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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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Musik hatte aufgehört. Es gab kein Geräusch mehr im Saal außer dem Stöhnen des Werwolfs, ihrem eigenen Herzschlag – und dem leisen, kalten Rascheln des Brokats, als der Lord sich aufsetzte.
    »Genug«, sagte er mit dunkler Stimme, es klang wie das unterdrückte Grollen einer sehr großen Raubkatze.
    Mia hob den Kopf. Der Blick des Lords ruhte auf Lyskian, der lautlos vortrat. Doch ehe er etwas sagen konnte, wischte Bhragan Nha’sul unwillig durch die Luft.
    »Lächerlich, dass du mir deinen Gruß entbietest«, sagte er. »Ich hörte euch schon, als ihr zitternd aus meiner Kutsche gekrochen seid, von den unflätigen Bemerkungen dieses Grünlings einmal ganz zu schweigen.«
    Remis erstarrte in der Luft und wäre wohl zu Boden gefallen, wenn er nicht in letzter Sekunde auf Grims Schulter gelandet wäre. Schnell hockte er sich nieder und verharrte regungslos, als würde er auf diese Weise aus dem Blickfeld des Lords verschwinden.
    Bhragan Nha’sul hob die Hand, ohne sich von seinen Besuchern abzuwenden, woraufhin einer seiner Diener ihm einen reich verzierten Kristallkelch reichte. Das Blut darin war beinahe schwarz. »Überdies sehe ich keinen Anlass für besondere Freundlichkeit«, fuhr er fort, führte den Kelch an seine Nase und sog die Luft ein. Kurz zog er die Lippen von seinen Reißzähnen zurück, sie waren scharf wie geschliffene Klingen. »Du bist dem Fest der Nacht ferngeblieben, Lyskian, zum zweiten Mal in Folge. Auch für dich ist die Teilnahme freiwillig, und doch … Es erstaunt mich, dass du so wenig Interesse zeigst an der jährlichen Zusammenkunft der Höchsten unseres Volkes.«
    Mia hielt den Atem an. Lyskian hatte ihr vom Fest der Nacht erzählt, jener Feier, zu der sich die mächtigsten Vampire der Welt in Prag zusammenfanden und sich gemeinsam hemmungslosen Blutorgien hingaben. Er hatte ihr auch gesagt, warum er nicht daran teilgenommen hatte, und er wiederholte seine Worte nun vor dem Lord.
    »Die Geschehnisse in Paris erforderten meine Anwesenheit«, sagte er ruhig. »Die Geister des Friedhofs Père Lachaise … «
    Bhragan Nha’sul brachte ihn mit einer unwilligen Handbewegung zum Schweigen. »Ich habe dir schon oft genug gesagt, dass du die verfluchten Ha’rechol verbannen sollst, wenn sie sich nicht an ihre Ausgangszeiten halten wollen. Erzähle mir nichts von deinen Pflichten, ich kenne sie zur Genüge.« Er hielt inne, und als sein Lächeln sich verstärkte, zeigte sein Gesicht eine kalte Grausamkeit. »Du bist nachlässig geworden«, sagte er dann. »Du solltest aufpassen, dass du deine Pflichten nicht gänzlich aus den Augen verlierst wegen der Farbkleckse eines Mädchens.«
    Er wandte sich Mia so schnell zu, dass sie unwillkürlich zurückzuckte. Sie rechnete damit, Furcht zu empfinden angesichts der kaltglühenden Augen dieses Vampirs, doch stattdessen stieg Wut in ihr auf. Schnell senkte sie den Blick, denn sie hatte im Umgang mit Lyskian gelernt, dass es tödlich sein konnte, einem Vampir gegenüber Gefühle offen zu zeigen.
    »Mein Lord«, begann Lyskian. »Wir sind gekommen, um … «
    »…ichweiß,warumihrgekommenseid«,unterbrachihnBhraganNha’sulundlachtehartauf.»DieKundederGeschehnisseinGhrogoniaerreichtemichschon,alsderRauchüberdenDächernnochwarmwar.VerusCrendilasDhorhatdenKerkergesprengt,indemerundseinVolkjahrhundertelanggefangengehaltenwurden,undnunspinnterimVerborgenenseinedüsterenPläne.AlsunheilvollerSchattenschwebtseinNameüberdenKöpfenderGargoyles,dennsiewissen,wiegroßseinZornistundwiemächtigseineGiernachRache.«ErschwiegfüreinenMoment.»Ichkannesihmnichtverdenken.LangegenughaterindiamantenenKettengelegenundsichdasFleischvondenKnochenfressenlassen,alsdassmanseinenHassnichtbegreifenkönnte.NunstrebternacheinerregellosenWelt – einerWelt,dieauchunsererNaturentspricht,wiemanchesagen.«
    Lyskian setzte zu einer Entgegnung an, doch da stieß Grim einen Laut aus. Es hätte ein Husten sein können, aber als Mia ihn ansah, erkannte sie den Zorn in seinen Augen und den Unwillen, ihn zu verbergen.
    »Mein Verständnis scheint Euch zu missfallen, Präsident der OGP «, stellte Bhragan Nha’sul fest und hob spöttisch die Brauen. »Habt Ihr geglaubt, Euch an meiner Schulter ausweinen zu können, weil ein Dämon Euch zum Narren gehalten hat?«
    Mia rechnete damit, dass Grim ihm seine Geringschätzung ohne jede Diplomatie vor die Füße werfen würde. Doch die Zeiten als Präsident der OGP waren nicht spurlos an ihm vorübergegangen. »Nein«, erwiderte er beinahe

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