Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)
Luder, da müsse er sich woanders auf die Suche machen, gelt.
Kein Wunder, dass die Susann heute am Kochen keine Freude hat.
Die Christiane allerdings, die mit ein bisschen Hilfe vom Christoph allein die Bedienung macht und laut Dekret der Bauerin täglich auch noch erhebliche Summen von ihren Trinkgeldern an die Susann abtreten soll, die meint ihrerseits, sie hätt das schlechtere Los gezogen. Und damit die Susann das bloß nicht übersieht, giftet sie herum, als sie nach dem Bettenmachen die Küche betritt.
«Sitzest hier wie im Schlaraffenland, gelt», meckert sie, «allein mit dem ganzen Essen! Kannst schön klauen, wenn dich niemand sieht! Ein Löffel Butter hier, ein Bissen Fleisch da! Jetzt weiß ich endlich, warum du neuerdings so fett geworden bist. Stopfst dir den ganzen Tag heimlich den Hals, als wärst eine Mastgans. Wart’s ab, das sag ich der Frau Bauerin.»
Die Susann folgt ihrem kürzlich gefassten Vorsatz für solche Fälle: Ehe sie sich aufregt, atmet sie dreimal tief durch und denkt, bevor sie spricht. «Was sagst du der Frau Bauerin?», entgegnet sie schließlich halbwegs ruhig und beherrscht der Christiane. «Dass ich brav den ganzen Tag in der Küche steh und meine Arbeit tu? Was anderes tu ich nämlich nicht. Ich wünscht, ich hätt so viel Zeit, dass ich zum Essen außer der Reihe käme!»
«Dass ich nicht lache! Guck dich doch an, wie du fett und fetter wirst! Von nix kommt nix.»
Die Susann fasst sich an den Bauch. Der wirkt tatsächlich in letzter Zeit etwas aufgetrieben, sogar morgens vor dem Essen. Jedenfalls im Vergleich zu früher, wobei man hinzufügen muss, dass die Susann bislang eigentlich zu dünn war. Für ihren eigenen Geschmack. Eine Bohnenstange war sie.
«Das hat mit zu viel Essen nichts zu tun», verteidigt sie sich. «Das ist das verstockte Blut, das staut sich im Bauch. Es zieht auch so»
«Ach! Was schwant mir da! Hast dein Gewöhnliches immer noch nicht? Hei-tei-dei, dass wir aber nur mal nicht schwanger sind! Dass da mal nicht der fesche lange Kerl von den Konstablern was hinterlassen hat bei dir!»
Die Susann wird rot. «Ich hab nichts, aber gar nichts zu schaffen oder zu schaffen gehabt mit dem Soldaten. Das hast du ganz allein erfunden! Und ich bin nicht schwanger. Du weißt’s doch selbst am besten, wie mir im Advent von einer Stunde auf die nächste das Blut versiegt ist, wegen dem schlimmen Ärger, als die Frau Bauerin uns beide zum Deibel gewünscht hat.»
Daran kann sich die Christiane sehr wohl noch erinnern, hauptsächlich deshalb, weil die Susann ihr danach tagelang vorgeworfen hatte, sie (die Christiane) wär schuld gewesen an dem Ärger, von wegen sie hätte die Betten machen müssen, was ziemlich lächerlich war, weil es ja schließlich die Betten von der Susann waren. Und selbst wenn es denn stimmte, wenn sie, die Christiane, also tatsächlich gesagt haben sollte, sie würde morgen der Susann ihre Betten übernehmen, dann hätte sich die Susann ja wohl rückversichern müssen am nächsten Tag, dass das noch galt und wirklich ernst gemeint gewesen war und nicht nur so dahingesagt. Jedenfalls hatte die Susann noch mehrfach über die Sache gejammert im Advent, dass ihr jetzt deshalb das Blut verstockt wäre vor lauter Zorn und gelber Galle und sie dauernd ein Ziehen im Rücken hätte und es mit Bluten bestimmt jeden Moment wieder losgehen müsse.
Aber ob sich die Christiane nun daran erinnert, wie es anfing mit dem verstockten Blut oder nicht, das ändert nichts daran, dass die Susann ihr Gewöhnliches offenbar schon länger nicht hat. Und dass sie, wenn sie nackt ist, wirklich ein bisschen angeschwollen aussieht an Bauch und Busen. Vielmehr geht der Christiane jetzt freudig auf, sie, Christiane, habe der Frau Bauerin nun aber wirklich was zu erzählen. Oder der Lieschen Bauerin (geb. Körbelin), die es früher oder später an ihre Schwiegermutter weitertragen wird. Oder noch besser Leuten von außerhalb, nicht aus dem Haus, dass es am Ende nicht so direkt, sondern um ein paar Ecken an die Frau Bauerin weitergetragen wird und die nicht erfährt, dass die Quelle des Gerüchts ursprünglich die Christiane war. Weil das nämlich ganz bestimmt besser so ist aus taktischen Gründen. Wo die Bauerin so einen Narren gefressen hat an der Susann.
Bestens gelaunt verschwindet die Christiane in die Bierstub, wo sie günstigerweise just auf die Marie von gegenüber trifft. Drüben warten sie auf eine Lieferung Bier, die sich verzögert, und der Wirt lässt
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