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Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Titel: Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Berger
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gemacht hab und die Christiane deshalb heute meine übernommen hat.»
    «Was?», ruft die Christiane, splitternackt obenherum, und dann wird sie blass.
    «So, Christiane», sagt die Bauerin, «die Hundchen sagt mir aber eben, als ich ihr hochhelfe, dass ihr Bett heute gar nicht gemacht worden ist, und auch das Zimmer nicht aufgeräumt. Stimmt das?»
    Die Christiane hält sich schützend das alte Hemd vor die Brust. «Woher soll ich das denn wissen? Die Stube von der Hundchen gehört zu den Betten von der Susann, und das ist jetzt das Erste, was ich höre, dass ich angeblich heut der Susann ihre Betten machen wollt. Das wüsst ich aber, wenn das so wär. Ich schwöre, ich weiß von nichts. Dafür weiß ich aber sehr wohl, dass die Susann in den letzten Tagen schlampig war und mich dauernd gefragt hat, ob ich was für sie machen könnt, und zum Beispiel hat sie gestern auch einmal die Bierstube allein gelassen mit nur dem Bonum drin und hat dem gesagt, er soll ausschenken und kass −»
    Die Bauerin starrt die Susann an. «Susann? Stimmt das?»
    «Ich – was, das mit der Bierstub?»
    «Ja, verdammt!»
    «Das stimmt, aber der Bonum − ich musste − die Christiane −»
    «Niemals – hört Ihr, Susann, niemals – darf die Bierstub unbeaufsichtigt sein! Wie oft hab ich das gesagt! Und der Bonum gehört nicht zum Haus, dem habt Ihr hier gar nichts anzuvertrauen! Und schon gar nicht die Kasse von der Bierstub! Herrgott, und ich sitz bei der Taufe und denk, es ist alles in Ordnung bei mir, ich kann mich verlassen auf meine Leute.− Und versteh ich das richtig, es ist nicht nur die Stube von der Hundchen betroffen von der Schlamperei heut? Wollt Ihr mir sagen, die gute Hälfte von den Betten ist heut gar nicht gemacht worden?»
    «Die Christiane hat ges−»
    «Ich glaub, die Susann spinnt, warum sollt denn ich ihre Betten −»
    «Herrgott nochmal! Ja, ist es denn die Möglichkeit! Ja, schert euch doch beide zum Deibel!» Wütend stampft die Bauerin mit dem Fuß auf.
    Die Susann zittert, sie beißt sich in die Faust. Bloß nichts mehr sagen. Bloß nicht explodieren.
    «Herrgott, in einer guten Gastwirtschaft einfach so die Betten nicht gemacht! Wenn so etwas nochmal vorkommt, hört ihr, noch ein Mal, dann fliegt ihr alle zwei! Verstanden?»
    «Ja, Frau Bauerin», murmelt die Christiane und verdreht heimlich die Augen. Die Susann nickt stumm. Und schluckt dreimal. Und dann flüstert sie heiser: Es werde nie wieder vorkommen. Und ob es denn recht wär, wenn sie jetzt noch die Betten macht, soweit die Gäste noch nicht schlafen?
    Bis auf die Hundchen, sagt die Bauerin, seien alle noch in der Bierstub. Also, sie möge sich beeilen.
     
    Weil seine Stube ganz oben und am Ende des Ganges liegt, macht sie die, todmüde, als letzte. Wo sie sich heut Morgen so angestrengt hat, damit das Bett trotz des neuen Lakens ungemacht aussieht. Verrückt eigentlich.
    Und dann hört sie Schritte auf dem Korridor. Da ist sie schon bei den allerletzten Handgriffen, hat es eigentlich fast geschafft. Ihr wird heiß. Vielleicht hat sie Glück, vielleicht ist es gar nicht er , sondern nur der Jude auf dem Weg zum Abtritt. Nein, so kräftige Schritte, er ist es doch. Aber er will ja auch bestimmt erst zum Privet und nicht in die Stube. Sie hält den Atem an und wartet, dass die Schritte an der Tür vorübergehen.
    Stattdessen geht die Tür auf. «Sßüsann!»
    «Ich hab nur das Bett gemacht.» Hastig erhebt sie sich. Er kommt auf sie zu. Nur schnell vorbei an ihm und raus hier, ihm nur nicht ins Gesicht sehen.
    «Sßüsann! Seid Ihr mir böse?», ruft er ihr amüsiert hinterher.
    «Nein», sagt sie, schon in der Tür und ohne sich umzusehen. «Vielleicht bin ich mir selber böse.»
     
    Als sie schwindelnd vor Mattheit die Hinterstiege hinuntertrottet, da merkt sie, es schmiert nicht mehr ganz so zwischen den Beinen. Vor lauter Schreck und Aufregung hat sie wohl schon wieder zu bluten aufgehört. Was für ein Tag. Morgen wird es besser werden. Morgen wird alles wieder sein wie immer.

SAMSTAG, 3. AUGUST 1771, SIEBEN UHR FRÜH
    NACHDEM DER hochedelgeborene Ratsherr Johann Erasmus von Senckenberg das von seiner Magd gereichte Frühstück eingenommen, sich erleichtert sowie mal rechts, mal links aus den beiden Fenstern seines tadellos ausgestatteten Gefängnisses in die Freiheit geblickt hatte, wandte er sich seufzend seinem Schreibtisch zu. Er war selbst Jurist (wenn auch nicht examiniert) und verfasste als solcher gern einmal eine Eingabe bei

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