Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht
Meinung äußerte.
Crabbe Holdsworth schwadronierte vor sich hin, wanderte zu der Reproduktion des berühmten Gemäldes mit dem Dichter (als könnte Southey ihm ein Gegenargument liefern) und wandte sich dann wieder Melrose zu. »Mr. Plant, er wurde immerhin zum Hofdichter ernannt.«
Nun konnte Melrose seine eigene Bildung ins Spiel bringen. »Nur weil Walter Scott ablehnte, erinnern Sie sich?«
Diane Demorney. Melrose hätte nie geglaubt, daß die Frau ein echtes Lächeln auf seine Lippen zaubern könnte. Als er begriffen hatte, daß er so etwas wie ein Experte über die gesamte Lake-Schule sein mußte, und zwar (nachdem ihn Jury angerufen hatte) über Nacht, hatte er wahrhaftig Diane Demorney angerufen. Diane hatte ein Spatzenhirn, aber das hatte sie mit Fakten vollgestopft wie Agatha ihr Cottage mit Schätzen aus Ardry End. Dianes kleines Geheimnis war, daß sie die Fakten begrenzt hielt, so daß sie sich über jedes Thema unterhalten konnte. Nicht so sehr »unterhalten«, als vielmehr den Zuhörer »überrollen«.
»Der Lake District, Diane«, hatte Melrose gesagt.
»Ich glaube, mir geht’s nicht so gut. Kommen Sie doch auf einen Martini herüber.«
Einmal hatte Melrose bei ihr einen Martini getrunken. Danach war er zwei Tage in der Versenkung verschwunden. »Keine Zeit. Ich meine nicht die Gegend, nur die Dichter.«
»Bitte nicht Wordsworth. Ich weiß nichts über die, die alle kennen.«
»Robert Southey. Was ist mit dem?«
»Hm, natürlich habe ich keine einzige Zeile von ihm gelesen. Mal sehen: Robert Southey wurde achtzehnhundertnochwas zum Hofdichter ernannt, aber nur, weil Sir Walter Scott ablehnte. Das ist alles. Ach so, ich glaube, er war auch einer von denen, die bei Wordsworth genassauert haben ... oder war es umgekehrt? Aber eins weiß ich über Wordsworth. Zu Lebzeiten war er nicht berühmt. Die meisten Leuten glauben, daß er damals von allen gelesen wurde, aber das stimmt nicht. Noch nicht einmal nach Seltsames Zwischenspiel.«
Melrose hatte die Augen fest geschlossen. »Diane, das ist ein Stück von Eugene O’Neill.«
»Wirklich?« Sie war völlig unbeeindruckt.
»Sie meinen Das Vorspiel .«
»Nie gehört. Was ist jetzt mit dem -?«
»Aber doch sicher >Sie kommen goldnen Wolkenzügen gleich ... »Stimmt genau, oder etwa nicht? Was ist mit dem Martini?«
»Ein anderes Mal. Danke.«
Diane Demorney war Long Piddletons Antwort auf den Zauberer von Oz, obwohl sie natürlich beträchtlich schöner war. Alles nur Schall und kunterbunter Rauch.
Crabbe mußte zwar zugeben, daß Scott die Ernennung zum Hofdichter zuerst angetragen worden war, meinte aber, er müsse Melrose beweisen, daß Southey sehr ungerecht behandelt worden sei. »Besonders Byron hat ihn verhöhnt.«
»Byron war der leibhaftige Hohn.« Das konnte er wahrscheinlich ohne Risiko sagen.
Aber Crabbe war nur darauf programmiert, Southeys Ehre zu retten, und nahm deshalb ein Exemplar von Thalaba vom Regal.
Obwohl Melrose vor Langeweile schon die Ohren einschliefen, erwähnte er die Schnorrerei noch nicht. Nur um in Übung zu bleiben, sagte er: »Seine Prosa ist besser als seine Gedichte.«
Genevieve Holdsworth machte sich viele Gedanken um Alex’ Verschwinden.
Zur Teezeit waren sie im Salon hinten im Haus versammelt. Millie Thale hatte das Tablett hereingebracht, Mrs. Callow rollte die belegten Brote und den Kuchen auf einem kleinen Teewagen mit fünf Servierflächen herein, für den Agatha ihr Leben gegeben hätte. Millie blieb da, um das Wägelchen vom einen zum anderen zu ziehen und den Tee einzugießen.
Genevieve verschmähte Tee und Kuchen, sie hatte sich einen doppelten Whisky eingegossen und rauchte. »Ich habe diesen Polizisten schon ein halbes dutzendmal angerufen. Man sollte doch meinen, nach drei Tagen müßten sie ihn gefunden haben.«
»Nicht, wenn er nicht gefunden werden will, Genevieve«, sagte Madeline. »Seine Mutter ist tot, meine Schwester, für den Fall, daß du es vergessen hast.« Sie klang weniger traurig als gereizt.
»Natürlich habe ich das nicht vergessen, und setz bitte jetzt nicht deine beleidigte Miene auf-« Ohne Melrose anzusehen, mußte sie sich darauf besonnen haben, daß ein Fremder in ihrer Mitte war, und sie bat Millie, mehr Tee auszuschenken. Sie hob ihr Glas und bat ihren Mann um noch einen Whisky. »Verzeihung.« Sie lachte künstlich. »Ich bin durcheinander, ich weiß einfach nicht, was ich sage.« Das war an Melrose gerichtet; ihre veränderte Haltung auf dem Sofa legte
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