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Gretchen

Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einzlkind
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Herzen, als sie feststellte, dass der liebe Gott unmöglich im Himmel leben konnte, es gab dort nicht einmal Möbel. Der schönste Moment jedoch war, als ein blonder Engel in einem atemberaubenden grauen Kostüm sich leicht zu ihr hinunterbückte und fragte, ob sie eine Coca Cola haben wolle. Damals ist sie für eine Coca Cola gestorben.
    Zuckerwasser trank sie keines mehr, und seit über 30 Jahren flog sie nur noch First Class. Sie schätzte Komfort und professionelle Dienstleistung über alle Maßen. Neue Länder bedeuteten immer auch neue Leben, denen ausgeruht und wohlgestimmt zu begegnen war. Bedauerlicherweise besaß die Fluggesellschaft mit dem Namen Icelandair keine First Class, nur eine Economy Comfort Class, deren Comfort sie noch zu ergründen suchte. Sie fühlte sich nicht einmal Business. Auch die Mitfliegenden waren seltsam antihomogen, wie ein Tütchen Buntes aus der Kleinkrambude. Frischluftfanatische Bärenbeißer, fragwürdiges Partygemüse und glückheischende Kräuterhippies in asexueller Strickware. Sogar ein waschechter Bombenleger mit Turban, Kaftan und weiter Hose gehörte zum Frachtgut, nervöse Blicke vielerorten und spontanes Magengrummeln begleiteten ihn. Doch auch nach über einer Stunde Flugzeit zeigte er keinerlei Interesse, den Ungläubigen die Gedärme zu zerbomben. Er las lieber HELLO!
    Neben Gretchen Morgenthau saß George Clooney. Wie sie es sich beim Einchecken von der netten Dame gewünscht hatte. Immerhin, dachte sie, immerhin. Leider sah George Clooney nicht aus wie George Clooney und er hieß auch anders. Er stellte sich als Walter Ringle vor, Banker mit hoher Dioptrienzahl und Naturbursche in spe.
    Angeln.
    Angeln war sein Hobby.
    Genauer gesagt sollte Angeln sein Hobby erst noch werden. Er hatte alles gelesen, übers Angeln, er besaß ein Abonnement der Trout and Salmon und eine CC 995 von Browning, die Göttin unter den Stippruten. Er kannte sich aus mit Rutenfutteral und Brandungsbleie, mit Rubberjigs und Palomarknoten, mit Popper, Wobbler und Wonker, mit Boilies, Spinner und Posen. Er war vorbereitet. Auch äußerlich. In tadelloser Funktionskleidung. Auf seiner taubenblauen Fleece-Jacke prangte eine Tierpfote. Jack Wolfskin, raunte Walter Ringle verschwörerisch, Jack Wolfskin. Gretchen Morgenthau kannte diesen Designer gar nicht, sah aber gleich, dass es sich wohl um praktische Garderobe für den ambitionierten Freizeitaktivisten handeln musste. Um nicht länger als nötig über das Atmungsaktive an sich nachdenken zu dürfen, bestellte sie den dritten Glenfiddich, für Walter Ringle gleich mit. Derweil Gretchen Morgenthau als geübte Trinkerin nicht den Hauch einer Wesensveränderung durchmachte, schien Walter Ringle, obschon Engländer, ein wenig in den Seilen zu liegen. Nicht, dass er lallte, aber die Augen hingen auf Halbmast und er grinste nahezu nonstop in debiler Sanftheit vor sich hin. Auch wurde er vertrauensseliger, er glaubte gar, seine Lebensgeschichte würde Gretchen Morgenthau interessieren. Und dieser unerschütterliche Glaube ermutigte ihn, ein zweites Mal die Konversation zu suchen.
    »Und, schöne Frau, das erste Mal in Island?«
    »Mein lieber George …«
    »Walter.«
    »Mein lieber George, möchten Sie nicht vielleicht den Film über Pinguine sehen, der im Bordprogramm angepriesen wird? Die Pinguine sollen sogar schwimmen. In dem Film.«
    »Oh, danke, aber mir ist nicht nach Fernsehen. Ich schaue eigentlich selten fern. Und außerdem bin ich viel zu aufgeregt, um fernzusehen. Ich fliege erst zum dritten Mal. Und eigentlich immer in der Touristenklasse. Upgrade. Es gab wohl einen Buchungsfehler. Wir sitzen also dank einer glücklichen Fügung nebeneinander. Und wenn ich ehrlich bin, also so ganz unter uns, dann ist dies das erste wirkliche Abenteuer meines Lebens.«
    »Angeln?«, fragte Gretchen Morgenthau überrascht nach.
    »Nun ja«, sagte Walter Ringle und versuchte mit einem verwegenen Gesichtsausdruck Boden gut zu machen, »meine Reise endet ja nicht in Reykjavik. Ich werde dort von Jón abgeholt und zusammen mit einem Pärchen aus Belgien geht es dann weiter nach Talknafjördur. In Talknafjördur sollen laut Jón mehrere Hunde begraben sein. Wobei sich mir noch nicht erschlossen hat, ob es sich dabei um eine Gedenkstätte oder um eine Sehenswürdigkeit handelt. Nach einer kleinen Mahlzeit im Hopid, laut Jón dem besten Restaurant am Platz, wird unsere Angel safari vor Ort durchgesprochen, um gegen alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Am

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