Grim
eines Fhar’al Brunkur zu erlangen, vor allem dann nicht, wenn man sich hierfür in die Feste des Zorns begeben muss.«
Grim fühlte, wie ihm die Gesichtszüge entgleisten, und sah aus dem Augenwinkel, dass Remis sich hektisch über die Stirn wischte. »Ich lasse mich nicht zum Narren halten«, sagte er und musste für einen Moment die Zähne aufeinanderpressen, um ruhig zu bleiben. »Seit Jahrhunderten gibt es keine Fhar’al Brunkur mehr in der erschlossenen Welt.«
Der Hohn in Samhurs Blick war wie eine Ohrfeige. »Sagtest du nicht gerade, dass du die Schatten kennen würdest, törichter Hybrid? Ich sage dir: Es gibt sie noch, und es wird sie immer geben – solange es die Nacht gibt mit all ihrer Schönheit und Grausamkeit. Und nichts anderes als die Nacht wird uns beistehen im Kampf gegen deine Freunde, die zufälligerweise die stärksten Dämonen aus Verus’ Gefolge in sich tragen. Ein Schwarzer Diamant weiß ihnen zu begegnen, denn er ist wie sie, nur tausendfach so stark. Deswegen können sie seine Macht nicht ertragen. Er wird sie in die eigene Finsternis ziehen und sie die Grenzen dessen lehren, was sie niemals begreifen werden. Seine Kraft wird sich ihrer Gier entgegenstellen, wird sie spiegeln, bis sie glauben, von ihr zerrissen zu werden, und sie wird sie uns direkt in die Arme treiben. Ohne sie, mein junger Freund, haben wir keine Chance.«
»Kein Krieger bei Verstand begibt sich in die Feste des Zorns«, stellte Grim fest. »Dieser Ort ist … «
»… verflucht«, flüsterte Remis. »Ich habe schreckliche Dinge gehört von den Tunneln der Schatten, die dort hinaufführen, und grausame Geschichten über die Feste selbst.«
Grims Miene verfinsterte sich. »Und abgesehen davon sind Schwarze Diamanten Dinge uralter Magie, die sich niemandem unterwerfen und sich jeder Kontrolle widersetzen, die gefährlich sind und boshaft und die kein anständiger … «
»… Schattenflügler jemals benutzen würde?« Samhur grinste so breit, dass seine Reißzähne im Licht der Lampe schimmerten. Doch gleich darauf wurde er wieder ernst, so plötzlich, dass die Schatten in seinen Augen etwas Unheimliches bekamen. »Ganz recht. Doch wir müssen der Finsternis der Dämonen mit etwas begegnen, das ihr ebenbürtig ist. Und nebenbei bemerkt: Ich habe von Anfang an kein Interesse an der Maske gehabt, die du dir mit dem Namen Schattenflügler über die Züge legst. Ich spreche zu dem Kind des Feuers, das du bist, und dieses Kind wird die Kraft des Schwarzen Diamanten nutzen.«
Für einen Moment glomm die Dunkelheit in Samhurs Blick auf, die Grim beunruhigte, ohne dass er sagen konnte, aus welchem Grund. Der Jäger wandte sich ab, und als er aus dem Fenster schaute, zog sich die Maske aus Frost über seine Züge, die unmissverständlich klarmachte, dass die Unterhaltung fürs Erste beendet war.
Grim schaute zu Remis hinüber. Auch der Kobold kannte Schwarze Diamanten nur vom Hörensagen, und doch reichten die Legenden über ihre Macht, um ihn schaudern zu lassen, von den Geschichten um die Feste des Zorns ganz zu schweigen. Grim konnte es ihm nicht verübeln. Er hatte sowohl die Erzählungen um den Fluchturm der Dämonen als auch jene von den Hexenmeistern gehört, die in lang vergangener Zeit von der Kraft eines Fhar’al Brunkur verschlungen worden waren, von den Flammen, die aus der Finsternis eines Schwarzen Diamanten entsprangen und ganze Städte in Schutt und Asche legen konnten, und von den Gefahren, die mächtige Anderwesen einst auf sich nahmen, um einen dieser düsteren Kristalle in ihren Besitz zu bringen. Niemand konnte mit Gewissheit sagen, woher sie gekommen waren, doch die Legenden sprachen davon, dass es die Tränen der ersten Drachen waren, die sich mit dem Beginn der Welt über die Erde ergossen und im eisigen Atem ihres Feuers zu schwarzer Grausamkeit erstarrten.
Grim fuhr sich über die Augen. Es war zwecklos, sich in Sagen und Legenden zu verlieren. Instinktiv griff er in seine Tasche, ehe ihm wieder einfiel, dass sein Pieper im Fluchfeuer verbrannt war. Er hatte sich bei Carven melden wollen, wie er es in letzter Zeit so oft getan hatte, und nun, da seine Klaue ins Leere griff und schließlich den farbigen Drachen hervorzog, seufzte er. Schweigend ließ er ihn eine Pirouette drehen, sah zu, wie er auf einem imaginären Skateboard über den Tisch fuhr und lächelte, als er die rechte Augenbraue hob und zu ihm aufschaute. Vermutlich hatte Carven ohnehin keinen Empfang in diesen verfluchten
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