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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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den kühlen Wind des Schnees über ihr Gesicht gleiten. Dann kam die Stille und riss sie mit sich.

Kapitel 11

    rim raste über Ghrogonias Dächer, als wäre der Teufel hinter ihm her. Mia lag leicht wie eine Puppe in seinen Armen, er fühlte das Fieber, das unbarmherzig über ihre Haut pulste, und konnte den Blick in ihr bleiches, ohnmächtiges Gesicht kaum ertragen. Ein stechender Schmerz durchzog seine Schläfen, als er daran dachte, wie der Fremde seine Gedanken gelesen hatte.
Wir sehen uns wieder,
peitschte dessen Stimme durch seinen Kopf.
Nun weiß ich, wo ich dich finden werde.
Mit eisigen Güssen wurde Grim klar, was der Fremde mit diesen Worten gemeint hatte. Dieser verfluchte Schattenalb hatte Mia in Grims Gedanken gefunden, er hatte ihr aufgelauert, um sie zu töten — aus Rache, da Grim ihn gestellt hatte.
    Remis klammerte sich an Mias Arm und ließ sie nicht aus den Augen. Der Kobold hatte sie lieb gewonnen, das wusste Grim genau, und wenn eines sicher war in dieser Welt, dann die unzerbrechliche Treue eines Kobolds, wenn er sein Herz einmal verschenkt hatte. Mit dieser Tat hatte der Fremde sich zwei Todfeinde geschaffen, so viel stand fest. Sie würden ihn finden — und wenn Grim mit ihm fertig war, würde der Kerl übler zugerichtet sein als jede Leiche der Menschen in dem verfluchten Keller der Vampire.
    Unruhig bewegte Mia den Kopf und murmelte verschlungene Worte — jene Worte, die wie in Trance über ihre Lippen gekommen waren, als Grim sie im Nebel gefunden hatte. Es waren Feenworte, die Mia sprach, und auch wenn Grim ihre Bedeutung nicht verstand, wusste er doch, dass sie Mia an den Rand des Todes getrieben hatten. Für einen Moment spürte er wieder die tödlichen Zungen des Nebels auf seiner steinernen Haut, ebenso wie den glühenden Blick aus den Schatten, ohne zu wissen, wer ihn beobachtete. Entschlossen schob er diese Gedanken beiseite. Er hatte keine Ahnung, warum Mia in Jakobs Wohnung gegangen oder woher der Nebel gekommen war. Nur eines wusste er ohne jeden Zweifel: Sie würde sterben, wenn ihr niemand half — und es gab nur ein Wesen, das sie retten konnte.
    Vor ihnen streckte der Wald der Cylaster seine Wipfel dem steinernen Himmel der Höhle entgegen, rot leuchtende Bäume, die aussahen wie Fackeln. Schon erblickte Grim das sandsteinfarbene Gebäude, das mit seinen Säulen, Atrien und Bogengängen an eine Villa aus dem antiken Rom erinnerte. Hier hatte Theryon, der Feenkrieger, sich nach dem Kampf gegen Seraphin niedergelassen, um sich um jene Wesen zu kümmern, die Grim und Mourier in den Verliesen Thorons gefunden hatten — halb verhungerte Menschen, die vom einstigen König der Gargoyles aufgrund ihrer Träume wie Tiere eingepfercht worden waren. Die meisten von ihnen, so hatte Theryon herausgefunden, waren in ihrem ganzen Leben noch nicht in der Oberwelt gewesen. Sie waren in dem modrigen Keller Thorons geboren worden, und die Anderwelt war alles, was sie kannten. Aus diesem Grund hatte der Senat beschlossen, die Thoronmenschen, wie sie seither unter vorgehaltener Hand genannt wurden, von Theryon auf ein Leben an der Oberfläche vorbereiten zu lassen. Das war ein überaus langwieriger Prozess, denn die Menschen besaßen nicht einmal eine richtige Sprache. Doch wenn jemand ihnen helfen konnte, dann war es Theryon — der einzige Feenkrieger, den es in dieser Welt noch gab und der sein Leben dem Wohl der Menschen gewidmet hatte.
    Grim raste dicht über die Wipfel des Waldes dahin, ehe er mitten im knietiefen Wasserbecken des größten Peristyls der Wohnanlage landete. Ringsum wurde der Hof von hellen Säulen umgeben, weißer Kies knirschte unter Grims Füßen, als er auf das Portal zutrat, das ins Innere des Hauses führte. Er sah Menschen aus dem liebevoll angelegten Garten in den Gang huschen, hörte ihre nackten Füße auf dem steinernen Grund — wie er selbst hatten sich die wenigsten von ihnen daran gewöhnt, Schuhe zu tragen — und fühlte im nächsten Moment eine mächtige Welle von Magie aus einem der Zimmer strömen, die vom Portikus abzweigten. Entschlossen stieß er die Tür auf. Drei Menschen duckten sich erschrocken, ein vierter ließ den gläsernen Behälter fallen, den er gerade in den Händen gehalten hatte, und vergoss eine grellrote Flüssigkeit auf dem Boden. Neben ihm, einen wirbelnden Zauber zwischen den Fingern drehend, stand Theryon. Er trug eine schwarze, von silbernen Fäden durchwirkte Brokatuniform, und seine Augen zeigten wie stets die karge Ebene

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