Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz
Gemma hat mir verraten, wie sie ohne Schlüssel ins Cottage gelangt - Sie wissen schon, das von Kitty Riordin -, wenn unsere gute Kitty in der Oxford Street auf den Einkaufsbummel geht. Sie bot an, mich hineinzuschleusen.«
»Sie haben das Angebot hoffentlich angenommen.«
Melrose verzog das Gesicht. »Nein, nicht sofort jedenfalls.«
»Dann sind Sie aber ein schlechter Kandidat für EBD.«
Selbstgefällig meinte Melrose: »Genau das habe ich zu ihr auch gesagt.«
»Wie ich sehe, packen Sie die Sache gleich kindgerecht an. Wie üblich.«
»Was soll das heißen? >Wie üblich« Jury lächelte. »Nichts.«
Melrose spießte eine Kartoffel auf. »Glauben Sie, dass Gemma eventuell mit ihnen verwandt ist? Ich dachte an -«
»Eine Urenkelin?« Jury lehnte sich zurück. »Oliver Tynedale ist eigentlich nicht der Typ, der es verheimlichen würde, dass dieses kleine Mädchen seine Urenkelin ist. Was auch der Grund gewesen sein mag, dass sie ausgesetzt wurde - ob sie nun unehelich war oder was auch immer -, es würde ihn nicht stören. Er würde es überall herumposaunen.«
»Er könnte es gar nicht überall herumposaunen, wenn er es selber gar nicht wüsste.«
»Sie meinen, jemand hat ihm Gemma untergejubelt?«
»Um ihn ganz am Ende zu überraschen, damit er so dankbar für diese verspätete Eröffnung ist, dass er sein Testament ändert. Kitty Riordin hat ja auch schon erfolgreich ihr Spielchen mit ihm getrieben.«
»Und jetzt kommt ein anderes Kind daher, Gemma Trimm, mit im Grunde demselben Motiv? Ich halte es einfach für unwahrscheinlich, dass es in diesem Haus zwei Fälle von geheim gehaltener Identität geben soll. Und was Gemma betrifft, brauchte Tynedale doch nicht im Dunkeln gelassen zu werden, damit die interessierte Seite einen Haufen Geld kassiert. Er würde es ihr sowieso vererben.«
»Was aber, wenn etwas Wahres dran ist, wenn Simon Croft es wusste? Wäre das nicht ein Grund, ihn aus dem Weg zu schaffen?«
»Ja, könnte sein.«
»Apropos Kinder, haben Sie Benny kennen gelernt?« Jury lachte. »Ja, habe ich.«
»Und mit seiner Nemesis gesprochen, diesem Fleischer Gyp? Ein entsetzlicher Mensch.« Melrose erzählte ihm die Geschichte mit der Geburtstagstorte. »Der macht sich einen Spaß draus, dem jungen Benny das Leben zu vergällen.«
»Ein echter Sadist, wie es sich anhört. Ich muss ihm unbedingt mal einen Besuch abstatten.« Melrose ließ den Blick über den Tisch schweifen. »Sie haben alles aufgegessen, sogar die Butter.« »Ich hatte Hunger. Ich nehme vielleicht noch was.« Jury verrenkte den Hals und hielt Ausschau nach dem jungen Higgins.
»Haben Sie eigentlich zugenommen?«
Jury zuckte die Achseln. »Woher soll ich das wissen? Ich sehe mich ja selbst nicht.« »Es gibt doch Spiegel.«
»Da schaue ich nicht rein. Und falls ich tatsächlich dick werde, erfahre ich es von Sie-wissen-schon-wem tout de suite.«
»Sie-wissen-schon-wen kenne ich nicht.«
»Sie können mir ruhig glauben. Was gibt's zum Nachtisch?«
36
Als Jury in seine Wohnung zurückkehrte, war Sie-wissen-schon-wer in seiner Küche gerade dabei, ein Bauernfrühstück zuzubereiten. In der Pfanne brutzelten Würstchen und Brotwürfel, und Samsara, vermischt mit dem Essensduft, verlieh der Luft auf dem Treppenabsatz im ersten Stock etwas geradezu Verführerisches.
Carol-Anne briet vor sich hin und summte dabei ein Liedchen, von dem Jury glaubte, dass er es schon einmal gehört hatte. Schwungvoll warf er seine Schlüssel in den großen gläsernen Aschenbecher, der ihm so treue Dienste geleistet hatte und nun nach Asche lechzte. Er warf einen kurzen Blick auf den Weihnachtsbaum in der Ecke, der ebenfalls lechzte, aber nach Schmuck, und hatte die Vermutung, dass diese Metaphern vom Treiben in seiner Küche inspiriert wurden.
»He, Super! Hier bin ich!«, rief Carol-Anne, als schwebte die Küche irgendwo zwischen Islington und dem Mond. »Mein Herd hat mal wieder den Geist aufgegeben.«
Dies geschah nämlich gelegentlich. Mr. Moshegiian, der Vermieter, hatte ihr zwar einen neuen Herd versprochen, doch der war noch nicht in Erscheinung getreten. Jury nahm an, dass tatsächlich echte Schwierigkeiten bestanden, da Mr. Mosh gegenüber Carol-Anne keine leeren Versprechungen abgab. Das taten nur wenige.
In der Küche waberten die vermischten Düfte von Würstchen und Parfüm. Er lehnte im Türrahmen und sagte: »Es ist fast elf. Ist das nicht ein bisschen spät für Ihr Bauernfrühstück?«
»Ich hatte Hunger. Ich war nämlich
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