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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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berührte, verbrannte sie sich die Finger.
    »Wer außer Theryon soll uns helfen, die Schneekönigin aufzuhalten?«, flüsterte Remis. »Wenn er diesen Anschlag nicht überlebt, war alles umsonst und die Menschen ...«
    »... werden sterben«, beendete Mia seinen Satz. Ihre Stimme klang heiser, doch jedes Räuspern verklang in den Gesängen der Todesbotinnen, die sie umdrängten wie erstickende Kissen. Sie schaute Theryon ins Gesicht, dieses fremdartige, schöne Gesicht. Niemals würde sie vergessen, wie er ihr auf dem Friedhof Montmartre begegnet war — und wie er um ihren Bruder geweint hatte. Sie spürte Tränen in ihre Augen steigen.
Er ist noch nicht bereit.
Im ersten Moment glaubte sie, ihre eigenen Gedanken zu hören, doch gleich darauf fühlte sie den warmen, silbernen Klang einer fremden Stimme in sich widerhallen und wusste, noch ehe sie den Kopf hob und Aradis ansah, dass es die Fee war, die zu ihr sprach. Mia spürte Grims Blick, als er verstand, was vor sich ging, aber sie wandte sich nicht von Aradis ab.
    Mia,
flüsterte die Fee beinahe zärtlich.
Theryon hat oft von dir erzählt in meinem Licht. Ich habe es ihm geschenkt, damals, als ich selbst nach Alvloryn geschickt wurde. Durch mich konnte er in der Welt der Menschen bleiben, ohne zu sterben. Wir haben beide ein Opfer gebracht, das ein Mensch niemals ermessen kann. Doch seine Zeit ist noch nicht gekommen. Seine Aufgabe ist noch nicht beendet.
Sie hielt kurz inne und strich über Theryons Wange. Ihre Finger hinterließen schwarzblutige Striemen auf seiner Haut.
Ich wusste, dass ihr kommen würdet. Er ist euer Freund. Noch könnt ihr ihn retten. Doch ihr müsst euch beeilen. Ihr müsst einen Albenfunken finden, der ihm das Leben zurückgibt.
    »Einen Albenfunken? Was ...«, begann Mia, doch Grim unterbrach sie.
    »Aus den Alben wurden die Zwerge, Dämonen, Elfen und Feen«, murmelte er. »Die Ältesten ihrer Art tragen einen Funken der Ersten Stunde in sich: einen Albenfunken, jenes Licht, das bereits die Túatha Dé Danann in sich bargen — das Göttergeschlecht, aus dem die Alben entsprangen. Sie gaben den Funken an ihre Kinder weiter, und er erinnert die ältesten Elfen, Feen, Zwerge und Dämonen daran, dass sie einst aus demselben Licht und Blut erschaffen worden sind.«
    Remis sah ihn mit steiler Falte zwischen den Brauen an. »Die Ältesten ihrer Art — soll das heißen, dass wir einen von denen finden müssen?« Grim nickte langsam, und Remis fuhr fort: »Aber wo ...« Er hielt inne, als würde ihm plötzlich die Luft abgedrückt. »Nein«, flüsterte er. »Nicht noch einmal. Das kannst du ...«
    Doch Grim beachtete ihn nicht weiter und trat auf Aradis zu. »Gib ihn mir. Ich weiß, wohin ich gehen muss.«
    Lautlos beugte Aradis sich über Theryon und küsste ihn. Das Licht ihres Körpers verließ sie und legte sich als schwach flackernder goldener Zauber über den Feenkrieger. Blut blieb an ihren Lippen haften, als sie sich aufrichtete. Sie hob die Hand, strich einmal durch die Luft und öffnete den Lichtkegel. Grim hob Theryon auf seine Arme, nickte Aradis kurz zu und eilte, dicht gefolgt von Remis, aus dem Saal. Mia sah die Tränen, die sich in den Augen der Fee sammelten, und das Blut, das ihr wehendes Gewand aus Licht besudelt hatte.
    Ich danke dir,
sagte sie lautlos.
    Da lächelte Aradis, es war ein trauriges Lächeln voller Schmerz.
Menschenkind,
flüsterte sie, und dieses Mal klang ihre Stimme, als würden die Samen einer Pusteblume über Mias Gesicht fliegen. Langsam neigte Aradis den Kopf wie bei einer Verbeugung. Dann lief Mia Grim nach, doch sie sah noch, wie Aradis die Hände vors Gesicht schlug und ein Schluchzen ihren Körper durchdrang, ein Weinen von solcher Tiefe, als wollte es sie in Stücke reißen.
    Die Banshees hatten ihre Augen geöffnet, als Mia aus dem Gebäude kam, und starrten sie aus spiegelloser Schwärze an, während sie ihre Gesänge intensivierten. Mia spürte kalten Wind auf ihrem Gesicht, als Grim sich mit ihr in die Luft erhob, und hörte Remis' hektischen Atem an ihrem Ohr. Sie ahnte, an welche Wesen Grim sich wenden wollte, und ihre Vermutung wurde bestätigt, als er auf dem Platz vor dem Schwarzen Dorn landete und zielstrebig durch das Portal des Turms eilte. Sie liefen die Marmortreppe hinab, die in prunkvollen Kreolen abwärtsführte, vorbei an flackernden, grünfeurigen Fackeln. Nur vereinzelt begegneten ihnen Lakaien des Königs, doch Mia achtete kaum auf sie. Ihr Blick hing an Theryon. Noch hielt der

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