle übernahmen?«
»Stimmt«, die Laberbacke nickt kauend, »da waren die mit schicken, fetten Mietwagen unterwegs. Bis sie ihre neuen Dienstautos bekommen haben.«
Okay, denke ich, dann war der Vectra also ein Rent-a-Car. Jetzt muss ich nur noch rauskriegen, wer die Kiste gemietet hat.
»Gibt’s hier ‘n Telefonbuch?«, wende ich mich an den Tankstellenangestellten.
»Nur von Görlitz und Dresden«, antwortet der und packt beide auf den Tisch.
»Sixt hat einen Vierundzwanzig-Stunden-Service«, weiß der Brötchenesser und deutet auf einen der ausgestellten Faltstraßenpläne. Da ist quer eine Sixtwerbung drauf – mit Telefonnummer.
»Telefon?«, fragt der Angestellte zuvorkommend und hält es mir über den Tresen.
»Gracias.« Sieh an, so langsam wird was aus der Servicewüste. Ich wähle die Nummer vom Faltplan und lande in einer Warteschleife. Richard Clayderman spielt »Pour Elise«, und eine sexy Frauenstimme rät mir, dranzubleiben, ein Mitarbeiter sei gleich für mich da.
»Willkommenbeisixtwaskannichfürsietun?«
»Kudella hier«, melde ich mich, »eine Frage: Können Sie mir sagen, wer bei Ihnen das Fahrzeug mit dem Kennzeichen M Strich SX neun null neun gemietet hat?«
»Moment.« Wieder Ricard Clayderman. Dann: »Hören Sie?«
»Ja?«
»Der Wagen ist am 8. Oktober vermietet worden. Flughafen Dresden-Klotzsche.«
»Und an wen?«
»Das kann ich Ihnen von hier aus nicht sagen. Da müssten Sie sich direkt an unsere Zweigstelle in Dresden wenden.«
»Mach ich«, sage ich, »vielen Dank«, und lege auf.
»Konnte Ihnen geholfen werden?«, erkundigt sich der Bulle und packt ein zweites Brötchen aus.
»Sehr«, nicke ich und greife mir das Dresdner Telefonbuch, um die Nummer der Sixtstation in Dresden-Klotzsche rauszusuchen.
Doch dort geht nur ein Anrufbeantworter ran. Telefonisch sei die Station nur während der Öffnungszeiten von sieben bis dreiundzwanzig Uhr zu erreichen, es könne aber gerne eine Nachricht hinterlassen werden, man rufe dann schnellstmöglich zurück.
Ich nehme mir einen der Werbekugelschreiber auf dem Tresen und notiere mir die Nummer auf meinem Kassenzettel für die Tic Tacs. Dann gebe ich dem Tankstellenangestellten das Telefon zurück und nicke den beiden Bullen zu.
»Schöne Nacht noch, die Herren!«
31
ES WAR WIRKLICH eine Sache von Sekunden. Und es war eine Katastrophe.
Kurz nach dem Zugriffsbefehl waren im Haus mehrere Blendgranaten aufgeblitzt, man hörte martialisches Geschrei, Scheiben splitterten. Dann flammten gigantische Scheinwerferbatterien auf und hüllten das Anwesen in taghelles Licht. Wenig später führten Kloppkes SEK -Männer die völlig überraschten Bewohner gefesselt aus dem Haus. Der Besitzer, Prof. Dr. Alexander Salnik, ein angesehener Wissenschaftler am Manfred-von-Ardenne-Institut und Dozent an der TU Dresden, erlitt vor Schreck einen Herzinfarkt, seine Frau bekam einen hysterischen Schreianfall, sodass beide notversorgt und mit dem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus ausgeflogen werden mussten. Die Söhne des Ehepaares, der achtzehnjährige Volker Salnik und sein anderthalb Jahre älterer Bruder Markus, saßen, von Panikattacken geschüttelt, in einem Polizeibus und heulten wie zwei Dreijährige.
Russen dagegen waren keine im Haus, und auch von Kaemper und seinen Huren fehlte jede Spur, kurz: Die Sache war ein totaler Reinfall.
Entsprechend fertig mit sich und der Welt hockte Oberkommissar Romeo Schwartz in seiner Déesse und sog, obwohl überzeugter Nichtraucher,
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