Griffin, Forrest u. Krauss, Erich
wo die Mädels Pferdeschwänze trugen und in karierten Komm-und-nimm-mich-Röckchen herumstolzierten, aber ich hatte zu wenig Selbstsicherheit und Artikuliertheit (keine Ahnung, ob es das Wort gibt), um mit ihnen zu sprechen. Im Abschlussjahr war ich es endlich satt, ein linkischer, gehemmter Junge zu sein. Hätte ich den Weg der Ratgeberliteratur eingeschlagen, wäre ich wahrscheinlich heute noch ein hoffnungsloser Fall, aber stattdessen begann ich, Selbstvertrauen vorzutäuschen. Überraschenderweise funktionierte es. Je mehr ich vorgab, cool zu sein, desto selbstsicherer wurde ich. Es war ein bisschen wie das Spiel, das Jungs in der Disco spielen – wo man versucht, zehn Telefonnummern zu ergattern. Auch wenn man von den zehn angesprochenen Frauen zehn Abfuhren bekommt, fällt einem das Ganze doch immer leichter. Als ich ein paar Jahre später aufs College kam, waren alle anderen irgendwie verklemmt, nur ich nicht, und ab da war ich recht erfolgreich bei den Frauen. Es war, als hätte ich das nur durch eigene Willenskraft erreicht. Und die Moral von der Geschichte: Tut einfach so, als ob.
Euer Selbstvertrauen ist gleich NULL, wenn …
… ihr die Party nach dem Kampf in der Notaufnahme plant. (Das habe ich zwar noch nie gemacht, aber ich habe schon einmal im Krankenhaus gefeiert, nämlich nach dem Kampf gegen Stephan Bonnar. Stephans Freundin brachte was von McDonald’s mit, und Rory ging Bier kaufen. Als sie hereinkamen, saßen Stephan und ich schon beisammen. Es war echt lustig.)
… ihr vor einem Kampf nicht pinkeln geht, weil euch der Anblick eures kleinen Pimmels entmutigen könnte.
… ihr in eurer Ecke nervös herumzappelt, zwanghaft kichert und euch dabei die Hand vor den Mund haltet wie ein Mädchen.
… euch bei der Ankündigung der Kontrahenten die Tränen in die Augen schießen.
Das Außergewöhnliche alltäglich machen
(In den Flow kommen)
Jemand viel Klügeres als ich hat einmal gesagt, dass man das Außergewöhnliche zum Alltäglichen machen solle. Keine Ahnung, wer das war, denn ich bin offenbar schon mit dem Boxersyndrom zur Welt gekommen – es ist aber eine großartige Idee. Kämpfen fällt vermutlich in die Kategorie des Außergewöhnlichen, da es gewisse Prozesse im Gehirn auslöst und die Ausschüttung bestimmter Substanzen im Körper verursacht. Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, welche Substanzen – Adrenalin, Östrogen, Tyrosur, wer weiß? Aber eines weiß ich ganz sicher: Wenn man im Scheinwerferlicht den Gang runterläuft und dann in den Käfig steigt, um vor Tausenden von Fans und Dutzenden von Kameras zu kämpfen, ist das verdammt noch mal außergewöhnlich.
Für Typen wie Michael Jordan oder Anderson Silva, die es irgendwie geschafft haben, in ihrer jeweiligen Sportart allen unbestritten überlegen zu sein, ist das ein Spaziergang – ein Sieg unter vielen. Für sie ist das Verlieren außergewöhnlich, es kam ja bei beiden eher selten vor. Aber wir Normalsterbliche werden schon mal nervös, und diese Nervosität hat für uns eher negative Folgen. Das Herz beginnt wie wild zu schlagen, man bekommt keine Luft, und die Eier jucken. Nicht zu vergessen die ganzen Substanzen – mit so viel Kerosin und Astronautin in den Adern wird man ganz kirre. Zwar sind die Jordans und Silvas (die Anderson Silvas – nicht zu verwechseln mit jedem zweiten Brasilianer) dieser Welt seltene Ausnahmeerscheinungen, was ihr sportliches Talent angeht, aber es ist sicher lohnenswert, sich ihre Einstellung zum Wettkampf zum Vorbild zu nehmen. Versucht, außergewöhnliche Momente so alltäglich wie möglich erscheinen zu lassen, und fangt dabei mit den einfachen Dingen an: Legt beispielsweise fest, welches Aufwärmtraining ihr am Kampftag machen wollt, und führt in der Vorbereitung dann jeden Tag genau dieses Warm-up aus. Zwar werden beim Wettkampf die Umgebung und die Anwesenden andere sein, aber wenigstens das Aufwärmtraining ist euch vertraut. Auf diese Weise kommt euch der bevorstehende Kampf ein bisschen mehr wie ein Training vor und nicht wie ein Wendepunkt in eurem Leben. Als ich bei The Ultimate Fighter Coach war, habe ich bei meinen Jungs eine ähnliche Taktik angewendet. Wenn einer von ihnen am kommenden Tag einen Kampf hatte, legte ich seine Einzugsmusik ein und ließ ihn zum Käfig gehen, sein T-Shirt ausziehen und drei Runden Schattenboxen machen. Dabei ging es nicht um seine Technik, sondern darum, ihn mit der ganzen Prozedur vertraut zu machen und den nächsten Tag für ihn weniger
Weitere Kostenlose Bücher