Griffin, Forrest u. Krauss, Erich
krass werden zu lassen.
Gleichzeitig solltet ihr es nicht so weit treiben, dass ihr gar nichts mehr fühlt. Erhaltet euch die Aufregung, aber gewöhnt euch so gut an die Umgebung, dass ihr den Durchblick bewahrt. Das alles ergibt sich, wenn ihr eure Hausaufgaben macht und eine Strategie entwickelt, auf die ihr euch verlassen könnt. Die Balance herstellen zwischen dem Gewöhnlichen und dem Außergewöhnlichen, das ist etwas, was Musiker ständig tun. Sie müssen ein Lied so lange üben, bis sie es instinktiv spielen können, aber sie dürfen es auch nicht so oft wiederholen, dass es bei der Aufführung schal wird. (Anmerkung für meinen Exmitbewohner – ja, du bist gemeint: Du Arschloch hast mich dazu gebracht, A-ha zu hassen. Ich mochte die Band echt gerne, bis du ihr verfluchtes »Take on me« bis zum Erbrechen abgenudelt hast.) Glaubt mir, es ist so wichtig, sich diese erwartungsvolle Aufregung zu erhalten – dieser Gefühlsrausch hält nicht ewig an, und wenn er verflogen ist, würdet ihr sicherlich alles dafür geben, ihn wiederzukriegen.
Plan B
Ich finde es wichtig, einen Alternativplan zu haben, im Kampfsport wie im Leben. Sogar ein Plan C, D und E können sehr nützlich sein. Über diese Alternativen braucht ihr nicht ständig nachzudenken, denn das würde euch nur von Plan A ablenken, aber ihr solltet sie in einem Winkel eures Bewusstseins parat haben für den Fall, dass es mit euch bergab geht. Schließlich findet man oft nicht gleich beim ersten Mal die richtige Strategie. Deshalb liebe ich Jiu-Jitsu so sehr; bei der Vielfalt an Moves und Locks lassen sich prima Zweit- und sogar Drittstrategien entwickeln. Man beginnt eine Kimura-Submission (bei der ein Arm des Gegners auf den Rücken gedreht wird) – wenn das nicht klappt, versucht man auf der anderen Seite einen Armhebel (z. B. indem man ein Gelenk erzeugt, wo gar keines ist, und den Arm in die andere Richtung schiebt). Funktioniert auch der Armhebel nicht, kann man einen Guillotine-Choke (muss ich den erklären?) ausprobieren oder wieder zur Kimura zurückkehren. So probiert man eine Technik nach der anderen, ist nie ohne Plan und Ziel und findet schließlich irgendeine Strategie, die funktioniert.
An dieser Stelle erzähle ich euch eine persönliche Anekdote, aus der ihr eine Lehre fürs Leben ziehen könnt. (Ihr habt das Buch gekauft, da wollt ihr doch auch was über mich wissen – außer meiner Tiefschutzgröße, ihr Perversen). Ich hatte fest vor, MMA-Profi zu werden. Ich habe mir ein paar Jahre lang einen Wolf trainiert und bei so vielen Wettkämpfen wie möglich mitgemacht, aber ich steckte bei kleineren Promotern fest, woraus sich – Überraschung – ein erheblicher Geldmangel ergab. Manchmal hatte ich nicht mal genug, um etwas zu essen zu kaufen. Es ging mir dreckig, und ich hätte wahrscheinlich etwas anderes angefangen, wenn ich nicht das Buch Die Arbeit des Schauspielers an sich selbst von Konstantin Stanislawski gelesen hätte. Dieses Buch, ach was: diese Bibel (manche Ratgeber verdienen das Attribut »biblisch« – noch eine Ausnahme von meiner Anti-Ratgeber-Haltung) erklärt zwar, wie man ein guter Schauspieler wird, aber der Autor bringt auch eine echt coole Geschichte über eine Bande von Piraten, die vor Seeschlachten immer die Rettungsboote versenkt haben, sodass ihnen die Fluchtmöglichkeit genommen war. Das schien eine ziemlich kluge Taktik gewesen zu sein, denn jeder einzelne Pirat kämpfte um sein Leben. Schließlich hatten sie keine andere Wahl. Entweder sie zerstörten das feindliche Schiff, oder sie gingen bei dem Versuch drauf.
In Stanislawskis Erzählung klang das nach einer supereffektiven Kampfstrategie, die auch auf mein Leben anwendbar sein musste, und genau das tat ich auch. Ich nahm mir vor, das Kämpfen niemals aufzugeben, egal, wie dreckig es mir dabei ging. Im Training tat ich alles in meiner Macht Stehende, um in diesem Sport zu glänzen. Aber 2004 erlitt ich eine ziemlich schwere Verletzung, als ich es bei den Heat Fighting Championships 2 in Brasilien mit Edson Pardue aufnahm. Gleich zu Beginn des Kampfes kam er mit einem Legkick, und ich blockte den Tritt mit meinem linken Arm ab. Sofort schoss der Schmerz durch meinen Arm, doch über Edsons darauffolgende Gesichtstreffer vergaß ich ihn wieder. Ein paar Minuten später schlug ich ihn mit einer harten Rechten k. o. Der Schmerz in meinem Arm setzte erst nach dem Kampf wieder ein. Adrenalin, Urin und Essig können Schmerzen zwar in der Hitze des Gefechts
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