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Greywalker

Greywalker

Titel: Greywalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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mich wohl erwarten würde. Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, dass Cameron seiner Mutter so schnell die Wahrheit sagen würde. Wie mochte Colleen Shadley wohl reagieren, wenn ich dort eintraf? Ich vermutete, dass sie mich sehen wollte, um mich auf der Stelle zu feuern, oder damit ich ihr angenehmere Antworten gab als ihr Sohn. Ich nahm zwar nicht an, dass meine ihr lieber sein würden, aber da ich meinen Auftrag erfüllt hatte, konnte sie mir nichts mehr anhaben.
    Sie konnte sich natürlich weigern, zu bezahlen, und das wäre unangenehm. Ich hatte schon lange keinen Klienten mehr gehabt, der seine Rechnung nicht beglichen hatte. Colleen würde wahrscheinlich sofort ihre Anwälte einschalten und das Ganze vor Gericht bringen. Das wäre ihr Stil, da war ich mir sicher. Nan Grover müsste sich dann zwischen ihrer Freundin und mir entscheiden. Egal, wie es laufen würde – mir graute schon jetzt davor.
    Das Haus der Shadleys lag in einem jener noblen Vororte, wo die Gärten ungefähr ein bis zwei Morgen Land umfassten und ein Gebäude von gleicher Größe umgaben. Mein Weg führte durch gewundene Straßen und einen kleinen Hügel hinauf, bevor das weitläufige Haus aus Stein, das wie ein scheues Kind hinter einer Reihe Zypressen abseits der Straße stand, in mein Blickfeld rückte. Camerons grüner Camaro stand schon in der Auffahrt.
    Sobald ich genauer hinsah, schien die Luft um das Haus zu flackern, und die altbekannte Übelkeit durchfuhr mich wie ein Messer. Ich musterte den dünnen Vorhang zwischen dem Hier und Dort von der Seite und hielt dabei Ausschau nach dunkleren Sphären. Da nahm ich eine Form wahr …
    »Hi«, sagte er, und ich fuhr zusammen; er hatte mich überrumpelt. Cameron wartete im Schatten des Eingangs, der mit bewachsenen Spalieren geschmückt war. »Ich wollte ohne dich nicht reingehen.«
    »Hast du Angst, dass dich deine Mutter fressen könnte?«
    »Irgendwie schon. Ich habe sie noch nie so wütend erlebt. Sie brüllt zwar ab und zu Sarah an – aber noch nie so! Sie ist außer sich!«
    »Das ist mir auch schon aufgefallen.« Ich holte ein paar Mal tief Luft, um mich für den nächsten Schritt zu wappnen. »Also – dann auf in die Höhle der Löwin.« Ich klingelte. Das Außenlicht schaltete sich ein und die Tür wurde aufgerissen.
    Colleen funkelte uns beide finster an und winkte uns hinein. Cameron, der Angsthase, ließ mir den Vortritt. Seine Mutter führte uns in ein steril wirkendes, offiziell anmutendes Zimmer. Ich warf dem jungen Vampir einen raschen Blick zu, und er schnitt eine Grimasse. Wir befanden uns wohl in der kinderfreien Zone seiner Jugendjahre, die nur zu besonderen Anlässen oder unter spezieller Aufsicht der Eltern betreten wurde.
    Colleen setzte sich auf ein cremefarbenes Sofa und deutete auf unbequem wirkende Stühle mit schmalen Rücken- und ohne Armlehnen. Ich nahm stattdessen auf einer Chaiselongue Platz, die ihr direkt gegenüber stand. Cameron zögerte einen Moment und setzte sich dann neben mich.
    Colleens Blick wurde zwar grimmiger, doch sie ging nicht darauf ein. »Ich will eine Erklärung von euch beiden. Und zwar sofort.«
    Cameron wollte schon anfangen. »Mo …«
    Ich schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab und er verstummte. Ich sah Colleen ausdruckslos an. »Eine Erklärung wofür, Colleen?«
    »Für Camerons Anruf von heute Abend. Ich will wissen, was hier wirklich vor sich geht. Und zwar auf der Stelle, wenn ich bitten darf.«
    »Ich finde, wir sollten erst einmal ein paar Sachen klären«, entgegnete ich, lehnte mich gelassen zurück und schlug die Beine übereinander. »Sie haben mich beauftragt, Ihren Sohn ausfindig zu machen. Diese Aufgabe habe ich erfüllt, es sei denn, Sie wollen behaupten, dass es sich bei diesem jungen Mann nicht um Ihren Sohn handelt. Also -ist das Ihr Sohn?«
    »Selbstverständlich ist das mein Sohn«, antwortete sie. »Aber –«
    »Dann stimmen Sie mir also zu, dass ich meine vertraglichen Verpflichtungen Ihnen gegenüber erfüllt habe?«
    Sie versuchte, einer klaren Antwort auszuweichen. »Bis zu einem gewissen Grad schon.«
    »Wir hatten nichts anderes miteinander vereinbart, Colleen, als dass ich Ihren Sohn finden sollte. Als Mutter haben Sie sich verständlicherweise Sorgen gemacht. Als Verwalterin des Treuhandfonds war es Ihre Verantwortung, den Treunehmer ausfindig zu machen. Und hier ist er wieder - Sohn und Treunehmer, gesund und wohlbehalten. Ich bin gerne bereit, den Fall noch mit Ihnen zu besprechen, so lange

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