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Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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die Stirn, konzentrierte sich auf den Gedanken. Aber Gemma - wieso Gemma? Wieso sollte jemand sie loswerden wollen? Weil der alte Mr. Tynedale sie so gern hatte? Weil jemand fürchtete, er würde das meiste von seinem Geld Gemma schenken?
    »Denkst du gerade nach?« Gemma kletterte hinunter. »Ich hol ein bisschen Weihwasser und ein Handtuch. Bin gleich wieder da.«
    Benny knurrte, hörte bloß mit halbem Ohr zu. Sparky rannte Gern hinterher, offenbar um sie zu beschützen.
    Wusste Gemma etwas, von dem ihr nicht klar war, dass es wichtig war, und musste jemand dafür sorgen, dass sie es nicht weitererzählte? Oder besaß sie vielleicht etwas Wichtiges... Benny fuhr ruckartig hoch - ein Film fiel ihm ein, den er mal gesehen hatte (viele hatte er nicht gesehen) - und starrte die namenlose Puppe an. Er riss erschreckt die Augen auf. Vielleicht war die Puppe innen gar nicht hohl. Vielleicht hatte jemand sie aufgemacht, um Juwelen oder Drogen oder sonst etwas darin zu verstauen, und sie dann wieder zugenäht. Der Oberkörper bestand aus einer fest ausgestopften Stoffhülle, Kopf und Glieder waren dagegen aus hartem Kunststoff. Er nahm die häubchenlose, kahlköpfige Puppe in die Hand und stupste heftig mit dem Finger dagegen, hielt sie sich ans Ohr und schüttelte sie.
    »Was machst du denn da mit Richard? Setz ihn hin!« Gern ließ das mitgebrachte Handtuch fallen, kletterte auf den Sitz und nahm die Puppe.
    Benny starrte erst sie und dann die Puppe an. »Richard? Richard?«
    »Bin ich draufgekommen, als ich bei R war.« Sie hielt die Puppe gegen ihre Schulter und klopfte ihr tröstend auf den Rücken, weil man so ungeheuerlich mit ihr umgegangen war.
    Benny beugte sich zu ihr hinüber. »Bei R waren aber doch Namen wie Ruth, Rachel oder Rebecca dabei. Richard ist ein Jungenname!«
    »Weiß ich doch. Es ist ja auch ein Junge. Ein Mädchen würd ich doch nie Richard nennen. Wir haben uns eben alle geirrt.« Gern hatte nicht die Absicht, den Irrtum auf die eigene Kappe zu nehmen.
    »Sie kann aber kein Junge sein. Nicht nach der ganzen Zeit!« Benny rutschte vom Baum herunter und ging unruhig hin und her. Sparky machte wuff. Es war zum Aus-der-Haut-Fahren! Wollte sie ihn etwa veräppeln?
    Er sagte: »Guck doch mal, wie sie angezogen ist, schon die ganze Zeit, in diesem langen Frauenkleid!«
    Gemma meinte ganz nüchtern: »Das ist ein Taufkleid. Das geht für beide. Schau mal -« Sie lüpfte das Kleid der Puppe und deutete seelenruhig auf die leere Stelle zwischen den Beinen. »Siehst du? Nichts.«
    Benny lief rot an vor Wut. Und was die für ein selbstgefälliges Gesicht machte!

22
    Aus dem Nebel, der über der Themse lag, erhob sich die Waterloo Bridge, eine schlankere, stromlinienförmigere, etwas reduzierte Version jener Brücke, die während des Krieges dort gestanden hatte. Die alte Waterloo Bridge hatte Benny nie gesehen, aber Mags hatte ihm in alten Zeitschriften Abbildungen davon gezeigt. Es war immer noch ein beeindruckender Anblick, wie sie da emporragte, hinter ihr die South Bank, über ihr zahllose Sterne und ein schillernder Mond. Benny träumte so vor sich hin, während er die von Sternen bekrönte Brücke betrachtete, bis ihn Sparky am Schuh stupste, damit er endlich den Inhalt des Päckchens von Mr. Gyp verteilte.
    So sah Benny die Waterloo Bridge jedes Mal, wenn er nach Einbruch der Dunkelheit in sein behelfsmäßiges Quartier am Themseufer zurückkehrte. Im Dezember war es jetzt immer schon dunkel, wenn er mit der Arbeit fertig war. Oft blieb er noch im Moonraker und half aus, denn Miss Penforwarden war mit ihrer Arbeit oft im Verzug: Beispielsweise mussten Benachrichtigungen über die neuen Bücher, die sie besorgt hatte, an die Kunden auf ihrer Versandliste geschickt werden. Und es galt viele Bücher an Leute zu liefern, deren Namen in einer von diesen runden Rolodex-Karteien verzeichnet waren.
    Benny war immer wieder überrascht, wie viel Arbeit sie hatte und wie wenig sie sich darüber beklagte. Abgesehen von ein paar aufgeregt suchenden Blicken hier und da nach etwas, das sie verlegt hatte. Und einem gelegentlichen Na, wo steckt der denn? Ihr Bleistift, Miss Penforwarden? Hinter Ihrem Ohr. Die Brille? Sitzt auf Ihrem Kopf. Das fand sie schrecklich amüsant, und Benny glaubte, es hatte damit zu tun, dass sie sich nie über sich selbst ärgerte und sich nicht vor sich selber schlecht machte, wozu die meisten Leute (Benny übrigens inbegriffen) nämlich neigten. Benny beschloss, auch so zu werden, denn

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