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Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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abgehängt.«
    »Sie haben doch mich, Diane«, meinte Jury und nahm ihr Feuerzeug, um ihr die Zigarette anzuzünden.
    »Ach, schön wär's«
    »Komisch«, sagte Melrose, »ich erinnere mich ganz deutlich an die Villa San Michele - die prächtigen Deckengewölbe, die verblassten Fresken an den Wänden in der Lobby, den diskreten Service im Speisezimmer und diese spektakuläre Aussicht vom Balkon aus auf Florenz. An die Flageolettböhnchen kann ich mich allerdings gar nicht mehr erinnern.«
    »Da können Sie Gift drauf nehmen«, sagte Agatha, »dass Melrose mit genussvollen Dingen nichts anzufangen weiß.« Dann fuhr sie fort, ein Broccoliröschen auf ihrem Teller herumzuschieben. »Nicht unbedingt, Agatha. Bei Masaccio war es bestimmt nicht so. Es kam so weit, dass ich das Gefühl hatte, ihn zu kennen. Stimmt's, Marshall? Sie, ich und Masaccio: wir drei, wir beglücktes Häuflein Brüder.«
    Gedankenverloren blies Diane ein Rauchwölkchen aus. »Das kommt mir bekannt vor. Ich stimme Melrose übrigens zu.« Da Diane auf der Reise nicht dabei gewesen war, konnte sie sich auf jede beliebige Seite schlagen. »Irgendein Schriftsteller sagte übrigens, Florenz würde gefühlsmäßig absolut überfließen. Es war Henry... Henry... Ach, Sie wissen schon, dieser Schriftsteller, der so vernarrt war in Italien.«
    »Henry James?«, sagte Vivian.
    »Ja, genau der.« Diane blies wieder einen kunstvoll gebildeten Rauchfaden aus. »Wissen Sie was, Superintendent, Florenz würde Ihnen gefallen. Dort gibt es alle möglichen Arten von Verbrechen, wirklich interessante Verbrechen, Morde in der feinen Gesellschaft, so in der Art. Wie hieß noch gleich dieser Graf? Ja, der Conte di Rabilant wurde dort ermordet, glaube ich. Und Sie würden in der Uniform der carabinieri sicher stattlich aussehen. Sehr chic.« Diane schenkte ihm ihr schwülsinnliches Lächeln. »Woran arbeiten Sie denn gerade?«
    »An einer Schießerei.«
    Das interessierte Diane. »Erzählen Sie uns doch davon, von dieser Schießerei. Vielleicht können wir ja helfen, vielleicht können wir die eine oder andere gute Idee beisteuern. Wovon Sie sich ja bereits -« Diane breitete ihren mit schwarzem Samt bedeckten Arm aus »- überzeugen konnten!«
    »Das konnte er in der Tat«, bemerkte Melrose.
    Trueblood stieß einen zwischen Schluckauf und Gelächter angesiedelten Laut aus.
    »Träumen Sie ruhig weiter, Diane.«
    »Man kann aber doch nie wissen, wie die Einzelheiten auf jemanden wirken, der mit dem Fall absolut nicht vertraut ist. Meinen Sie nicht auch, Superintendent? Wenn man etwas zu lange anschaut, wird es einem so vertraut, dass es einem vorkommt, als sei es schon immer so gewesen.«
    »Wovon reden Sie eigentlich?«, wollte Trueblood wissen.
    »Ich fand das recht treffend ausgedrückt«, sagte Jury. »Nur, sehen Sie, heute ist doch Weihnachten. Können wir denn nicht einmal Urlaub machen vom Verbrechen?«
    Nachdem Ruthven und sein junger Gehilfe die Speiseteller abgeräumt hatten, erschien der alte Butler mit dem Weihnachtspudding, den er vor Melrose hinstellte. »Möchten Sie, dass ich es mache, Sir?«
    »Nein. Das ist doch mein größtes Vergnügen. Darauf freue ich mich das ganze Jahr. Reichen Sie mir das Feuerzeug.«
    Ruthven gab ihm ein Feuerzeug, wie man es zum Anzünden von Zigarren verwendete. Dann wickelte er eine Serviette um eine Flasche Champagner und schenkte reihum ein.
    Melrose klickte das Feuerzeug an und hielt es an den unteren Rand der Süßspeise. Unter freudigem Gemurmel schössen Flammen empor. Alle klatschten. Melrose stand auf und wartete, bis Ruthven alle Gläser gefüllt hatte, bevor er seines erhob. »Ein Toast! Auf >uns wen'ge, uns beglücktes Häuflein Brüden.« Er blickte in die Tischrunde. »Und Schwestern.«
    Während alle miteinander anstießen, sagte Diane: »Da ist es wieder. Ich weiß doch, dass ich das schon mal irgendwo gehört habe.«
    »Heinrich der Vierte«, sagte Melrose.
    »Ach, natürlich. Der alle die Ehefrauen geköpft hat.«
    »Von mir aus«, versetzte Melrose.
    In jener Nacht fand Melrose sich in seinen Träumen in der Brancacci-Kapelle wieder, wo er einige Maler bei der Arbeit beobachtete, von denen einer Trueblood war. Bloß schien Melrose ihn hier nicht besser zu kennen als die anderen. Er hatte schon eine schrecklich lange Zeit zugesehen - Tage, Woche, Monate? Woher sollte er das wissen? Er war fast am Verhungern. Als er sich umsah, bemerkte er plötzlich, dass jeder Arbeiter ein Lunchpaket dabei hatte, nur er

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