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Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Granatsplitter, solche Sachen. Erstaunlich, was die forensische Anthropologie alles kann. Was man mit der Rekonstruktion eines Gesichts anhand des Schädels, mit der Knochenstruktur alles machen kann.«
    Sie betrachtete ihre Hände und blickte dann wieder auf dem Schreibtisch umher, als suchte sie irgendetwas. Sie suchte, dachte Jury, schlicht und einfach nach Zeit.
    »Ich würde gern mehr über Mrs. Riordin erfahren. Sie sind ihr sehr zugetan.«
    »Sicher. Zwar hasse ich Klischees, aber sie ist wie eine Mutter zu mir.«
    Jury fragte sich, wieso Maisie nicht die andere Seite sah, die logische Schlussfolgerung. »Wie kam es, dass sie eingestellt wurde?«
    Maisie überlegte. »Hm, sie war gerade aus Dublin herübergekommen - wie so viele junge Irinnen. Sie war recht jung, ein bisschen jünger als meine Mutter Alexandra. Meine Mutter ging zu einer Stellenvermittlung und fand sie. Dort hatte Kitty natürlich nicht gesagt, dass sie ein Baby hatte, weil sie wusste, dass die Vermittlung sie dann nicht in die Liste aufnehmen würde. Sie hoffte, dass die Leute, die sie zu einem Gespräch einluden, Verständnis haben würden. Sie hatte Glück, dass es Alexandra war, die - wie man mir erzählte - der verständnisvollste Mensch auf der Welt war.«
    »Wie lange war sie schon bei Ihnen, bevor der Bombenangriff im Dezember passierte?« Ihm fiel auf, dass sie von »meine Mutter« und »Alexandra« sprach und nicht von »Mum« oder »Mummy«. Maisie hatte ihre Mutter zwar nie richtig gekannt, aber trotzdem...
    »Etwas über ein Jahr. Ich glaube, es war direkt nachdem ich zur Welt gekommen bin.«
    »Mochte Ihr Großvater sie denn?«
    »O ja. Wenn Kitty nicht gewesen wäre, wäre ich tot.« »Und sie lebte danach mehr oder weniger mit und für die Familie.«
    »So ist es. Ich habe mich oft gefragt, wieso sie nicht wieder geheiratet hat. Sie hätte bestimmt wieder einen Mann finden können.«
    »Sind die Familienbande so eng, dass man sich, hm, vielleicht etwas eingeengt fühlte?«
    Sie ließ es sich durch den Kopf gehen. »Nicht unbedingt auf negative Art. Wir sind einander sehr verbunden, ja.«
    »Das Problem ist nur - wenn man einen Strang herauszieht, trennt sich das Ganze auf.«
    »Finden Sie das nicht ein wenig an den Haaren herbeigezogen ? Wenn einer von uns auf die Nase fällt, muss das nicht heißen, dass es allen so ergeht.«
    »Vielleicht schon. Vor allem, wenn man nicht weiß, wer sich wirklich etwas hat zuschulden kommen lassen.«
    Maisie fuhr sich mit der Hand durch ihr schwarzes Haar, das sich gleich wieder ordentlich legte. Er stellte sich vor, dass es sich mit den Wirrungen der Vergangenheit ebenso verhielt: wie die friedliche Oberfläche eines Sees, die, von Wind und Regen gepeitscht, gleich wieder spiegelglatt wurde.
    Er überlegte, ob Maisie womöglich deshalb nicht geheiratet hatte, weil die Vergangenheit und das Schicksal dieser beiden Familien sie nicht losgelassen hatten. Oder aus einem anderen, vielleicht etwas prosaischeren Grund. An Gelegenheiten hatte es ihr bestimmt nicht gefehlt. Dafür war sie zu attraktiv, zu intelligent und zu reich. Schon allein das Geld hätte einen Anreiz geboten.
    Sie hatte sich erhoben und stand, die Füße an den Fesseln gekreuzt, mit gesenktem Gesicht an den Schreibtisch gelehnt.
    »Mein Vater war in der Royal Air Force, hoch dekoriert. Er hatte das Viktoriakreuz.«
    Wieder fühlte sich Jury in etwas hineingezogen, das er nicht begriff.
    »Meiner auch. Ich meine, er war in der Royal Air Force. Er wurde über Dünkirchen abgeschossen.«
    »Das tut mir Leid.«
    Es überraschte Jury einigermaßen, dass sie es offenbar ernst meinte. »Das ist schon lange her.«
    Sie nickte. »Das soll jetzt nicht nach Selbstmitleid klingen, aber ich fühle mich wirklich betrogen, nicht nur, weil ich meine Mutter und meinen Vater verloren habe, sondern auch, weil ich keinerlei Erinnerung an sie habe.«
    »Das wäre bloß eine andere Version.«
    »>Version    »Dessen, was sich wirklich zugetragen hat. Der Realität, meine ich. Wie gut können wir uns denn überhaupt an etwas erinnern? Wie gut erinnern wir uns an gestern?«
    Nun lächelte sie zum ersten Mal. »Ach, das ist doch Sophisterei. Oder vielleicht tröstet es Sie tatsächlich, so zu denken.« Sie war vom Schreibtisch an das dahinter liegende Erkerfenster getreten.
    »Oh, ich bin nicht zu trösten«, entgegnete er. Seltsam erschöpft stand er auf und ging ebenfalls ans Fenster hinüber. Sie standen schweigend da. Der Erdboden war vom

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