Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz
das Gesicht und sagte: »Sauberkeit kommt gleich nach -«
»Hundehaufen«, unterbrach sie Benny.
Sie kippelte auf den Hacken nach hinten, fing sich aber gleich wieder und bearbeitete erneut sein Kinn mit dem feuchten Taschentuch.
Als Benny jedoch merkte, dass die alte Dame lachte, fühlte er sich gleich besser, als säße in diesem frostigen Raum noch jemand, mit dem er seine Gefühle teilen konnte. Er sah, wie sie ihre Geldbörse aufmachte, offenbar um ein paar Geldscheine herauszunehmen, und abwartend sitzen blieb.
Als Miss Magenta wieder zum Wasserspender ging, um so richtig in Sauberkeit einzutauchen, stellte sich die Dame überraschend behände zwischen den Wasserspender und Benny. Sie stopfte ihm ein paar Scheine in die Jackentasche und flüsterte:
»Ich sorge für Ablenkung, und sobald sich die anderen um mich kümmern, rennst du los wie der Teufel.«
»Wer ist diese Frau?«, fragte Miss Magenta in etwas bedrohlichem Ton, als dürfte man, wenn das Jugendamt einen erst einmal geschnappt hatte, keine zufälligen Begegnungen mehr haben. Von jetzt an würde nichts mehr dem Zufall überlassen bleiben.
Die teuer gekleidete Dame rief zu ihr hinüber: »Er erinnert mich so an meinen Enkel. Ich heiße Irene Albright.«
Als Miss Magenta das feuchte Taschentuch endlich wegsteckte, ertönte plötzlich lautes Stöhnen, und Irene Albright brach auf dem Fußboden zusammen. Der Constable, der Sergeant am Dienstschreibtisch, Miss Magenta und noch ein paar andere eilten ihr zu Hilfe. Benny war allein, die Tür hinter ihm nur ein paar Schritte entfernt. Ganz vorsichtig ging er mit Sparky rückwärts hinaus, und schon waren sie auf dem Bürgersteig, wo sie sich beide umdrehten und wie der Teufel losrannten. Als Benny und Sparky mit dem Kotelett- und Kammstückpaket zum Lodge kamen, saß Gemma mit ihrer Puppe schon auf der Bank und wartete. Mrs. MacLeish, die Köchin, hatte etwas von einer morgendlichen Lieferung erwähnt, und wie immer war Gemma herausgekommen, um neben dem Tor zu warten. Sie nahm das Fleisch in Empfang und ging in die Küche. Sie sei gleich wieder da, rief sie ihm über die Schulter zu.
Benny kletterte auf das Brett, das zwischen den Ästen einer Silberbuche festklemmte, und wartete. Kaum war eine Minute verstrichen, war Gemma wie versprochen wieder da. Atemlos fragte sie: »Was ist ein Kammstück? Ich esse doch keinen Kamm.« Sie kletterte hinauf und setzte sich Benny gegenüber in den Baumsitz.
»Das isses nich - äh, es ist kein >Kamm<, sondern irgend so ein Teil vom Schwein, das zwischen den Schulterblättern sitzt... Ich glaube, ich esse von jetzt an kein Fleisch mehr. Ich finde es schrecklich, dass das Schwein geschlachtet wird, bloß damit wir Koteletts und Kammstücke haben. Und Mr. Gyp finde ich inzwischen eigentlich auch ziemlich ätzend.«
»Den hasse ich. Der trieft von Blut. Manchmal frag ich mich, ob Fleischer eigentlich Tiere hassen, und ob sie deswegen Fleischer werden.«
Snowball, Katherine Riordins Katze, war aufgetaucht und wollte Sparky ärgern. Snowball fauchte.
»Gyp kann Sparky nicht leiden. Das merke ich.«
Gern schüttelte ihr schwarzes Haar, so dass sich das blitzende Sonnenlicht darin fing. »Ich werd kein Fleisch mehr essen.« Das sagte sie so, als ob Benny es nicht gerade schon gesagt hätte.
»Gestern war ein Polizist hier.«
»Das ist der Gleiche, der auch im Buchladen war.«
»Er hatte aber keine Uniform an. War wahrscheinlich sein freier Tag.«
»Das ist doch ein Detektiv. Die tragen keine Uniform.«
»Hmm, eine Waffe hatte er auch nicht.« »Die tragen doch keine Waffen.« Benny war sich nicht sicher, ob es stimmte, sagte es aber so, als sei er sich sicher. So hielt er es mit den meisten Dingen, die er behauptete, denn mit Unsicherheit kam man nicht weit.
Gern zog der Puppe das Häubchen ab und inspizierte den Kopf. »Aber wenn es einen Kampf gibt, dann könnten sie doch getötet werden, wenn sie keine Waffe haben.«
»Die Polizei meint, eine Waffe zu tragen, macht es nur noch schlimmer, weil dann die Verbrecher eher schießen.« Das, fand er, war wirklich eine clevere Idee. Vielleicht hatte er es irgendwo gelesen. »Wenn er keine Waffe hat, was kann er dann tun, falls wieder jemand versucht, mich zu erschießen?
Benny schaute hinauf durch die Blätter des großen Baumes, die in der Brise leicht zitterten, und spann den Gedanken weiter: Dieser Detektiv von Scotland Yard hatte die Gefahr, in der Gern sich befand, also nicht einfach abgetan. Benny runzelte
Weitere Kostenlose Bücher