Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gretchen

Titel: Gretchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
Vom Netzwerk:
bedächtig.
    »Dann hat sie Courtenay ebenfalls nicht getötet«, sagte Susan. »Jeremy hat eine Identität zusammenfabriziert und sie dazu benutzt, Hay zu dem Mord anzustiften.« Sie fühlte sich benommen. Es war alles so klar. »Jeremy war der in der Maske.«
    Henry drehte sich langsam zu Leo um. »Wie verrückt ist Ihr Bruder?«, fragte er.
    Leo stand immer noch an dem Hühnerkäfigfenster. »Ziemlich verrückt«, sagte er, ohne den Kopf zu wenden.

_ 46 _
    Susan saß in ihrem Wagen vor dem Joyce Hotel und trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad. Sie musste Jeremy finden, ehe er Archie etwas Schreckliches antat.
    Sie schielte zu ihrer Handtasche auf dem Beifahrersitz. Darin befand sich das Handy, mit dem Gretchen Textnachrichten an Archie geschickt hatte. Sie öffnete die Tasche, damit sie die Telefone sehen konnte, die sie hineingelegt hatte. Das eine, das er von Jack Reynolds bekommen hatte. Und das andere, das er auf irgendeine Weise von Gretchen bekommen hatte. Die Nummer, von der die SMS geschickt worden waren, war im Anruferverzeichnis gespeichert. Was bedeutete, dass Susan in der Lage war, mit Gretchen Kontakt aufzunehmen.
    Sie kramte das Handy aus der Tasche und schaute auf das Display. Vierundzwanzig Anrufe in Abwesenheit und fünfzehn neue SMS.
    »WO BIST DU, LIEBLING?«
    »WO BIST DU, LIEBLING?«
    »WO BIST DU, LIEBLING?«
    Gretchen suchte ebenfalls nach Archie. Und das hieß, sie hatte mit dem Ganzen nichts zu tun. Diese Verrückten hatten fünf Menschen getötet. Sie strich über die Tastatur des Handys. Es war eine bescheuerte Idee.
    Aber Archie hatte sie auch angerufen. Sie konnte es im Verzeichnis sehen. Sie kommunizierten bereits.
    Susan wusste nicht genau, welcher Art Archies Beziehung zu Gretchen war – nicht in ihrem ganzen Ausmaß jedenfalls. Gretchen war eine Psychopathin. Sie war eine Mörderin. Und durch und durch schlecht. Aber sie hatte Archies Leben gerettet. Zweimal.
    Vielleicht würde sie es wieder tun.
    Susan tippte eine SMS ein.
    »ARCHIE IST IN SCHWIERIGKEITEN.«
    Sie drückte auf Senden.
    Susan schaute auf das Handy, während sich das Stundenglas drehte und dann mit einem Piepser verschwand. Sie hatte das bohrende Gefühl, dass sie gerade genau das getan hatte, was Gretchen wollte.
    Auf der anderen Straßenseite sah sie Leo Reynolds in einen silbernen Volvo steigen. Sie packte ihre Handtasche, lief zu seinem Wagen hinüber und klopfte ans Fenster.
    Er blickte überrascht auf und ließ das Fenster hinunter.
    »Sie fahren nicht nach Hause, oder?«, sagte sie.
    »Er ist mein Bruder«, sagte Leo. »Ich bin für ihn verantwortlich.«
    »Ich möchte mit Ihnen kommen«, sagte Susan. Henry und Claire hatten die Kriminaltechniker geholt, damit sie Jeremys Zimmer in Augenschein nahmen. Susan war auf sich allein gestellt. Aber sie wusste nicht, wo sie anfangen sollte.
    Leo zögerte.
    »Archie ist mein Freund«, sagte Susan. »Er hat mir das Leben gerettet. Damit bin ich für ihn verantwortlich.«
    Susan sah, wie er sie abschätzte, sein Gesicht leuchtete blau im Schein der Armaturen. »Okay«, sagte er. Er drückte auf einen Knopf, und die Wagentüren wurden entriegelt. Sie lief auf die Beifahrerseite und stieg ein.
    »Wohin fahren wir?«, fragte sie.
    »Es ist Zeit, sich auf die Freundlichkeit niedrigerer Elemente zu stützen«, sagte Leo.
    Susan sah ihn verständnislos an.
    Er zuckte mit den Achseln. »Ich habe Freunde in der Unterwelt.«
    Darauf wette ich, dachte Susan.

_ 47 _
    »Es nennt sich die ›Superman-Stellung‹«, erklärte Jeremy. »Es ist die am wenigsten schmerzvolle. Und ich fand sie passend. Archie Sheridan. Der Superheld unter den Polizisten.«
    Wenn das die am wenigsten schmerzvolle war, dann war Archie froh, wenn ihm keine Alternativen vorgestellt wurden. Sein Kopf brachte ihn um, wahrscheinlich wegen der Elektroschocks. Aber seine Muskeln, die ebenfalls unter den massiven Stromstößen ächzten, hatten sich wenigstens ein bisschen entspannt. Er konnte den Kopf nicht so weit heben, dass er viel in dem Raum gesehen hätte, deshalb hing er einfach da und schaute auf den Boden. Und er bemühte sich, Jeremy weiterreden zu lassen.
    »Es gibt Namen für alle Hängemethoden«, fuhr Jeremy fort. »Man kann flach mit dem Gesicht nach oben hängen, die Haken in Brust und Beinen. Das nennt sich ›Koma‹. Von dem Film, die Szene, wo sie die ganzen Leute finden, die von der Decke hängen. Oder man kann sich an den Schulterblättern aufhängen, sodass man aufrecht hängt – das

Weitere Kostenlose Bücher