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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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nun liefen sie durch die Straßen, ohne dass sie wusste, wohin es ging. Gerade wollte sie zum hundertsten Mal fragen, was die Geheimniskrämerei sollte und ob er das nur machte, damit sie aufgeregt wäre — in dem Fall hätte er sein Ziel erreicht, sie
war
aufgeregt —, als Jakob an der Ecke Rue Cuvier stehen blieb. Beiläufig bückte er sich, um seine Schnürsenkel zu schließen und zwei Passanten vorbeizulassen. Dann warf er prüfende Blicke die Straße hinab.
    »Was soll das?«, flüsterte Mia. »Sind wir da?«
    Jakob deutete auf einen Wallace-Brunnen, der hinter ihnen an der Mauer stand. Mia zog die Brauen zusammen. Diese Dinger waren so etwas wie ein Wahrzeichen von Paris, irgendein reicher Philanthrop hatte sie gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts aufstellen lassen, damit das arme Volk immer etwas zu trinken hatte. Das Gesicht einer Nymphe zierte den Brunnen, klares Wasser sprudelte aus ihrem Mund.
    Jakob trat auf den Brunnen zu, beugte sich darüber, als wollte er trinken, und murmelte etwas. Angespannt warf Mia einen Blick über die Schulter, aber sie waren allein. Sie wandte sich wieder dem Brunnen zu — und erschrak. Die Nymphe sah sie an. Ihre Augen waren rätselhaft wie bei einer Sphinx.
    »Wir begehren Einlass ins Reich der Schatten«, sagte Jakob leise. Die Nymphe schaute ihn an, reagierte aber nicht.
    »Ich glaube, sie kann nicht antworten«, mutmaßte Mia. »Immerhin hat sie den Mund voll.«
    Jakob warf ihr einen Blick zu. »Sie antwortet doch. Hör genau hin.«
    Mia beugte sich näher an den Nymphenkopf heran. Sie hörte ein Auto, das hinter ihr die Straße hinabraste, das Plätschern des Wassers und sonst nichts. Gerade wollte sie sich abwenden, als sie ein Lachen vernahm, kristallen und hell wie Lichter auf den Wellen des Meeres. Mia verstand die Sprache nicht, in der die Nymphe im Brunnen sprach, aber sie konnte ihre Worte hören.
    Als sie sich aufrichtete, hatte sich ein Schatten auf Jakobs Gesicht gelegt. »Sie haben das Passwort geändert«, murmelte er nachdenklich.
    Mia zog die Brauen zusammen und sah zu, wie die Nymphe die Augen schloss und wieder erstarrte.
    »Das heißt, dass wir einen Umweg gehen müssen. Einen ziemlich unangenehmen Umweg. Du hast alte Sachen an, hoffe ich.« Ohne auf ihre Reaktion zu warten, ging Jakob die Straße hinab und blieb vor dem Gatter des Jardin des Plantes stehen.
    »So alt sind sie nun auch wieder nicht«, stellte Mia fest und beobachtete, wie Jakob beide Hände an die Gitterstäbe legte. »Also, wenn du das Schloss knacken willst, kann ich ...«
    In diesem Moment ging ein Stöhnen durch die Stäbe. Jakob schob sie auseinander und kletterte ins Innere des Parks. »Ich brauche keine Hilfsmittel dazu«, sagte er mit einem Grinsen, winkte Mia zu sich und schloss die Stäbe hinter ihr. Nach wenigen Schritten ging er in die Knie und fuhr mit der Hand über den Boden. Mia trat von einem Bein aufs andere. Es war kalt, und so langsam ging ihr die eigene Unwissenheit auf die Nerven. Missmutig schaute sie den Weg hinab und ließ den Blick über eine ziemlich trostlos wirkende Baumgruppe schweifen. Abgebrochene Äste und Zweige lagen am Boden, und entwurzelte Sträucher ließen die Blätter hängen. Es sah aus, als hätte ein Orkan zwischen den Pflanzen gewütet.
    »Wo rohe Kräfte sinnlos walten ...«, hörte Mia eine Stimme und sah zu den bronzenen Löwenstatuen auf, die über einem wasserleeren Brunnen standen.
    »Guten Abend«, sagte da der linke Löwe, in dessen Pranken ein winziges Hündchen saß. »Damit es keine Missverständnisse gibt: Wir sind nicht für dieses Chaos verantwortlich. Aber nicht jeder hat seine Kraft so gut unter Kontrolle wie wir.«
    Mia fuhr zurück. »Er hat etwas gesagt«, stellte sie überflüssigerweise fest.
    Jakob lachte. »Darf ich vorstellen, Thor und Odin, Wächter des Parks, Mia, meine Schwester.«
    »Sehr angenehm«, sagte nun der rechte Löwe, indem er den Kopf hob. Mia warf ihm einen Blick zu und bemerkte erst jetzt die Füße, die vor seinen Pranken lagen — menschliche Füße, und
nur
sie. »Keine Sorge«, sagte der Löwe, und es klang, als würde er lächeln. »Das war er.« Unmissverständlich deutete er in Richtung seines Gefährten, woraufhin der Hund hysterisch zu bellen anfing.
    »Der Hund?«, fragte Mia ungläubig, und beide Löwen nickten. Der Hund reckte den Kopf und stand mit stolz geschwellter Brust da.
    »Wir sind Vegetarier«, stellte der linke Löwe fest. »Aber Herkules hier hat einen mörderischen

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