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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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etwas zu erwidern, als Carven den Kopf schüttelte.
    »Du kannst nichts sagen«, murmelte der Junge tonlos. »Wenn ich nicht so dumm gewesen wäre, würde Master Hortensius noch leben.«
    Da hob Grim den Kopf. Er konnte sie nicht mehr ertragen, diese düstere Resignation in Carvens Stimme, seine Trauer und Verzweiflung, an der er selbst so großen Anteil hatte. Er holte tief Luft, auf einmal war er atemlos. »Nein«, sagte er entschlossen. »Wenn
ich
nicht so dumm gewesen wäre.«
    Carven sah ihn so überrascht an, dass er lächeln musste.
    »Ich bin nicht der Held, für den du mich hältst«, sagte Grim leise. »Ich habe an dir gezweifelt, vom ersten Augenblick an, da ich wusste, dass du der Krieger des Lichts bist. Und ich hatte viele Gründe dafür. Menschen sind schwach, das habe ich in meinem langen Leben gelernt. Sie stehen zwischen Licht und Dunkelheit, und nur allzu oft entscheiden sie sich für die Schatten. Aber erinnerst du dich daran, was dein Meister sagte, als er für dich bürgte?«
    Der Junge senkte den Blick.
»Eines Tages wird Carven seine Stärke beweisen«,
erwiderte er, ohne aufzusehen.
»Und dann werdet Ihr feststellen, dass Blindheit Euch geschlagen hat und dass in Wahrheit Ihr schwach wart.«
    Grim nickte unmerklich. »Dein Meister hatte ganz recht. Ich bin tatsächlich schwach gewesen, denn es ist leichter, sich von seinen Zweifeln mitreißen zu lassen, als seine Hoffnung gegen sie zu verteidigen. Als ich mich auf die Suche nach dem Krieger des Lichts begeben habe, erwartete ich einen Helden, und dann, als ich erfuhr, dass du derjenige bist, den ich gesucht habe, konnte ich es nicht fassen: Du, ein schwaches Kind, sollst die Königin der Feen bezwingen? Das erschien mir völlig absurd, denn ich habe deine wahre Stärke nicht erkannt. Doch dann habe ich gesehen, wie du auf dem Schiff der Königin gekämpft hast. Du hast es nicht für dich getan, nicht für die Helden in irgendwelchen Büchern, noch nicht einmal für deinen Meister. Du hast es getan, weil es gar keine andere Wahl gab: Weil du dich für das Licht entschieden hast. Du bist ein Mensch mit allen Schwächen, die deinem Volk innewohnen — und mit seiner größten Stärke: Menschlichkeit. Sie bedeutet, die Wahl zu haben zwischen Licht und Schatten und sich für das Licht zu entscheiden. Du besitzt eine Kraft, die ich beinahe verloren hätte, eine Stärke, die mich einst durch die Hölle geführt hat, im wahrsten Sinn des Wortes. Du bist der Held, den wir brauchen, ein Held, der ungeachtet aller Dunkelheit für das Licht in die Schlacht zieht.«
    Er hielt inne und deutete auf das Amulett um Carvens Hals. »Hortensius hat an dich geglaubt. Er hat sein Leben für dich gegeben, weil er dir vertraut hat. Die Schneekönigin hatte recht, als sie sagte, dass keiner deiner Gefährten an dich glaubte — jedenfalls in Bezug auf mich. Aber nicht nur Menschen können sich für Licht oder Schatten entscheiden, sondern auch Anderwesen, wie ich es bin. Ich bin dem Weg des Zweifels schon viel zu lange gefolgt. Wir sind noch nicht am Ende, Carven. Noch hat die Königin nicht gewonnen. Noch können wir die Menschenwelt vor ihrer Rache bewahren.«
    Der Junge betrachtete ihn eindringlich. »Warum willst du das tun? Warum willst du, ein Anderwesen, für die Menschen in die Schlacht ziehen?«
    Grim neigte leicht den Kopf. »Die Menschen sind Narren«, erwiderte er sanft. »Und dennoch riskiere ich mein Leben für sie. Das habe ich schon immer getan, und daran wird sich wohl auch in Zukunft nichts ändern. Warum, fragst du? Für Menschen wie dich, Carven. Menschen, die mir Hoffnung geben und so viele Lichter in mir anzünden durch ihren Mut, dass ich manchmal meine, ich müsste in Flammen aufgehen. Ich bin mehr als das Anderwesen, das du in mir siehst. Ich bin auch ein Mensch, und ich stehe zwischen den Welten, da ich zwei Seelen in meiner Brust trage. Ich werde nie auf der Seite der Menschen stehen, dafür sind meine Zweifel an ihnen zu groß. Aber ich werde auch nie vollkommen auf die Seite der Anderwelt geraten, denn dafür ist mein Glaube an die Menschen zu mächtig, und das habe ich durch dich gelernt. Meine Zweifel werden mich niemals verlassen — aber ich werde mir meinen Glauben von ihnen nicht nehmen lassen. Und wenn das bedeuten soll, dass ich auf ewig zwischen den Welten stehe, dann soll es so sein.« Er hielt kurz inne. Für einen Moment spürte er die Wellen von Bythorsuls See über seine Füße streichen.
    »Auf dem Grund meines Herzens

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