Griffin, Forrest u. Krauss, Erich
betäuben, doch das hält nicht lange an.
Also suchte ich eine brasilianische Notaufnahme auf, was sich als einzigartige Erfahrung erweisen sollte. Erst einmal saßen dort alle auf dem Boden. Es waren mehrere Sitzplätze frei, und ich dachte sofort: SIND DIE DOOF! Schnell wollte ich mich hinsetzen, bevor mir jemand den Platz wegschnappen konnte, doch gerade noch rechtzeitig sah ich, warum der Platz frei war – er war voller Kotze. Der Promoter des Kampfes ging leicht frustriert zum Tresen und bestach die Rezeptionistin, damit ich schneller drankäme. Dann wurde ich ins Behandlungszimmer geführt und kurz darauf einer indischen Dame vorgestellt, die britisches Englisch sprach. Sie kam mir recht intelligent vor, und ich war erleichtert, mich in guten Händen zu wissen. Sie machte ein paar Röntgenaufnahmen, bestätigte, dass der Arm gebrochen war, und rief jemanden zum Fixieren. Der Typ, der dann zur Tür reinkam, wirkte leider nicht halb so intelligent wie die Ärztin. Es war ein großer, stämmiger Kerl im Overall, der hauptberuflich Maurer zu sein schien. Ich schaute mich nach der klugen indischen Ärztin um, aber sie war nirgends zu sehen. Ich war ziemlich beunruhigt, hatte aber keine andere Wahl, als meinen Arm dem Typen zu überlassen. Als er fertig war, hatte ich einen gewaltigen Gips, der aussah, als hätte sich ein zweijähriges Kind mit Pappmaschee ausgetobt.
Zurück in Amerika, ging ich zum Arzt und erfuhr, dass es sich um einen komplizierten Bruch handelte und man mir operativ eine Stahlplatte einsetzen müsse. Aufgrund meines Berufes hatte ich weder Krankenversicherung noch Erspartes (ich verdiente oft fünfstellige Summen – mit einem Komma nach der dritten Ziffer), sodass die empfohlene OP nicht infrage kam. Und nun machte mein gebrochener Arm nicht nur das Kämpfen unmöglich, sondern kostete mich auch noch meinen Job als Türsteher.
Es lag bestimmt nicht an Motivationsschwäche, dass ich an dieser Stelle »Jetzt reicht’s« sagte. Wenn man so tief herabsinkt, dass man hungern muss – und damit meine ich nicht: in einer engen Einzimmerbude wohnen und jeden Abend eine Dose Linsensuppe essen, sondern: Frühstück und Mittagessen auslassen, um sich die abendliche Linsensuppe überhaupt leisten zu können –, muss man einen Plan B in petto haben, und für mich hieß das: Polizist werden. Mein Plan C aber war, wieder mit dem Kämpfen anzufangen. (Weiter kam ich damals nicht im Alphabet, also gab es keinen Plan D – heute komme ich fast bis zum Z, ganz ohne das ABC aufzusagen.) Diesen Traum hielt ich in meinem Innern am Leben, und als ich von der ersten Ultimate-Fighter -Staffel hörte, schickte ich eine Bewerbung hin. Den Rest habt ihr ja mitbekommen … oder auch nicht.
Hätte ich wirklich meine Rettungsboote versenkt und mit gebrochenem Arm weiter Kampfsport gemacht – wer weiß, wo ich heute wäre. Möglicherweise würde ich immer noch bei kleineren Veranstaltern feststecken und wäre frustriert, weil ich meinen großen Traum nicht verwirklicht hätte. Wer weiß? Trotzdem sollte ein Plan B keine Entschuldigung fürs Aufgeben sein. Darin besteht die Gefahr von Alternativplänen – dass man zu schnell auf sie zurückgreift. Seid ehrlich zu euch selbst: Gebt ihr euren Traum auf, weil ihr tatsächlich am Ende seid (und ausseht wie Christian Bale in Der Maschinist ), oder lasst ihr ihn sausen, weil er zu anstrengend geworden ist (weil der Chef so mit euch geschimpft hat, dass ihr weinen musstet)? Diese Frage müsst ihr für euch beantworten, und wenn ihr nicht in der Lage seid, sie ehrlich zu beantworten, könnt ihr auch gleich die Rettungsboote versenken (oder so viele Pläne machen, dass das ganze Alphabet nicht reicht und ihr die Buchstaben doppelt verwenden müsst), denn ihr werdet wahrscheinlich immer aufgeben, bevor ihr überhaupt eine Chance auf Erfolg habt. Mein Rat: Betrachtet Plan B nicht als Kapitulation – sondern als Modifikation von Plan A.
Lieben, was man tut
(und mit wem man es tut)
Immer wieder werde ich gefragt, warum ich kämpfe. Meine Antwort ist ganz einfach: Für mich ist MMA die ultimative Form des Wettkampfs. Wenn ihr Eishockey- oder Fußballfans seid, werdet ihr mir vielleicht widersprechen. Beide Sportarten sind ebenfalls kämpferisch und bisweilen gewalttätig. Aber was machen Spieler dieser Sportarten, wenn sie eine Auseinandersetzung nicht im Spielverlauf klären können? Sie fordern den anderen weder zu einem Wettrennen noch zum Torwandschießen heraus. Nein, sie
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