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Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Titel: Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Berger
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Soldaten Setzentreibel keine passende Replik ein. (Oder müsste er jetzt «Jawoll, Herr Ratsherr» sagen?)
    Der Gefangene befreite ihn durch weitere Ausführungen aus dieser Verlegenheit.
    «He, Setzentreibel! Wenn ihr sie fasst, das Mädchen, das Luder! Dann bringt ihr sie natürlich erst mal hoch zur mir ins Zimmer die erste Nacht! Verstanden!»
    «J− öhm, jawoll, Herr Ratsherr.»
    «Das ist ja wohl das Mindeste, hä! Und danach dürft ihr dann alle ran! Haha!»
    «Öhm, jawoll, Herr Ratsherr. Sehr witzig, Herr Ratsherr. Haha. Das Loch dürft ja groß genug sein bei dem Mädel.»
    «Na, aber, aber Setzentreibel! Sapperlot nochmal, untersteh Er sich! Da vergreift Er sich aber im Ton, das wird ja bald ein Disziplinarvergehen, was Er sich hier erlaubt!»
    «Öh, ja, also, wenn der Herr Ratsherr sonst keine Wünsche haben …»
    «Setzentreibel! Was weiß Er von meinen Wünschen!»
    «Ja, also, dann würd ich jetzt einmal die Türe wieder zusperren. Der Herr Ratsherr melden sich dann, wenn Ihro Exzellenz wieder −»
    «Na! Setzentreibel! Was steht Er dumm herum! Zusperren! Hopphopp! Worauf wartet Er!»
    Der Soldat Setzentreibel sperrte die Tür zu, wischte sich erleichtert die Stirn und fragte sich zum wiederholten Male, warum es bei seinen Kameraden als begehrte Aufgabe galt, vor der Arreststube des berühmten verdorbenen Ratsherrn Wache zu halten.

IM DEZEMBER 1770
    JAN VAN GELDER packte seine Sachen zusammen. Es ging weiter. Den Leipziger Postwagen würden sie nehmen, vom Darmstädter Hof aus auf der Zeil. Acht Tage etwa waren es bis Leipzig, wo der Jontef Geschäfte hatte und sie eine Woche oder zwei bleiben würden. Eine neue Stadt, neue Gesichter, und dann wieder weiter. Die Freiheit!
    Er wird in Leipzig sehen, ob er bei einem Goldschmied was arbeiten kann. Die letzten Tage hat er in Frankfurt das Glück gehabt, in einer der Werkstätten auf der neuen Kräme zum Ersatz des erkrankten Meisters gerade richtig zu kommen. Zu verkaufen hat er ja nun nichts mehr außer seiner Arbeit, nachdem er Diverses halbwegs einträglich abgestoßen und übrigens die Perlen so hier gelassen hat.
    Apropos Perlen: Eigentlich würde er gern noch schnell der Susann adieu sagen. Aber die hat ihn die ganze Zeit gemieden wie die Pest. Warum, versteht er wirklich nicht. Schade. Es war doch alles sehr schön gewesen. Für sie doch wohl auch, oder? Zwingen musste er sie ja nicht gerade ins Bett. Und das hätte sie sich doch denken können, dass er bestimmt nicht auf Brautschau in Frankfurt ist.
    Oder was hat sie sonst damit gemeint: Sie wolle mitkommen nach Petersburg? Als seine Mätresse etwa?
    Verstehe einer die Weiber. Er schenkt ihr einen Teil seiner Ersparnisse in Form der Perlen, und sie spricht nicht mehr mit ihm. Na, was soll’s, man denkt am besten gar nicht weiter drüber nach.
    Was Besonderes war es aber doch mit ihr.
    Ob sie böse ist, weil sie denkt, sie könnte schwanger werden? Überängstlich, vielleicht. Er hätte es ihr sagen sollen: Ihm ist noch keine schwanger geworden. Obwohl er natürlich − zugegeben, beim ersten Mal mit ihr hat er’s nicht ganz rechtzeitig geschafft rauszuziehen, und beim dritten Mal, da war es zu schön, da wollte er sich’s nicht verderben. Aber auch das ist ihm schon vorgekommen, damals mit der Annelies zu Hause in Breda. Ohne Folgen.
    Am Ende schreibt er ihr einen Zettel, den sie finden soll, wenn sie die Stube macht.
    Adieu Suzanne schreibt er drauf. Mehr nicht.
     
    Er ist weg. Weg. Was war ihr seine Gegenwart im Haus für eine Last. Und jetzt? Sie sitzt auf seinem noch ungemachten Bett und denkt an das Gute. Das leistet sie sich jetzt einmal, wo die Gefahr vorüber ist: Ihn in der Erinnerung ein bisschen besser zu machen, als er war. Das Unangenehme beiseite schieben (wie ungerührt er sie hat gehen lassen!) und ihm ein bisschen nachweinen. Wie schön es eigentlich gewesen ist. Wie schön es gewesen wäre, wenn. Und dass er vielleicht wiederkommt, irgendwann, weil es ihm doch keine Ruhe lässt. Dass er in Wahrheit an sie denkt.
    Und nachdem sie ein bisschen ihren bittersüßen Gedanken nachgehangen hat, rafft sie sich wieder auf und bringt mit routinierten, schnellen Handgriffen das Zimmer in Ordnung. Die Bettwäsche in den Korb (auf keinen Fall dran riechen). Den Boden aufgefegt und in den Eimer mit dem Kehricht. Auf dem Tisch liegt ein am Rand eingerissener Fetzen Papier, den steckt sie in die Schürzentasche. Sie wird ihn zum Feuermachen gebrauchen können.
    Sie hält sich den

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