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Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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alten Lagerhäuser dienen der Untergrundkunstszene.«
    Sie glaubte Archie seufzen zu hören.
    »Diese Stadt sollte wirklich anfangen, Brandschutzregeln durchzusetzen«, sagte er.
    »Wissen Sie, was die meisten Hausbrände verursacht?«, sagte Susan. »Kochen. Deshalb koche ich nicht.«
    »Hier entlang«, sagte Archie, öffnete noch eine Tür und machte erneut Licht.
    Man sah eine breite Holztreppe, die zu einem Betonboden und einer weiteren Tür hinunterführte. Schon wieder ein grusliger Keller. Natürlich. »Wissen Sie, was ich gern hätte?«, sagte Susan. »Mehr Verbrechen in luftigen Räumen über der Erde.«
    Archie stieg die Treppe hinunter. Eine einzige Energiesparlampe am Fuß der Treppe ließ die ganze Szene aussehen, als stamme sie aus einem japanischen Horrorfilm.
    »Wie kommen Sie darauf, dass dieser Jeremy hier sein wird?«, fragte Susan. »Vielleicht hat er an einem früheren Treffen teilgenommen.« Susan hatte plötzlich die Vision einer Gruppe blutrünstiger Kultanhänger, die im Kreis saßen, scheußlichen Kaffee tranken und sich Geschichten aus ihrer Kindheit erzählten. Wie bei den Anonymen Alkoholikern, nur mit mehr Blut und Gegacker. Man konnte das Kindermördertreffen am Morgen besuchen und die Selbsthilfegruppe für Sexualmordfetischisten am Mittag.
    »Ich glaube, so läuft das nicht«, sagte Archie.
    »Sollen wir einen Plan machen?«, fragte Susan. »Wie sieht zum Beispiel unsere Geschichte aus?« Sie konnten nicht einfach ohne Geschichte hineinspazieren. »Sind wir Serienmörderbegeisterte auf der Suche nach dem Treffen des Gretchen-Lowell-Fanclubs? Sind wir ein braves Paar, dem das Benzin ausgegangen ist und das eine Bleibe sucht?« Sie sah Archie an, dann schaute sie an sich selbst hinab. »Schon gut. Niemand würde uns abkaufen, dass wir ein Paar sind.« Sie überlegte, was es noch für Möglichkeiten gab. »Ich hab’s! Wir sind von der Gebäudeaufsicht.«
    Die Tür am Fuß der Treppe ging auf, und ein Mädchen erschien. Susan und Archie blieben wie angewurzelt stehen. Das Neonlicht ließ die Haut des Mädchens hell und unscharf leuchten. Sie trug schwarze Netzstrümpfe, abgeschnittene Jeans, ein schwarzes Tanktop mit einem schwarzen Schnürkorsett im Gothic-Stil darüber und hochhackige, spitze Schnürstiefel, die aussahen, als wären sie aus dem Wrack der Titanic geborgen worden. Zur Abrundung ihres Outfits hatte das Mädchen eine antik aussehende Motorradbrille auf dem Kopf.
    Ausreißerin, dachte Susan. Versteckt sich hier. Wahrscheinlich erschrockener über sie beide als umgekehrt. Die ganze Geschichte mit der Gebäudeaufsicht kam ihr plötzlich reichlich schwach vor. Sie wünschte, sie hätte ihr Klemmbrett dabei.
    Archie war vier Schritte voraus. Susan konnte sein Gesicht nicht sehen. Sag etwas, dachte Susan, aber er sagte nichts. »Hi«, begann Susan. »Meinem Mann und mir ist das Benzin ausgegangen.«
    Das Mädchen sah sie nicht einmal an. Sie sah Archie an. Ihre Wangen röteten sich. Sie begann leicht zu trippeln wie eine Taube, aber vielleicht lag es nur an den Stiefeln. Und dann piepste sie zwei Worte – »Archie Sheridan« –, gefolgt von einem leisen Kreischen. Wie ein Kätzchen, das einen Albtraum hat.
    Susan war Jack White einmal begegnet und hatte etwa genauso reagiert.
    »Das bin ich«, sagte Archie.
    Das Mädchen hatte ein Piercing in jeder Augenbraue, und sie hob die Hand und drehte an einem. »Sie sind gekommen«, sagte sie. »Ich meine, o Mann.«
    Archie trat noch eine Treppenstufe hinunter, er bewegte sich langsam, wie jemand, der sich einem verwundeten Tier nähert. »Ich bin auf der Suche nach Jeremy«, sagte er.
    Das Mädchen nickte, aber Susan war sich nicht sicher, ob als Antwort auf Archies Worte oder weil sie einfach zitterte vor Aufregung.
    »Kennen Sie Jeremy?«, fragte Susan.
    Das Mädchen furchte die Stirn und warf einen besorgten Blick auf Susan. »Ich weiß nicht, ob Sie einen Gast mitbringen dürfen«, sagte sie zu Archie.
    Das Drama ihres Lebens, dachte Susan. Noch nicht mal bei einer Serienmördersekte schaffte sie es auf die Gästeliste.
    Archie machte einen weiteren Schritt auf das Mädchen zu, er strahlte eine nicht bedrohliche Selbstsicherheit aus. »Ich bin überzeugt, das geht in Ordnung«, sagte er.
    Die Wangen des Mädchens wurden noch einen Hauch röter. »Ja, vermutlich«, sagte es, zuckte mit den Achseln, und Susan bemerkte, wie knochig ihre Schultern waren. Wie alt mochte sie sein? Sechzehn? »Hier entlang«, sagte die Kleine. Sie

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