Griffin, Forrest u. Krauss, Erich
verdienen. Hat man sich erst mal einen Namen gemacht und bei einer der größeren Shows mitgemischt, wird der Verdienst zwar etwas besser, aber es kommen auch Verpflichtungen wie Autogrammstunden oder Fotoshootings für den Sponsor dazu, und man muss für die Kämpfe im ganzen Land herumreisen. Ganz zu schweigen vom zunehmenden Druck – zwei Niederlagen hintereinander, und schon steckt man wieder in irgendeiner Unterliga.
Zu viel Stress kann eine ganze Reihe von katastrophalen Nebenwirkungen auslösen. Zu den unangenehmsten zählen Gewichtszunahme, Immunschwäche, verringerte Schmerztoleranz, Verstopfung, Ausschlag, Blähungen und gravierende Hodenschrumpfung. Sieht euer Job keinerlei Kontakt mit Menschen vor, sind diese Nebenwirkungen womöglich zu verschmerzen. Aber wenn ihr für Geld in den Ring steigt, ist es denkbar ungünstig, ein fetter, kränklicher Jammerlappen zu sein, der die Hosen voll hat, sich ständig kratzen muss und seine Trainingspartner beim Ringen anfurzt. Wer dann auch noch einen kleinen Willi hat, kann sich gleich die Kugel geben, möglichst mehrfach.
Wenn ihr den Stress an euch heranlasst, könnt ihr nicht richtig trainieren, und wenn das Training schon schlecht läuft, kriegt ihr beim nächsten Kampf erst recht die Hucke voll. Eine Niederlage wiederum erhöht den Druck, und schon bald findet ihr euch als Kirmesboxer in einem Indianerreservat im hintersten Kalifornien wieder. Um dieser Negativspirale zu entrinnen, nutze ich eine Art mentaler Abschottungstechnik. Wenn ich beispielsweise kurz vor dem Training noch mit allerhand unerledigtem Kram beschäftigt bin, schreibe ich alles in einen Planer, den ich auf meinem Büroschreibtisch liegen lasse (der eigentlich mein Esstisch ist). Da ich es aufgeschrieben habe, weiß ich, dass es immer noch da sein wird, wenn ich wiederkomme, und so kann ich alles Notierte im Geiste beiseitelegen. Wenn ihr eure To-do-Liste im Kopf führt, lauft ihr nicht nur Gefahr, wichtige Sachen zu vergessen, sondern schleppt die Liste zudem immer mit euch herum, auch beim Training – und vorbei ist es mit der Fähigkeit, sich auf anstehende Aufgaben zu konzentrieren.
Abschottungstechniken setze ich auch ein, um mit der richtigen Einstellung ans Kämpfen, Trainieren und an den Umgang mit Menschen heranzugehen. Sobald ich das Studio betrete, lasse ich den lustigen, netten Forrest draußen und verwandele mich in einen Unsympathen. Wenn dann jemand mit mir über etwas anderes als über das anstehende Training reden will, zeige ich ihm die kalte Schulter. Egal, ob es ein Fan ist, der ein Autogramm möchte, oder mein engster Freund. Wer aufdringlich wird, bekommt die sehr bestimmte Antwort: »Tut mir leid, ich kann jetzt nicht, ich bin nämlich bei der Arbeit. Wir können gerne später reden.« Ich persönlich finde das nicht unhöflich. Wenn ich jemanden bei der Arbeit stören würde, bekäme ich wahrscheinlich die gleiche Antwort. Man könnte einwenden, dass ich als Quasiprominenter auf die Unterstützung meiner Fans angewiesen bin und deshalb andere Bedingungen gelten. Dieser Einwand hat eine gewisse Berechtigung. Wenn mich jemand auf der Straße anspricht, bleibe ich fast immer stehen, um ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Ich nehme mir sogar Zeit für eine kleine Plauderei, wenn ich mit Dingen beschäftigt bin, die den meisten Leuten wichtig sind, zum Beispiel … sagen wir mal … mit dem Kauf eines Eherings. Wenn ich nicht gerade trainiere, bin ich der umgänglichste Mensch der Welt. Es ist zugegebenermaßen ein krasser Gegensatz, im einen Moment der intensiv konzentrierte Kämpfer zu sein und im nächsten zwanglos Konversation zu betreiben. Ich bewerkstellige dies mit einer Technik namens Verbaljudo. Meine Vorgesetzten bei der Polizei in Georgia haben mir diese Technik beigebracht – für den Fall, dass irgendwelche Idioten während des Protokollschreibens nervtötende Fragen stellen wie: »Ist die Pistole echt?« Verbaljudo besteht im Prinzip darin, dass man ein Wort laut oder nur in Gedanken ausspricht, mit dessen Hilfe man schnell zwischen unterschiedlichen Situationen umschalten kann, ohne dass einem der Kragen platzt. (Es sollte ein friedvolles Wort oder Geräusch sein, zum Beispiel »Wuuuuusaaaaa«. Auf keinen Fall darf es etwas Aggressives sein wie: »Ich hack dir gleich dein Auge aus!«) Ich bemühe mich jedenfalls, in der Öffentlichkeit umgänglich zu sein, aber beim Training blende ich die Außenwelt möglichst aus. Wenn ihr im Kampfsport Erfolg haben
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