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Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Mann aus dem Bett stieg. Er war sehr groß gewachsen, bestimmt so groß wie Jury selbst, und dünn (dabei nicht gerade ausgemergelt). Er ging auch nicht gebückt oder wie unter Schmerzen in sein Bad und war gleich wieder draußen, seine Sauerstoffmaschine auf einem Edelstahlwägelchen auf Rollen hinter sich her ziehend.
    »Hätten Sie nicht auch gern so eins?«
    »Meine Güte, ja. Den Schlafanzug hätte ich aber auch recht gern.« Der war über und über mit Mickey, Goofy und Tweetie Bird bedruckt.
    Oliver, der den Rollwagen hinter Jury stehen lassen und sich auf die Bettkante gesetzt hatte, blickte an seinem Schlafanzug herunter.
    »Ha, kriegen Sie aber nicht, außer ich beschließe irgendwann, ich muss Sie bestechen. Ich kenne übrigens den Polizeipräsidenten. Vorsicht, Vorsicht also, mein Lieber.«
    Er schwang die Beine hoch und unter die Bettdecke und lehnte sich mit einem Seufzer in die Kissen zurück.
    Kein Wunder, dass sein Sohn Ian so umgänglich war. Er hatte die heitere Natur und die schwungvollen Gene seines Vaters geerbt.
    Doch dann veränderte sich Olivers Gesichtsausdruck, und er sah zu dem großen Fenster hinüber, das nur den trüben, austernfarbenen Himmel offenbarte und ein paar schwarze Zweige, die leicht an die Scheibe schlugen. Er war plötzlich schlaff geworden.
    »Mr. Tynedale?«
    Oliver blickte zu Jury hinüber. »Ja, so ist das - einen Augenblick lang vergisst man es. Man vergisst, was geschehen ist. Vielleicht ist das auch die gnädige Seite des Lebens. Simon war wirklich wie ein Sohn für mich. Das war er wirklich.«
    Jury beugte sich zu ihm hin und legte dem alten Mann die Hand auf die Schulter. Die Geste schien so natürlich, dass er nicht zögerte. »Es tut mir Leid. Es tut mir aufrichtig leid.«
    Oliver seufzte und zog sich die Decke bis unters Kinn hoch wie ein Kind. Er schaute sich im Zimmer um, als ob etwas vom Wesen Simon Crofts irgendwie plötzlich Gestalt angenommen hätte und in dem Sessel dort drüben säße, am Fenster stünde und hinuntersähe oder ein Buch aus dem Regal zöge. Jury überlegte, ob die Luft wohl vor Traurigkeit dünn werden würde, so dass sie alle Sauerstoff brauchten.
    »Wenn Sie mich jetzt fragen, ob mir jemand einfällt, der das getan haben könnte? Nein.«
    Jury dachte einen Augenblick nach. »Wie ich hörte, schrieb Simon Croft an einem Buch. Hat er eigentlich mal darüber gesprochen?«
    Oliver schien diese Wendung des Gesprächs zu verwundern. »Das Buch über den Krieg und den Angriff auf das Pub? Sein Vater Francis hatte nämlich ein Pub, wissen Sie -«
    »Ja, ich weiß, das Blue Last. Ich weiß auch, dass es im Dezember 1940 bombardiert wurde. Mickey Haggerty hat es mir erzählt.«
    »Ja. Mit seinem Vater war Francis sehr gut befreundet. Ich kannte Haggerty ebenfalls, wenn auch nicht so gut. Seinen Sohn kenne ich eigentlich nicht richtig, außer von dem einen Mal, als ich versuchte, ihm auszuhelfen, ich weiß aber aus berufenem Munde, dass er ein sehr guter Polizist ist. Ich glaube, Simon hat das Buch wirklich mit großem Vergnügen geschrieben - obwohl >Vergnügen< vielleicht der falsche Ausdruck ist. Ich will damit sagen, er hatte das Gefühl, wenn er sich damit beschäftigte, tat er etwas Gutes für sich und für uns andere vielleicht auch. Eine Art Sühne oder Abbitte, obwohl wir keine Sünden auf uns geladen hatten. Er verarbeitete etwas. Aber wieso fragen Sie nach dem Buch?«
    »Weil von ihm jede Spur fehlt. Es gibt kein Manuskript, keine Aufzeichnungen. Crofts Laptop fehlt ebenso wie die Disketten, vorausgesetzt, es waren welche da, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es keine gab. Nach allem, was ich gehört habe, war er ein sehr gewissenhafter Mensch. Er hätte seine Arbeit doch abgespeichert.«
    »Ich weiß, dass ein Manuskript existierte. Er hat mir ab und zu daraus vorgelesen, wohl um zu sehen, ob er meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen könnte.« Oliver tippte sich an die Schläfe. »Er hoffte, wenn er mit Einzelheiten aufwartete - Sie wissen schon, eine Szene beschrieb, Einzelheiten aufführte - , würde ich mich nach und nach erinnern, so wie wenn einem -«, mit ausladender Geste deutete er über den ganzen Raum, »die Beschreibung eines Sessels oder Sofas dabei hilft, dass man plötzlich jemanden aus der Vergangenheit darin sitzen sieht.«
    Was Jury soeben getan hatte.
    »Die haben das verdammte Ding mitgenommen? Das Manuskript?«
    »So viel wir wissen, ja. Ich habe mich nicht gefragt, ob es existiert, sondern ob etwas

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