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Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Titel: Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Berger
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Dienstmagd. Frau? Verheiratet ist sie nicht. Jungfer? Lächerlich bei diesen Umständen.
    Also drückt er sich in der nächsten Frage wieder um die Anrede herum. Wie auch um manch anderes.
    «Wie hat es sich denn zugetragen, dass Sie gegenwärtig in dem Hospital sich befindet?»
    Die Susann spürt: Das ist gar kein Feind, der Herr vom Verhöramt. Er spricht so sanft und tröstend, man könnte fast meinen, dass er ihr helfen will. Da fängt sie an, sich zu öffnen. Von ihrer Verhaftung erzählt sie und wie sie die Soldaten erst hierhin, dann dorthin gebracht hätten, und dann fängt sie auch gleich ungefragt an, von dem schrecklichen Abend zu erzählen, nämlich wie sie am Donnerstag so um acht in der Waschküche ihrer Dienstfrau von starken Wehen und Schüttelfrost überfallen worden sei, und fast unmittelbar darauf sei ein Kind zwischen ihren Beinen hervor auf den Boden geschossen. Und ihre Kameradin Margret könne das bestätigen, dass sie die Asche zur Waschküche habe tragen müssen, weil die Margret die Waschküche noch gar nicht gekannt habe, die sei nämlich erst an dem Tag neu ins Einhorn gekommen.
    Der Ratsschreiber Claudy räuspert sich. Gott, was hört es sich verzweifelt an, das arme Ding. Er räuspert sich wieder.
    «Wie lange ist Sie denn schwanger gewesen?»
    Nur vorsichtig jetzt, denkt die Susann. Sie darf um Gottes willen nicht verraten, dass sie von dem Kind in ihrem Bauch wusste und dass sie es böswillig verheimlicht hat.
    «Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich hab ja die ganze Zeit gar nicht gewusst, dass ich schwanger bin.»
    Jetzt lügt sie, ahnt der Claudy. Aber woher will er das so genau wissen? Was weiß denn er schon, was in so einer Weibsperson vor sich geht.
    «Wann hatte Sie denn zuletzt ihre monatliche Reinigung?»
    Das Mädchen redet weiter. Der Claudy allerdings ahnt nicht im Geringsten, welche Erleichterung das ist für die Susann: Es jetzt endlich einmal sagen zu können. Es endlich herauszulassen.
    Nämlich dass es sich so verhält, dass sie zugeben muss, sie hat ein paar Wochen vor Weihnachten mit einem damals im Gasthaus logierenden Holländer geschlafen. So viel könne sie nicht leugnen. Sie habe kurz danach allerdings ihre Ordinaire noch einmal bekommen, nur dass es anderntags schon wieder vorbei gewesen sei damit, nachdem ihre Frau erst mit der Kameradin und dann mit ihr schrecklich geschimpft habe.
    Der Claudy zieht die Brauen hoch. Merkwürdige Geschichte. Jedenfalls muss sie seit Dezember schwanger sein. Sieben, acht Monate mindestens.
    «Und Sie hat danach nie das Leben des Kindes in sich gespürt? Hatte Sie denn keine Leibschmerzen? Sie muss doch eigentlich auch gemerkt haben, dass Ihre Brüste dicker werden.»
    Die Angst steigt wieder auf in der Susann. Sie hat den Herrn also doch nicht so leicht täuschen können, der ist ja nicht blöd, wenn er vom Verhöramt ist, der weiß ja so gut wie sie, dass ihr Wissen oder Nichtwissen um die Schwangerschaft der entscheidende Punkt ist.− Sie muss weiter leugnen, ganz stur. Das ist ihre einzige Rettung.
    Sie habe weder irgendwelche Schmerzen gehabt bis zu den Wehen, sagt sie, noch habe sie ein Leben in sich gespürt.
    Und dann treibt sie etwas, nachzusetzen: Allerdings habe sich etwas Merkwürdiges bei ihr zugetragen, und zwar habe es sich manchmal in ihrem Bauch angefühlt, als ob sich ein schwerer Stein erst auf die linke, dann auf die rechte Seite wälzt.
    So muss er sie zwar für dumm halten, für eine Lügnerin aber nicht unbedingt. Es ist ja auch nicht einmal gelogen, so war es ja, wie ein Stein in ihrem Bauch. Der Herr blickt aber zweifelnd drein. Da redet sie weiter und beteuert: «Ich hab doch nicht gewusst, dass das ein Kind ist. Sonst hätt ich’s gleich meinen Schwestern oder meiner Frau gesagt. Ich bin ja auch untersucht worden von denen, die haben auch nichts gemerkt.»
    «Wer ist denn bei Ihrer Niederkunft zugegen gewesen?»
    «Niemand. Ich war ganz allein.»
    «Warum hat Sie denn niemanden dazugenommen oder gerufen?»
    Auch da hat sie sich strafbar gemacht, das wird ihr jetzt klar, das macht ja die heimliche Geburt aus, dass sie ohne Zeugen stattfindet und ohne Helfer.
    «Die Waschküch ist so weit hinterm Haus, und es kam so plötzlich mit den Wehen, und mir war so elend. Ich hab doch keinen mehr rufen können.»
    Damit kommt sie vielleicht sogar durch, denkt der Claudy, jedenfalls, wenn die Waschküche wirklich weit draußen ist, und wenn die Kameradin bestätigt, die Brandin habe zum Asche Fortbringen dorthin

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