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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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fuhr die Königin fort. »Nahyd, Sohn des Balor, Totensänger und — mein Höchster Krieger!«
    Die Musik setzte zu einem Triumphzug an, die Feen erhoben sich ehrfürchtig, und durch den Gang schritt Nahyd, den Kopf leicht geneigt und den Mund zu einem grausamen Lächeln verzogen. Er fixierte Mia und Jakob mit seinem Blick und gab sich keine Mühe, seine Überraschung zu verbergen. Mit seltsamer Faszination schaute er zwischen ihnen hin und her. Er begrüßte die Königin formvollendet, die sich anschließend auf ihrem Thron niederließ.
    »Ich danke euch allen«, sagte Nahyd und bedeutete den Feen, wieder Platz zu nehmen. »Lange ist es her, dass ich auf Festlichkeiten dieser Art als Gast geladen war, noch dazu in dieser Welt, und ich bin froh und dankbar, in dieser Nacht bei euch zu sein. Ich hatte schon immer eine Schwäche für drei Dinge: betörende Musik, hervorragende Gesellschaft und ...«, er warf einen Blick auf Mia und Jakob, »gutes Essen.« Leises Lachen erklang aus den Reihen. Mia schauderte, als sie die kalten Blicke der Feen auf ihrer Haut fühlte, die sie betrachteten wie ein wertloses Stück Fleisch. »Hier ist alles in ausgezeichneter Qualität zu finden«, fuhr Nahyd fort. »Und ich muss es wissen. Erinnert euch an die Gelage von Babylon, die Zechen Konstantinopels oder die Feste in den Tundren der östlichen Welt. Immer gingen derartige Feiern Schlachten voraus, Kriegen, die die Welt veränderten, und immer hatten die Totensänger erheblichen Anteil an Sieg oder Niederlage der Anderwelt. Ist es nicht so?«
    Mia sah die Feen nicken, doch zum ersten Mal erkannte sie neben der Achtung und Demut noch etwas anderes in ihren Blicken — etwas wie Furcht. Doch Nahyd schien sich nicht daran zu stören. Gerade breitete er die Arme aus, um mit seiner Rede fortzufahren, als eine Gestalt im Rahmen des gesprungenen Tores erschien, umringt von sieben Feen. Sämtliche Köpfe fuhren herum, und Mia stieß einen Schrei aus, als sie Theryon erkannte. Mit mehreren Bannzaubern gefesselt, hing er hilflos in den Armen der Feen, die ihn mitleidslos hinauf aufs Podest zogen. Die Schneekönigin erhob sich, ein Flackern ging durch ihre Augen, als sie Nahyd mit einer Geste beiseiteschob und auf Theryon zutrat.
    Schweigend hob sie sein Kinn und schaute ihm in die Augen. Mia hielt vor Verblüffung den Atem an. Theryons Gesicht lag unter seiner Maske verborgen, und auf den ersten Blick gab es kaum einen Unterschied zwischen ihm und der Königin. Doch dann flammte es in seinen Augen auf, das Eis schmolz von seinen Zügen, und darunter lag ein Lächeln, das nichts war als Hohn und Verachtung. Die Königin erwiderte seinen Blick regungslos. Dann nickte sie, als hätte sie gerade eine Antwort auf eine vor unendlich langer Zeit gestellte Frage bekommen.
    »Bindet ihn neben seinesgleichen«, sagte sie kalt. »Er soll sehen, was geschehen wird.«
    Während Theryon neben Jakob an den Pfahl gefesselt wurde, trat Nahyd erneut an den Rand des Podestes. »Ich bin einer der Letzten meiner Art«, fuhr er fort, als hätte die Unterbrechung gar nicht stattgefunden. »Und ich bin gern bereit, euch in dieser Schlacht anzuführen. Ihr schärft eure Waffen, ehe ihr in den Krieg zieht — ich öle meine Stimme mit dem Blut derer, die ich töten werde mit meinem Gesang. Für gewöhnlich vollziehe ich dieses Ritual allein, doch heute sollt ihr meine Zeugen sein: als Zeichen einer neuen Ära dieser Welt!«
    Der Applaus war verhalten, als Nahyd auf Mia zutrat. Er faltete die Hände auf eine insektenhafte Art, die Mia an die Fangbeine einer Gottesanbeterin denken ließ, und lachte heiter wie ein ausgelassenes Kind. Dann schob er den Kopf vor, blitzschnell und witternd, und sog dicht neben ihrem Hals die Luft ein. »Gut«, raunte er mit widerlich sanfter Stimme. »Dein Blut ist noch süßer als das deines Bruders. Ein Jammer, dass nicht du es warst, die ich in der Welt der Feen gefunden habe. Ich bin sicher, wir hätten eine Menge Spaß miteinander gehabt.« Er streckte die Hand aus, um Mias Wange zu berühren, doch da stieß Jakob einen Laut aus, der ihn innehalten ließ. Mia sah zu ihrem Bruder hinüber. Er starrte Nahyd an wie ein wildes Tier.
    Nahyd stand regungslos, doch nur für einen Augenblick. Gleich darauf riss er das Maul auf. Entsetzt sah Mia, wie sich mehrere Reihen spitzer Zähne aus seinem Kiefer schoben und eine lange, grüne Zunge mit schnalzendem Geräusch aus seinem Rachen schoss. Blitzschnell wickelte sie sich um Jakobs Hals und

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