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Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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herauszufahren, um den Wildvögelpark zu besichtigen, weiter nach St. Alban's, wo sie schließlich auf die North Circular Road und die A41 stießen, über die sie ins Zentrum von London gelangen würden oder jedenfalls gelangt wären, wenn sie nicht auf die A-Dingsbums abgefahren, in Hornsley falsch abgebogen und in ganz Finchley und Hornsley und Crouch End herumgeirrt wären - diese ganze Strecke über hatte Melrose also Truebloods Vortrag über die italienische Renaissance und deren Kunst gelauscht.
    Dabei ging es nicht nur um Masaccio, sondern auch um seine sämtlichen Freunde, Lehrmeister und Ausbilder - Masolino, Donatello, Brunelleschi, mit Abstechern (wie vorhin nach Toddington) nach Siena, Pisa und Lucca und von dort wieder zurück nach Florenz zu Michelangelo und dem Manierismus, zu Brunelleschis Domkuppel (war das eigentlich bevor oder nachdem er den Wettbewerb für die Bronzetür des Baptisteriums verloren hatte?) und zu den Südportalen des Baptisteriums, zu denen Pisano die Täfelungen gefertigt hatte, auf denen die acht Kardinaltugenden abgebildet waren (von denen auf dieser Fahrt keine zum Zuge kam), quer durch die lächerlichen Konflikte zwischen Guelfen und Ghibellinen hin zum Palazzo Vecchio und zu den Uffizien und Leonardo und wieder retour durch Giotto und die Entdeckung des perspektivischen Raumes bis zu jenem witzigen kleinen Restaurant direkt am Ponte Vecchio, dessen Namen er vergessen hatte (wobei er leider sonst nichts vergessen hatte).
    So kam es also, dass Melrose, als Trueblood vor Boring's schließlich mit quietschenden Bremsen zum Stehen kam, sich fühlte, als hätte ihn jemand mit dem Elektroschock Gerät bearbeitet.
    »Also, ich fahre dann los zu Ellie Ickley. Wir dinieren im Fiesole. Sie liebt Florenz abgöttisch, hat zehn Jahre dort gelebt und es quasi mit allen Fasern aufgesogen! Sie sind aller herzlichst eingeladen, uns Gesellschaft zu leisten.«
    »Danke, aber ich bin schon mit Jury verabredet.«
    Trueblood jagte den Motor hoch, winkte ihm zu und schoss davon.
    Als Melrose bei Boring's eintrat, fühlte sich sein Hirn wie gestoßene Butter an, obwohl ihm, wie er annahm, nur ein grober Abriss verpasst worden war, sozusagen Pinselstrich für schweren Pinselstrich. Man stelle sich die beiden vor, Trueblood und die Ickley, wie sie sich gegenseitig Kachel für Kachel, Backstein für Backstein mit den Details von Brunelleschis an manchen Stellen fischgrätverstärkt selbsttragender Kuppelkonstruktion überhäuften. Melrose fühlte sich alles andere als selbsttragend. Ein Abendessen, eingekeilt zwischen Florenz-Enthusiasten, Firenze-Fanatikern! Er würde glatt zu Pestosauce zerquetscht, in Tortellini gestopft, wie Pecorino zerrieben werden. Solange Trueblood allein in Florenz herumrannte, bliebe Melrose wenigstens die ein- bis zweistündige Erörterung über Giorgio Vasaris Beitrag zur Kunst erspart (Giorgio Armani war eine ganz andere Geschichte).
    Boring's hatte sich, wie Melrose erfreut feststellte, vom Schock über den Mord an einem seiner Mitglieder vor einem Jahr wieder ganz erholt und war in seinen üblichen verschlafenen Zustand zurückgesunken. Selbst die Fliege auf dem Pergamentlampenschirm, durch den sich gedämpftes goldenes Licht im blank polierten Mahagoniholz der Wendeltreppe widerspiegelte, die sich bis zum oberen, für Melrose nicht einsehbaren Treppenabsatz hinaufwand, und seines Wissens durch die Decke bis in die himmlischen Gefilde einer Boringschen Spielart von Brunelleschis Kuppel führte, - selbst diese Fliege auf dem Schirm der Schreibtischlampe also schien unfähig zur Bewegung und würde einen eventuellen Schlag mit der Fliegenpatsche vermutlich einfach verschlafen.
    Es war unwiderstehlich, dieses Gefühl, wie durch ein Beet von Zuckersirup zu waten, und er spürte, wie seine Augenlider schwer wurden. Er schüttelte den Kopf, um es loszuwerden. Ihm war, als würde er schon seit Stunden so dastehen. Bei Boring's gingen die Uhren anders, Greenwicher Zeit war hier überhaupt nicht maßgeblich. Wahrscheinlich, dachte Melrose, saß Boring's mitten im Herzen der verrückten modernen Wissenschaft von der Chaostheorie.
    Als immer noch keiner gekommen war und sich um ihn kümmerte, überlegte er, ob seine im Zuckersirup feststeckenden Füße ihn vielleicht in den Klubraum katapultieren und dort Whisky und einen Kellner für ihn auftreiben könnten. Wenn schon einschlafen, dann doch wenigstens vor einem prasselnden Feuer, einen Drink in der Hand und in einem bequemen,

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