Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz
wir doch, wir machen ja sowieso nichts anderes.«
»Entschuldige mal, du vielleicht nicht, aber ich muss hier diese Ladung Erde«, er deutete auf eine volle Schubkarre, »zu den Beeten vorm Haus schaffen. Ich bin nämlich euer neuer Hilfsgärtner.« Sie kratzte sich am Ohr und musterte ihn auf eine ähnliche Art, wie Angus ihn zuvor betrachtet hatte. Es war dieser taxierende Blick, der darauf zu warten schien, dass er sich irgendwie verriet. Er gab nach. »Also, gut.«
»Los, kommen Sie!« Sie hievte sich vom Brett, er - froh, herunter zu können - tat es ihr nach. Dann rannte sie zwischen Hecke und Nieskraut zum Teich hinüber, wo Melrose und Angus Murphy vorhin gestanden und die Gräser betrachtet hatten. Sie drehte sich um, lief ein Stück zurück und rief ihm zu, er solle sich beeilen.
Vor dem Teich mit den unheimlichen Goldfischen hüpfte sie von einem Fuß auf den anderen, als ob sie pinkeln müsste.
Als Melrose bei ihr angelangt war, hielt sie ihm die Puppe (in ihrem allzu abgegriffenen Kittelkleid) hin.
»Ich? Moment, wieso willst du diese Aufgabe mir zuschanzen?«
»Sie sehen eher wie ein Pfarrer aus, und ich will nicht nass werden.«
»Was redest du da? Wieso sollte denn jemand nass werden?« Er streckte die Puppe weit von sich. »Weil Sie da rein müssen, um ihn unterzutauchen.« Sie wies mit dem Kopf zum Teich.
»Ich steige doch nicht in dieses Wasser!« Zu diesen Goldfischen!, fügte er aber nicht hinzu.
»Aber irgendjemand muss doch!«
»Du brauchst bloß die Finger in den Teich zu tauchen und ihm ein Kreuz auf die Stirn zu malen. Ich war schon auf vielen Taufen (auf gar keiner war er gewesen), und so macht man das da.«
»Nein, stimmt gar nicht. Benny hat gesagt und der Pfarrer auch, dass es Leute gab, die bis zum Kinn reingegangen sind. Und dann hat ihnen der Pfarrer den Kopf vollends untergetaucht. Da mussten sie wohl die Luft anhalten. Benny sagt, es gilt nicht, wenn man nicht ganz drin ist.« Melrose schnaubte. »Na, wenn dieser Benny so ein Fachmann ist, dann solltest du vielleicht besser auf ihn warten. Außerdem kennt er Richard - »Richard?« - viel besser als ich.«
Die Pose mit den in die Seiten gestützten Händen kannte er. Jedes Kind, mit dem er bisher zu tun hatte, hatte darauf zurückgegriffen. Entschlossen. Unnachgiebig. Sehr zu empfehlen, wenn man für einen Sitz im Unterhaus kandidierte, aber nichts Gutes verheißend, wenn es darum ging, dass jemand getauft werden sollte.
»Ich bin im Leben schon für viel gehalten worden, aber für einen Pfarrer noch nie«, war seine matte Antwort auf die Hände-in-den-Hüften.
»Mit der Streiterei vertun Sie bloß Zeit.«
Melrose hob das Kleid an und inspizierte die Puppe von hinten. Kopf und Gliedmaßen waren aus hartem Kunststoff, der Oberkörper fest ausgestopft und mit glattem, fleischfarbenem Stoff bezogen, der hinten zusammengenäht war. Ein paar Fäden waren lose, und die Füllung quoll inzwischen schon fast heraus. Voller Genugtuung meinte er: »Weißt du, was mit dem Puppenjungen passiert, wenn du ihn ganz in den Teich untertauchst?«
Ihre Hände lösten sich von den Hüften, und sie schaute unsicher. »Gar nichts. Dann wird er bloß nass.«
»Nicht nur nass, er saugt sich mit Wasser voll«, sagte er verschlagen. »Siehst du die kleine Naht hier ? Da kommt Wasser rein, und Richard wird für den Rest seines Lebens knatschen.« Er schüttelte die Puppe. »Oder womöglich auseinander gehen.«
Inzwischen völlig verunsichert, schüttelte sie den Kopf. »Nein, wird er nicht.«
Melrose stieß einen tiefen Seufzer aus und meinte achselzuckend: »Okay, wenn du dir da so sicher bist -« Er zog einen Schuh aus und machte sich am anderen zu schaffen, zur Vorbereitung (wie es aussah) für seinen Sprung in den Teich.
»Nein, warten Sie!« Sie schnappte sich die Puppe und kaute verlegen auf ihrer Unterlippe herum. »Ich muss es mir noch überlegen.«
»Und ich muss die Ladung Erde auf dem Beet da drüben verteilen.«
»Ich komm mit.«
Sie schien erleichtert, nicht mehr über die Taufe debattieren zu müssen.
»Na gut.« Melrose konnte sich nicht erinnern, jemals eine Schubkarre gehalten zu haben. Er packte die Haltegriffe und schob das Ding voran, während sie neben ihm hertrottete und zu ihm hochschaute, um wer weiß was in seinem Gesicht zu entdecken. Er wusste es nicht. Während er die Schubkarre zwischen den weißen Säulen und der Reihe Zedern voranrollte, sagte er: »Wofür braucht er eigentlich die ganze Erde?«
»Das ist
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