Grim
»Mir soll’s recht sein«, murrte er und ließ die Hand auf eine kleine Klingel niedersausen. »Solange Ihr bezahlt.«
Mit diesen Worten rutschte er von seinem Schemel und eilte in die Finsternis, dorthin, wo das Wiehern der Pferde herrührte. Ein paar Schattenkobolde flogen ihm nach.
Grim warf Lyskian einen Blick zu. »Ein Freund von dir?«
Der Vampir lächelte kühl, als wie zur Antwort das zornige Wiehern mehrerer Pferde die Luft zerriss. Sechs Friesen wurden von den Kobolden hereingeführt und vor eine schwarze geschlossene Kutsche gespannt. Ma’bhrru legte seine Hand an den Hals jedes Tieres, und als er das größte von ihnen erreichte, glommen die Zeichen auf seiner Bandage auf. Bläuliches Licht floss über den Körper des Pferdes, setzte sich über das Zaumzeug fort und überzog gleich darauf die gesamte Kutsche. Remis seufzte, und Grim musste zugeben, dass dies ein Bild von düsterer Schönheit war. Dennoch traute er den Pferden nicht über den Weg, und er ließ sie nicht aus den Augen, als er sich mit den anderen auf die Kutsche zubewegte. Sie neigte sich ein wenig zur Seite, als er einstieg, doch die Bänke waren mit weichem Leder bezogen und die Decke wölbte sich so hoch über ihm, dass er nicht den Kopf einziehen musste. Eine Lampe hing von ihr herab, und kaum, dass sie die Tür schlossen, hörte Grim das Säuseln der Laternen, die sich zu beiden Seiten des Kutschbocks entfachten. Er wartete darauf, dass Ma’bhrru oder einer seiner Helfer sich darauf niederlassen würde, doch der Gnom schaute nur zu ihnen auf und grinste verschlagen.
»Euer Wunsch war mir wie immer Befehl, Hoher Prinz der Vampire«, sagte er und verbeugte sich leicht. »Eine gute Fahrt wünsche ich den Herrschaften!«
Mit diesen Worten schlug er gegen die Tür, dass der kleine Riegel im Inneren sich von selbst zuschob, und die Kutsche setzte sich in Bewegung. Eilig schwirrte Remis von Grims Schulter. »Wir haben keinen Kutscher!«, rief er und deutete in solcher Geschwindigkeit wiederholt auf den leeren Bock, dass es aussah, als würde er mehrere Arme besitzen.
Grim griff nach der Tür, sie ließ sich nicht öffnen, doch Lyskian hob beschwichtigend die Hände. »Diese Kutsche braucht keinen Fahrer. Die Pferde kennen unser Ziel. Ihr solltet euch entspannen. Eine Fahrt mit einer Kutsche Ma’bhrrus ist immer etwas Besonderes, insbesondere dann, wenn es sich um eine vampirische handelt wie diese hier. Für gewöhnlich darf kein anderes Volk in ihr Platz nehmen, doch es liegt an mir, eine Ausnahme zu machen.«
Mia strich über Grims Klaue, die sich bei der Anfahrt reflexartig in den Bezug der Bank gekrallt hatte. »Ich hätte nicht gedacht, dass du … «
Weiter kam sie nicht, denn während die Kutsche noch durch den Torbogen fuhr, erhoben die Pferde ihre Stimmen in mörderischem Wiehern. Das Licht der Kutsche wurde heller, die Pferde beschleunigten ihr Tempo und rasten die Straße hinab, dass die hölzernen Räder ächzten und knackten. Remis knallte gegen die Fensterscheibe, trudelte durch die Luft und klammerte sich an die Lampe, die wild hin und her tanzte, Mia hielt sich an ihrem Sitz fest und Grim an den Verwünschungen, mit denen er den Vampir und den Graugnom bedachte. Scheppernd stieß er sich den Kopf an der Lampe, Remis quiekte laut, doch Lyskian saß so gelassen da, als würde er in einer Sänfte getragen. Er lächelte nicht, aber er hielt die Augen halb geschlossen, während die Stadt in wirren Farben an ihm vorüberbrauste. Wenn Grim nicht gewusst hätte, dass der Vampir niemals schlief, so hätte er geglaubt, dass er in einen sanften Schlummer gefallen wäre.
»Verdammt, Lyskian«, grollte er und glich ein heftiges Rucken der Kutsche aus, indem er sich mit dem Fuß an der gegenüberliegenden Bank abstützte. »Ich hätte dich am Kragen zum Schloss des Lords getragen, wenn ich gewusst hätte, was uns erwartet«
Der Vampir warf ihm einen gelangweilten Blick zu. »Bhragan Nha’sul duldet keinen Flugverkehr über seinem Anwesen. Selbstverständlich hätte ich dir freistellen können, es dennoch zu versuchen. Ich möchte dich aber darauf hinweisen, dass es bislang noch niemand überlebt hat, eine Anweisung des Lords zu missachten.«
»Auf diese Weise steht aber in den Sternen, ob wir lebend ankommen«, rief Remis an seiner Lampe und machte dabei ein so empörtes Gesicht, dass Mia lachen musste. Sie war ein wenig blass um die Nase, aber offensichtlich hatte sie mit dem Geholper weit weniger Probleme als Grim. Er
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