Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz
Entschuldigen Sie mich einen Moment.«
Das Telefon klingelte, und sie huschte in einen anderen Raum. Er verbrachte die paar Minuten mit der genauen Betrachtung des mutmaßlichen Masaccio (als den sie es noch nicht bezeichnet hatte) und versuchte sich zu erinnern, was Di Bada ihnen über Vasaris Beschreibung des Polyptychons in dieser Kirche in Pisa erzählt hatte. Stellte es den Hl. Hieronymus dar? Den Hl. Julian? Oder den Hl. Nikolaus?
Sie war wieder da. »Entschuldigen Sie. Heute ist recht viel los.«
»Mr. Trueblood ist der Ansicht, dass es sich bei seinem um einen echten Masaccio handelt. Haben Sie ihm das gesagt?«
»Liebe Güte, nein.« Ihr leises Lachen vibrierte. »Es besteht aber die Möglichkeit, dass es einer ist. Mr. Jasperson hat sich schon bemüht, die Echtheit feststellen zu lassen. Kennen Sie sich mit Masaccio aus? Ein italienischer Renaissancemaler des fünfzehnten Jahrhunderts -«
»Und hatte Mr. Jasperson in der Sache schon Erfolg? Wie steht es um die Herkunft ?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das wissen wir nicht. Ich habe die beiden Stücke in einem alten Kirchlein in der Toskana entdeckt. Damals konnte ich ihren Wert natürlich nicht einschätzen, aber als ich sie ins Geschäft brachte, war Mr. Jasperson, nun ja, gelinde gesagt, erstaunt.«
»Weil sie so wertvoll waren?«
»Weil sie so göttlich waren.«
Sich dem Tafelbild zuwendend, atmeten sie ein wenig von dessen Göttlichkeit ein.
»Ich will Ihnen sagen, was vielleicht sein kann«, sagte sie. »Möglicherweise erwähnte ihr Freund, dass es sich bei seinem um die Kopie eines Tafelbilds von Masaccio handeln könnte. Andererseits könnten es Tafeln aus dem Polyptychon sein, das sich ursprünglich in einer Kirche in Pisa befand. In der Santa Maria del Carmine. Ein Altarbild, das größtenteils wiedergefunden wurde. Ein Teil davon fehlt allerdings immer noch.«
Dieses Informationsfitzelchen kam sanft wie der morgendliche Schnee herunter geschwebt, ruhig und unaufdringlich wie eine Schneeflocke.
»Dann ist das hier«, sagte Melrose mit Unschuldsmiene, »möglicherweise ein Original.«
»Bei dem Gedanken wird mir ganz anders.« Ihre blauen Augen weiteten sich.
Melrose lachte. »Das glaube ich Ihnen gern. Obwohl - wenn Sie das glaubten, dann wäre das Tafelbild nicht für -« Melrose spielte mit dem weißen Schildchen herum - »zweitausend Pfund zu haben.« Er ließ das Schildchen los und musterte sie.
»Nein, natürlich nicht.« »Wie viel würde es bei einer Auktion einbringen?«
»Ach, du lieber Himmel, es wäre unbezahlbar.«
Vor seinem geistigen Auge sah Melrose, wie Trueblood sein Bild an sich gedrückt und so in der ganzen Toskana herumgeschleppt hatte. Er lächelte. »O ja, unbezahlbar.«
Schweigend betrachteten sie das Bild.
Melrose sagte: »Nun, Miss Eccleston, die Sache ist so: Dieser Freund von mir glaubt, er besitzt etwas absolut Einzigartiges. Er war bereits in Florenz und hat versucht, sich die Echtheit bestätigen zu lassen. Es überrascht mich nicht, dass der Inhaber dieses Geschäfts bisher kein Glück dabei hatte. Es wollte sich ja auch niemand eindeutig festlegen. Die Sache ist nur -« Melrose wies mit dem Kopf zu dem zweiten Hl. Wer-immer-er-sein-mochte hinüber »- wenn weitere T eile auftauchen sollten, wird Mr. Trueblood schrecklich enttäuscht sein, denn Sie stimmen mir doch sicher zu, dass bei weiteren Tafeln Zweifel an der Originalität entstünden, nicht wahr? Unter den von Ihnen beschriebenen Umständen auch nur eine weitere zu finden, erscheint nahezu unmöglich. Und mehr noch... nun...« Er zuckte die Achseln. Sie nickte mehrmals.
»Mein Vorschlag ist nun folgender: ich kaufe das hier, wodurch sich vermeiden ließe, dass er es sieht, und, Miss Eccleston, falls Mr. Jasperson - oder Sie - noch weitere dieser Art entdecken sollten, informieren Sie mich bitte unverzüglich. Einverstanden?«
Oh, jetzt war sie aber glücklich! »Aber ja, natürlich. Ja.«
Melrose zückte sein Scheckheft, klappte es auf dem Schreibtisch auf, schob die Teedose beiseite und sagte: »Die nehme ich auch.«
»Oh«, machte sie, als hätte er sie gerade gezwickt. »Aber sicher. Die kommt auf dreihundert.«
Melrose stellte einen Scheck über zweitausenddreihundert Pfund aus und riss ihn ab. »Bitte sehr. Ich möchte, dass Sie das Tafelbild hier behalten, bis ich vorbeikommen und es abholen kann. Ich treffe Mr. Trueblood nämlich jetzt und möchte nicht, dass er fragt, was in dem Paket ist.«
»Aber mit dem größten Vergnügen.
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