Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz
auf einmal nehmend, die Treppe hinauf zu Mr. Beatons Räumlichkeiten.
»Absolut perfekt, Mr. Beaton. Sie sind ein Prachtstück!« Staunend hielt Melrose die Kleidungsstücke in die Höhe. »Sie hätten nicht vielleicht eine Schachtel -«
Unverzüglich ging der Lehrling nach hinten und kehrte mit einer kleinen, für die Kleidungsstücke perfekt geeigneten Schachtel zurück. »Ist es ein Geschenk, Sir? Das dachte ich mir eigentlich schon. Hier dieses Silberpapier, falls Sie es brauchen -? Ich könnte es Ihnen einwickeln.«
Melrose dankte ihm überschwänglich. »Sehr freundlich, das wäre mir eine große Hilfe.« Er wandte sich an Mr. Beaton. »Mr. Beaton, ich würde ja gern gleich bezahlen, wenn -«
Mit ergeben geschlossenen Augen schüttelte Mr. Beaton den Kopf. »Aber ich bitte Sie, ich bitte Sie. Ich setze es auf Ihre Rechnung, Mylord. Es ist mir ein Vergnügen.«
Nachdem er sein Päckchen in Empfang genommen hatte, bedankte sich Melrose noch einmal und lief zu seinem Wagen hinunter.
Sir Oswald Maples lebte allein in einer kremfarben gestrichenen ehemaligen Remise in der Nähe des Cadogan Square. Er lebte ganz für sich trotz der Tatsache, dass er zwei Krückstöcke brauchte, um auf Jurys Klingeln hin an die Haustür zu gelangen.
Indem er einen der Stöcke hoch hielt, als wollte er Jury die Hand schütteln, sagte er: »Ist nicht so schlimm, wie es aussieht. Ich brauche die Dinger nicht immer, nur wenn die Knie es mal wieder nicht packen. Kommen Sie herein.« Mit dem Stock winkte er Jury ins Wohnzimmer.
Jury dankte ihm und zog den Mantel aus, den er auf Sir Oswalds Geheiß hin über das Treppengeländer warf. Der deutete -wiederum mit dem Krückstock - auf einen Polstersessel gegenüber von dem Sofa, auf dem er selbst gesessen hatte. Obwohl er bestimmt über achtzig war, schwang er die Stöcke mit dem aus gelassenen Temperament eines Jünglings. Während Jury beobachtete, wie er sie schwungvoll gegen die Sofalehne stellte, fragte er sich, ob Maples die Dinger vielleicht als Spielzeuge betrachtete. Hätte es einen Diener gegeben und einen Klingelknopf, um ihn herbeizuzitieren, hätte Maples bestimmt mit der Stockspitze den Knopf betätigt.
»Es ist rheumatische Arthritis, die Schmerzen kommen und gehen. Wie wär's mit einem Drink, Superintendent?« Er deutete auf das Stumpenglas neben sich, in dem noch ein Fingerbreit Whisky war. »Oder ist es dafür noch ein bisschen früh am Tag für Sie?«
Es war noch nicht einmal Mittag, und doch fühlte sich Jury plötzlich von einer Traurigkeit überwältigt, deren Herkunft er sich nicht erklären konnte - oder vielleicht doch. Ihm war, als könnte er doch einen Drink vertragen. Klar! Einen Drink vertragen können, das war der erste Schritt. Oder vielleicht der letzte. Andererseits wollte er Maples ungern allein trinken lassen... Nein. Das ginge trotzdem nicht. »Nein, danke. Ich habe gerade eimerweise Kaffee getrunken.«
Maples nickte und lehnte sich in dem kleinen Zweiersofa zurück. »Sie wollten ein paar Auskünfte über Ralph Herrick einholen, sagten Sie am Telefon.«
»Ja. Ich hatte ja erwähnt, dass mir Oberst Joss Neame Ihren Namen nannte, als es darum ging, wer sich möglicherweise noch an Herrick erinnern könnte. Sie kannten ihn.«
Der Ältere nickte. »Ja, stimmt.«
»Sie waren bei der Codierungs- und Entschlüsselungsabteilung des Geheimdienstes?« »Ach ja. GC und CS.«
»Ich ermittle in einem Mordfall. Ein Mann namens Simon Croft wurde erschossen. Sie haben vielleicht darüber gelesen.«
»O ja. Ich habe das Haus an der Themse gesehen. Habe mich oft gefragt, wer dort wohnt.«
»Simon Croft. Ganz allein. Er schrieb an einem Buch über eine ganz bestimmte Zeit während des Zweiten Weltkriegs. Croft kannte Ralph Herrick. Croft war zwar noch ein Junge, hat den anderen aber richtiggehend vergöttert. Ein Kampfpilot, ein Held. Wundert einen eigentlich nicht.«
»In der Tat. Nein, Herrick war unbestritten ein Held. Sein Mut war fast - tollkühn.«
Jury lächelte. »Das ist etwas seltsam ausgedrückt.«
»Ich weiß. Fast verführerisch, dieser Mut, und er warf sich förmlich hinein. Ich meine, nicht dass er prahlte, nichts lag ihm ferner als das. Ich meine - bei ihm war Mut fast etwas, was sich so nebenbei ergab. Mut hatte er aber, weiß Gott. Über Driffield in Yorkshire hat er fast im Alleingang vier Junkers abgeschossen. Die Bomber hatten keinen Begleitjäger dabei; schließlich merkten sie, dass sie die Bomber nicht ohne begleitende Messerschmitts
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