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Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Titel: Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Berger
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unbeschadet hindurchkommen durch die Inquisition, gelle. Seid Ihr denn schon vernommen worden?»
    Die Hechtelin schüttelt den Kopf. Na, Gott sei Dank! Ein mächtiger Stein fällt der Bauerin vom Herzen.
    «Ich aber. Ich komm nämlich eben vom Verhör.»
    «Was, auf dem Amt?»
    «Ja. Der Jüngere Bürgermeister hat mich vorgeladen gehabt für heute früh.»
    «Du liebe Zeit! Der wird doch mich nicht auch holen wollen? Der hat doch die Ursel schon befragt, mehr als die kann ich dem gar nicht sagen.»
    Die Ursel schon befragt? Der Bauerin wird sofort wieder eng in der Brust.
    «Das werden wir sehen, ob die Herren Euch noch holen.− Jedenfalls sollt Ihr wissen, dass ich von der Nachgeburt nichts gesagt hab. Kein Wort. Von der Nachgeburt. Habt Ihr verstanden?» (Die Hechtelin nickt.) «Nur von dem Blut im Stall hab ich geredet, und Ihr hättet mir dann ein blutiges Hemd gewiesen, dass sie die Ordinaire bekommen hätt und nicht schwanger wär, und das hätt ich Euch geglaubt. Und wir wären erst am Abend, als sie fort war, überhaupt auf die Idee gekommen, sie könnt geboren haben. Vorher wär uns der Gedanke gar nicht gekommen. Nicht, dass es heißt, wir hätten es verschleppt mit der Anzeige, um ihr die Flucht zu erlauben. Gelle, Frau Hechtelin, Ihr versteht, was ich meine. Seid nur beruhigt, ich hab Euch auch nicht verraten, dass Ihr die Susann nicht zu Euch habt nehmen wollen, als ich sie zum Erholen fortgeschickt hab vor der Messe. Dass Euch niemand nachsagen kann, Ihr hättet sie getrieben dazu.− Wir wollen uns doch nicht gegenseitig belasten, gelle. Das hilft ja nun niemandem mehr, wenn wir bestraft werden. Es hat ja keiner von uns beiden gewollt, dass es so kommt. Dass die Susann am Ende ihr Kind umbringt.»
    «Du liebe Zeit! Was redet Ihr denn da, Frau Bauerin. Ihr wollt doch der Susann nicht nachsagen, sie hätt ihr Kind umgebracht! Woher wollt Ihr das denn wissen? Das Kind war doch sicher tot geboren. Dann hat sie nur die Leich versteckt und gehofft, dass sie’s verbergen kann, dass sie geboren hat. Meine Schwester hat ihr Kind nicht umgebracht, da häng ich mein Leben dran.»
    «Ihr habt ja recht, Frau Hechtelin. Ihr habt ja recht. Das traut man der Susann ja gar nicht zu, dass sie Hand an ihr eigen Fleisch und Blut legt. Das wird sich dann gewiss auch erweisen bei der Untersuchung.»
    In diesem Augenblick betrat die Königin den Raum – gekommen, der Hechtelin zu erzählen, dass das Kind gefunden worden war. Was sie selbst eben aus dem Mund des Bruders erfahren hatte, der es wiederum vom Elias wusste.
    Die Bauerin nimmt das zum Anlass, sich zu verabschieden.
    Gott, was ist sie froh, dass sie fort kann. Dass sie endlich draußen ist aus diesem Unglückshaus.
    Bei ihr in der Wirtschaft allerdings, wo die Luft zwar etwas weniger bedrückend scheint, da wird sie leider sofort, als sie in die Küche kommt, daran erinnert, dass ihr hier eine gewisse wichtige Person so was von fehlt.
    Und das kurz vor der Messe.

SAMSTAG, 3. AUGUST, VIER UHR NACHMITTAGS
    EINE ABGESEHEN vom Bauchansatz hagere Person mit freundlichem Gesicht und Entenschnabelnase sowie je zwei Reihen Rollmopslöckchen an der puder- und pomadestarrenden Zopfperücke bewegte sich ziemlich eilig nach Süden den Großen Hirschgraben entlang. Das war der Musterschreiber des Kriegszeugamtes, der Schreibmeister und Privatinformator J. Heinrich Thym. Er kam vom Rossmarkt, wo er, wie zuvor schon an anderen Plätzen der Stadt, mit einem trommelnden Tambour ein kleines Spektakel hatte veranstalten müssen in seiner Funktion beim Kriegszeugamt.
    Deshalb hatte er sich für seinen Termin im Haus Zu den drei Leiern leider sehr verspätet. Was der Herr Rat Goethe sicher verstehen würde: Amtsgeschäfte gingen nun einmal vor. Er konnte allerdings, wie sich herausstellte, seine Entschuldigung nicht sofort loswerden. Der Herr Rat war nämlich gerade «für fünf Minuten» nicht zu sprechen. Der Schreibmeister wurde aber schon mal in die alltäglichem Besuch vorbehaltene gelbe Stube geführt. Und da die Frau Rätin ihrerseits ihre alte Frau Mutter, die jüngst verwitwete Madame Textor, geb. Lindheimer, auf der Friedberger Gass besuchen gegangen war, schickte ihm der Goethesche Diener als Gesellschafterin das Fräulein Cornelia vorbei.
    Genau diese Worte entfuhren dem Herrn Schreibmeister Thym bei deren Eintritt, nämlich: «Fräulein Cornelia!», was, wie der Schreibmeister sofort spürte, die junge Dame sehr pikierte, die ja zugegebenermaßen auch schon seit

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