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Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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vielleicht: >Können Sie ohne die Antwort leben ?<«
    Trueblood überlegte. »Könnte ich, würde ich aber lieber nicht.«
    Er schlug mit dem Kopf aufs Armaturenbrett, lange und ausgiebig.
    »Tun Sie nicht so dramatisch«, sagte Melrose, während sie die kurvenreiche Landstraße von Pradas Haus wieder hinunter fuhren.
    »Wieso haben wir bloß nicht dran gedacht, wovon das Bild kopiert war? Es ist so offensichtlich.« Melrose genoss das Gefühl, mit diesem Wagen durch die toskanische Landschaft zu rollen, die selbst im Dezember grünte und blühte. Obwohl sie erst seit drei Tagen hier waren, kam es ihm wie Wochen, ja Monate vor. Reisen vermittelte einem diese Art von Intensität. Ansichten und Erlebnisse ballten sich zusammen, so dass man am Ende dachte, nein, ich habe doch bestimmt eine Woche gebraucht, um das zu sehen, nicht bloß eine Stunde.
    Die Finger seiner behandschuhten Hand auf dem Lenkrad (er trug seine neuen Handschuhe) klopften den Takt zu einer kleinen Melodie. Er war gut gelaunt. Trueblood kauerte, in nichts weiter als in seine eigenen Gedanken versunken, auf dem Beifahrersitz und drehte sich nur ab und zu, zu dem Gemälde um, das auf dem Rücksitz lag, inzwischen unverhüllt, da es nichts mehr zu verbergen hatte.
    Zum Abendessen verspeisten sie dann in der Villa San Michele einen köstlichen, mit dem Netz aus einem himmlischen Strom gefangenen Fisch. Zum Dessert gab es Souffle Grand Marnier. Als sie fertig waren, bat Trueblood den Ober, ihnen Kaffee und Cognac draußen auf der Terrasse zu servieren. »Fa caldo, Signore.«
    »Si«, versetzte Trueblood, ohne sich Gedanken zu machen, ob es so war oder nicht. Der Ober brachte die Getränke und zog sich zurück.
    »Ach, sind die immer feierlich«, meinte Melrose und lachte. In der Dunkelheit blickten sie hinunter auf Florenz, dessen Lichter sich wie Sternschnuppengestöber über die ganze Stadt breiteten.
    Trueblood stieß einen tiefen Seufzer aus. »Morgen reisen wir ab.«
    Sie nippten ihren Cognac, steckten sich Zigaretten an. Während er in der zart duftenden Luft stand, überkam Melrose plötzlich ein Gefühl tödlicher Stille. Da war er nun also an einem Ort, an den er erst gar nicht hatte kommen wollen und den er nun nicht mehr verlassen wollte. Er verspürte eine schreckliche Sehnsucht hier draußen, ihm war direkt zum Heulen zumute. Bilder flackerten im Bewusstsein
    auf und ab: die mit Weinranken überwucherten Türme von San Gimignano und seine stufigen, steilen Sträßchen; das verschwörerische Zwinkern des Jungen, der aus dem Foltermuseum gescheucht worden war; Siena, in warme Erdtöne getaucht mit seinen violett überschatteten Straßen; die blaue Tür des Hauses in Lucca; das Echo im Treppenhaus ihres kleinen Hotels.
    »Vielleicht«, sagte Melrose, »hatte Diane am Ende doch Recht.« »Inwiefern?«
    »Florenz sehen und sterben.«
TEIL III - Mondscheinsonate

26
    Am Ende war es dann nicht Oliver Tynedale, der aus gesundheitlichen Gründen bei Simon Crofts Beerdigung vor zwei Tagen fehlte, sondern Simons Schwester Emily. Ihrem Herzen waren die beschwerliche Reise und die psychische Belastung einfach nicht zuzumuten. »Er sah erstaunlich munter aus«, hatte Mickey über Oliver Tynedale bemerkt. »Überhaupt nicht wie einer, der schon in den Neunzigern ist.« Mickey war auf der Beerdigung gewesen, hatte sich aber etwas abseits unter die regennassen Bäume gestellt.
    Jury hatte gehofft, im Anschluss an die Beerdigung mit Emily Croft sprechen zu können, aber weil das nun nicht ging, musste er eben nach Brighton fahren.
    Brighton im Dezember war zwar immer noch eine recht lebhafte Stadt, hatte jedoch wenig Ähnlichkeit mit dem
    Brighton im Juni oder August. Jury hatte oft das Gefühl, dass es kaum etwas T rostloseres gab als ein Seebad im Winter. Er lief über einen Strand, der weniger aus Sand denn aus feinem Kies und zerbrochenen Muschelschalen bestand, und lauschte dem Rauschen der Wellen, dem Zischen und Wispern der schäumend ans Ufer rollenden Flut. Als Kind war er öfter hier gewesen. Es war eine Erinnerung, die sich nun wie die Flut zurückzog. Er war sich nicht mehr sicher, ob er sich auf sein Gedächtnis verlassen konnte.
    Emily Croft war ein Fädchen, das sich aus den engmaschig miteinander verknüpften Croft- undTynedale-Klans herausgetrennt hatte. Er war nicht in der Erwartung oder gar mit dem Wunsch hierhergekommen, dass sie alle möglichen Geheimnisse über die anderen herausrücken würde. Allerdings verwunderte es ihn schon, dass

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