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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Verzeihung, das interessiert Sie jetzt sicher weniger. Ich mußte ihn dazu bringen, das Zimmer zu verlassen. Also bat ich um ein paar Pralinen, sagte, ich spürte einen schrecklichen Anfall von Angst nahen, und er wußte natürlich über mein Problem mit Pralinen Bescheid. Über die Bänder auch.
    Aber, wissen Sie, meine Herren, an eine Sache hatte ich nicht gedacht. Hätten Sie auch nicht. Alkoholiker sind oft nach Süßigkeiten süchtig, besonders nach Schokolade. Der gute Doktor öffnete einfach seine Schreibtischschublade, lächelte und hielt mir einen Wispa-Riegel hin. Hm, das war ein Schlag ins Kontor. Bis mir klar wurde, daß ich bei meiner Inszenierung vergessen hatte, daß ich mich für Schokolade in der Form überhaupt nicht interessiere, nur für Pralinen. Ich frage mich, ob das mit dem Theater zu tun hat ... mit diesem Stück im Haymarket, das mein Vater - entschuldigen Sie, das tut hier jetzt nichts zur Sache. Also gut, ich sagte ihm, daß ich unter >Schokolade< eher diese kleinen runden Dinger verstehe, jedes an seinem eigenen Platz, eher wie - wissen Sie, wie? Es fällt mir jetzt erst auf ... wie Sitze im Theater. Aber ich schweife schon wieder ab. Dr. Kingsley jedenfalls hat wirklich eine Menge Gutes für mich getan. Also: Der gute Mann verließ sein Sprechzimmer, um eine Schachtel Pralinen zu suchen. Und so weiter. Und nachdem er eine winzigkleine Schachtel von dem Tisch von irgend jemandem gestohlen hatte - hm, da ist wohl der Wunsch der Vater des Gedankens -, gab er sie mir, sagte, er hoffe, daß es mir gleich bessergehen würde, lächelte dieses absolut unschuldige Lächeln und dann -« Sie sah ihre Zuhörerschaft an. »Stimmt was nicht?«
    Es herrschte eine surrende Stille, als könnte Sprache im Ohr nachklingen, so wie ein Blitzlicht im Auge weiterleuchtet. Ein paar Augenblicke lang schien keiner von ihnen bemerkt zu haben, daß sie aufgehört hatte zu reden.
    »Was passierte dann?« fragte Adam Holdsworth und drängte sie mit raschen kleinen Handbewegungen fortzufahren. »Wie ging’s weiter?«
    »Weiter geht’s nicht.« Nachdenklich legte sie einen Finger an die Wange. »Nur eines noch: egal, was Sie vermuten, ich habe größte Zweifel, daß er es getan hat. Was ich von der anderen nicht behaupten würde. Kann man die Briefe jetzt richtig zusammenbinden, Sergeant?«
    Wiggins saß immer noch da, den Stift über dem Notizbuch gezückt. Er sah sie an. »Was?«
    »Das Band. Als ich es abgenommen habe, habe ich mir die Druckstellen angesehen. Es schien nicht richtig zu passen.« Sie sah von Wiggins zu Jury und wieder zu Wiggins.
    Den Blick immer noch ihr zugewandt, warf Wiggins Jury das Briefpäckchen zu. Endlich wieder Routine. »Ich glaube nicht, daß es das ursprüngliche Band ist, Sir.«
    Jury hielt die Briefe in Augenhöhe, schob das Band hin und her. »Ist es auch nicht. Zu neu, zu schmal.« Er sah Lady Cray an. »Wen meinten Sie mit >der anderen<, Lady Cray?«
    »Die Psychiaterin. Sie wissen schon, Dr. Viner. Hm ... ich weiß, Sie mögen sie sehr, Adam, wie alle anderen hier auch. Sie ist so - integer, nicht wahr? Aber mein Instinkt sagt mir, daß da irgendwas nicht stimmt.«
    Jury lächelte und hielt immer noch die mit dem Band zusammengebundenen Briefe hoch. »Soll heißen?«
    Sie sah sie nur alle drei an und seufzte: »Männer.«
    »Ein Packen Karten.«
    Diese neue Stimme in ihrer Runde kam von Alex, der plötzlich durch ein Fenster hereingestiegen war. Jetzt stand er sehr still im Zimmer und starrte auf die Briefe, als handelte es sich um eine Kobra.
    Sein Urgroßvater sagte: »Verdammt, komm doch zur Abwechslung mal durch die Tür. Du benimmst dich immer, als würdest du steckbrieflich gesucht: Tot oder lebendig, wie im wilden Westen.«
    Jury hätte ihn aufgrund der Fotos erkannt, er hätte ihn sogar ohne die Fotos erkannt, dachte er. Alex Holdsworth hatte die Gesichtfarbe seines gutaussehenden Vaters, aber ihre Mimik, ihre Bewegungen, ihre Art zu reden. Das erkannte Jury schon nach den paar Sekunden, die der Junge da stand. Wieder überwältigte ihn das Gefühl von Verlust. Wenn die Dinge anders verlaufen wären, hätte dieser Junge sein Stiefsohn werden können. Nein, dachte er. Nein. Es wäre nicht gegangen, selbst wenn sie nicht gestorben wäre. »Alex?«
    Der Junge schob sich die Haare aus den Augen und sah Jury verständnislos an. »Sir?«
    »Ich bin - wir sind - Polizisten. Von Scotland Yard. Wir untersuchen - eher inoffiziell - den Tod Ihrer Mutter.«
    Einen Moment lang dachte

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