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Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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hat? Ist es zuverlässig?«
    Trueblood nickte.
    »Was ist mit der Provenienz? Wo hat er es gefunden?«
    »Sie. Die Frau, die es mir verkauft hat, behauptete, sie habe es in San Giovanni Valdarno entdeckt.«
    »Das spräche schon mal dagegen. Wie kommt jemand überhaupt auf den Gedanken, es könnte sich um einen Teil des Pisa-Polyptychons handeln, und bietet es zum Verkauf an? Ausgeschlossen. Wie viel haben Sie dafür bezahlt, wenn ich fragen darf?«
    »Zweitausend Pfund.«
    Prada nickte. »Unter anderen Umständen ziemlich viel Geld, aber nur ein Bruchteil dessen, was es wert wäre, wenn es komplett wäre und echt. Sie sagten, es wurde auf seine
    Materialeigenschaften überprüft?«
    »Ja«, sagte Trueblood, »so gut es eben ging in der kurzen Zeit.«
    Prada ging wieder zur Staffelei hinüber. »Ist es vielleicht Johannes der Täufer? Er besitzt die gewichtige Gestalt, die man in Masaccios Werken findet. Das Chiaroscuro - dieser Schatten hier -«, er deutete auf etwas an der Seite, das Melrose nicht einmal erkennen konnte, so subtil war es, »- ist Masaccio, ja? Und die räumlichen Effekte. St... Sie wissen natürlich, dass Masaccio der Erste war, der sich Brunelleschis architektonisches Konzept der Perspektive zunutze machte, ja? Die sich verjüngenden Diagonalen, die eine Illusion von Realität vermitteln. Mittelpunkt, Fluchtpunkt. Die Heilige Trinität haben Sie gesehen?«
    Beide brummten etwas, das sich hoffentlich nach »Selbstverständlich !« anhörte.
    Tomas Prada lächelte durchgeistigt. Er hätte mühelos einen Platz auf einem von diesen Tafelbildern einnehmen können.
    »Glaube ich nicht. Ich glaube, Sie waren noch nicht in Santa Maria Novella.«
    Was zum Teufel wurde hier eigentlich gespielt? Hatte Prada vor, sie einem Lügendetektortest zu unterziehen? Reichte es diesen Italienern denn nicht, dass sie den ganzen Weg von London hierher gekommen waren? Und auf der Suche nach einer Antwort quer durch die halbe Toskana gefahren waren?
    »Da müssen Sie natürlich hin. Masaccio hat nämlich zwischen dem Stil des Triptychons in San Giovanni und der Heiligen Trinität einen bemerkenswerten Sprung vollzogen. Kein anderer Maler, nicht einmal Leonardo da Vinci, hat sich so rasch und mit so erstaunlichen Resultaten gewandelt. Dieses Deckengewölbe müssen Sie sehen. Die Perspektive, die Schattierung, den Fluchtpunkt. Interessant ist dabei, dass bei der Lehre von der Erlösung die Grenzen von Raum und Zeit aufgehoben sind, dass sie sich wie bei einer sfumatura verwischen. Christus gibt sich einmal hin, aber dann haben wir das Abendmahl, wo er sich immer wieder hingibt, niemals endend, in vollkommenem Widerspruch zu Raum und Zeit. Verstehen Sie? Die sich verflüchtigenden Diagonalen vermitteln die Illusion von Realität, so dass man, wenn man die Gestalten auf dem Gemälde als real sieht, an den Gegenstand glaubt. Masaccios Theologie war die Perspektive.«
    Während er dies sagte, betrachtete er Truebloods Gemälde.
    »Um zu sehen, welche Teile des Carmine-Polyptychons wieder aufgefunden wurden, müssten Sie nach Wien, Berlin und natürlich London gehen. Die National Gallery beherbergt -«, Prada dachte nach , »- das mittlere Tafelbild, glaube ich. Die Madonna mit dem Kinde. Das vollständige Predella-Ensemble befindet sich in Berlin. Das hier«, - er tippte auf Truebloods Bild -, »wäre dann wohl einer der Flügel gewesen, eine der Seitentafeln neben der Madonna. Vermutlich der Hl. Johannes oder der Hl. Nikolaus. Ich meine, vorausgesetzt, das Bild ist echt.«
    Melrose' Blick fuhr blitzschnell zu Trueblood hinüber, um zu sehen, ob nun, nachdem es zweimal erwähnt worden war, auch eine Reise nach Berlin anstand, doch Trueblood war völlig gefesselt von Tomas Pradas Worten.
    Im Augenblick lächelte Prada. »Vielleicht muss ich mich zu meinem Freund Di Bada gesellen, zu den Schwankelmütigen - «
    »Wankel«, sagte Melrose, sein Lächeln erwidernd.
    »Si. Nur - da ist doch noch etwas, was mich sehr verwundert, Mr. Trueblood.«
    »Was denn?«
    »Nun, verstehen Sie, was wir über das Pisa-Polyptychon in seiner Gesamtheit wissen, das wissen wir nur aus Vasaris Beschreibung. Wir sind nicht in der glücklichen Lage, diese Teile in einem Katalog oder als Druck zu sehen, habe ich Recht? Wenn es also eine Fälschung ist, wovon wurde es dann kopiert?«
    Trueblood wirkte verdattert. »Eine gute Frage, eine gute Frage, Signore Prada.«
    Prada seufzte. »Eine gute Frage - mag sein. Ich glaube aber, eine bessere Frage wäre

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