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Gretchen

Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einzlkind
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allerdings kein weiteres Sektenmitglied rekrutiert werden. Und mit Pan wollten weder Guru noch Stellvertreter die Wonnen der freien Liebe erkunden, denn Pan besaß zwar Brüste, die aber waren männlich und alles andere als schön anzuschauen.
    Die Liebe, so erschien es Kyell, war ein scheues Wesen. Und sie bereitete ihm immer größere Sorgen. Er war jetzt 18. Und er war immer noch Jungfrau. Wahrscheinlich war er die einzige 18-jährige Jungfrau der ganzen Welt. Tule hatte schon mit 14 Frauen geschlafen. Behauptete er. Namen gab er keine preis, da war er Gentleman, durch und durch. Sex, sagte Tule, sei besser als Angeln, und um Kyell von seiner gewagten These zu überzeugen, hatte er zum Abendessen seinen Computer mitgebracht. Tule war einer der wenigen Einwohner Gwynfaers, der einen privaten Computer besaß. Einen tragbaren. Eigentlich waren Computer gesellschaftlich geächtet. Dabei war man in Gwynfaer alles andere als fortschrittsfeindlich, der Fortschritt musste nur von Nutzen sein. Für den privaten Gebrauch, so hatte die Gemeinschaft entschieden, war ein Computer weniger von Nutzen. Tule aber rebellierte schon aus Prinzip gegen alles Oktroyierte, Gleichgeschaltete, Verlogene und ewig Gestrige. Er sagte, ein Computer sei ein Tor zur Welt. Man fände dort Wissen von ungeheurer Vielfalt, tausend neue Freunde an nur einem einzigen Tag, die weltweit günstigsten Gartenbewässerungsanlagen und Videos. Unzählige. Videos.
    Videos, in denen es um Liebe ging.
    Um physische Liebe.
    Um physische Liebe en détail.
    Die ersten Bilder trafen Kyell wie eine Atomrakete. Er hatte ja keine Ahnung, was Frauen in Liebesdingen alles taten. Er war perplex. Zuweilen auch angenehm überrascht. Einiges, was er sah, phantasierte er nicht einmal zurecht, wenn er Sünde an sich selbst beging. Dabei weckten diese Momente der Intimität sein kreatives Potenzial aufs Ungeheuerlichste. Im Video aber, in der Realität also, die sich ihm zu Füßen warf und der er stolpernd neuen Wegen folgte, gab es mehr zu entdecken, mehr als er je zu träumen wagte. Einer Lichtung gleich offenbarten sich ihm visuelle Erweckungsmomente, die sein Leben um Myriaden von Möglichkeiten bereicherte. Auch die Physiognomie war in ihrer gänzlichen Nacktheit von ungeheurer Faszination. Er hätte nie gedacht, dass Frauen so unterschiedliche Brüste haben, in Form, Größe, Farbe und Hängung. Er fand sie alle schön. Nein, wunderschön. Ehrlich überrascht war er, dass Frauen so viel Spaß beim Liebesspiel haben, dass sie voller Hingabe sich selbst verloren und in freigeistigen Sphären weilten, die keinem Mann je zu betreten möglich erschienen. Er war fasziniert von den Geräuschen der Ekstase, wenn Frauen dem Höhepunkt entgegenstrebten, wenn die Lust ihnen nahezu Schmerzen bereitete, wenn kurze spitze Schreie gefolgt von einer emotionalen Explosion ihre geheimnisvolle Seite, ja, die Aura menschlicher Mystik zum Vorschein brachten. Ein einziges Juhu des Lebens. Er wusste, dass Laienschauspieler zu sehen waren, und genau deshalb musste es echt sein. Diese Leidenschaft konnte ein Laie nicht spielen. Unmöglich.
    Doch nicht alles war Gold, das glänzte. Die Sportlichkeit, die alle Beteiligten an den Tag legten, sah er mit kritischem Auge. Auch das Licht war keineswegs immer souverän gesetzt. Dramaturgisch hingegen waren die kurzen Filme recht ansprechend inszeniert. Die Dialoge waren erstaunlich eingängig, eine sehr reduzierte Sprache, die sich im Fokus auf das Wesentliche beschränkte, durchaus gewöhnungsbedürftig hier und da, keine Frage, Prosa indes allemal. Oft ging es um handwerkliche Dinge, um Rohre, die poliert oder verlegt werden sollten. Manchmal äußerten sich die männlichen Darsteller ein wenig despektierlich, wie sie überhaupt in der ein oder anderen Szene einen eher zwiespältigen Eindruck hinterließen, eines Primaten gewiss nicht immer würdig. Die Frauen hingegen waren von entzückender Freiheit und zügelloser Grazie. Kyell mochte Lady Mac Bitch besonders gerne, eine vollbusige Matrone, die halterlose Strümpfe und schwarze Lackschuhe mit hohen Absätzen trug. Ihre blasse Haut harmonierte gar prächtig mit ihren dunkelroten Lippen und den kajalbetonten Augen, die wie Schokolade schimmerten. Ihr Negligé, das sie praktischerweise für den Hausputz immer überzog, bestand aus durchsichtiger Seide und schwarzer Spitze. Sie wischte unheimlich elegant Staub. Mit einem Wedel aus echten Straußenfedern. In purpurrot. Kyell hätte ihr stundenlang

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