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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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also geheimnisvoll, und für sie war das gleichbedeutend mit allwissend. »Ich habe deine Mutter nicht gekannt; ich weiß es nicht; aber so etwas, jemanden tot zu finden, den du ... sehr gern magst, das ist bestimmt ganz schön schlimm.«
    »Aber Alex’ Mutter hat sich nicht umgebracht. Denn es ist schon Jahre her. Dann hat es ihr vielleicht nicht soviel ausgemacht wie meiner.«
    Melrose sagte nichts; als er an der Zigarette zog, sprühte das glühende Ende in der blauen Dämmerung Funken. Auf einmal sah er auf; er hatte etwas gehört, das wie knackende Zweige klang. »Was ist das?«
    »Was? Ich habe nichts gehört.«
    »Du mußt taub sein. Es war laut wie ein Pistolenschuß.«
    »Sie haben wirklich eine rege Phantasie. Das kommt davon, wenn man im Nebel sitzt.« Sie seufzte. »Alex weiß, daß sich seine Mum nicht umgebracht hat. Er will ja nur herausfinden, wer es getan hat.«
    Melrose drehte sich zu ihr um. »Was meinst du? Warum sollte er glauben, daß jemand seine Mutter umgebracht hat? Und woher weißt du, was er glaubt, Millie?«
    Sie starrte auf den Scafell, dessen östlicher Abhang sich im schwindenden Licht purpurn färbte, und fragte: »Wohnen Sie mit Ihrer Mutter zusammen?«
    Die Frage verblüffte Melrose. In ihrer Vorstellung lebte man automatisch mit seiner Mutter zusammen, wenn man eine hatte, ganz egal, wie alt man war. »Nein, sie ist tot.«
    »Waren Sie dabei, als sie gestorben ist?« Millie langte nach unten und legte die Hand auf den Kopf des Katers, um ihn zu beruhigen, dabei war er schon grabesstill.
    »Ja.« Er erinnerte sich an das mittelalterliche Bett mit den schweren Vorhängen, die schimmernde Haut seiner Mutter, ihren amüsierten Blick - als sei der Tod nur ein weiteres Hindernis, das sie mit ihrem Springpferd Isis überwinden müßte. Den Brief, den sie bei ihrem Anwalt hinterlegt hatte, bekam er erst, als er dreißig war. Er hatte lange Zeit gebraucht, um den Inhalt aufzunehmen.
    Er schaute Millie an, die wiederum zu ihm hochsah, ihr drängendes kleines Stirnrunzeln ein Anzeichen, daß sie unbedingt Einzelheiten von jemandem hören wollte, der wirklich dabeigewesen war. Er erzählte ihr von dem Zimmer und wie seine Mutter ausgesehen hatte, und in der Erinnerung daran, wie kahl der Raum drei, vier Minuten lang ausgesehen hatte, obwohl er doch so überladen war, erzählte er Millie, was seine Mutter zu ihm und was er zu ihr gesagt hatte. Den Dialog erfand Melrose; nichts dergleichen hatten sie einander gesagt. Nach dem Schlaganfall hatte seine Mutter nicht mehr sprechen können, aber sie hatte vieles mit den Augen vermittelt. Blaßgoldenes Haar, blaßgrüne Augen. Er hatte versucht, ihr etwas zu sagen, ihm war aber absolut nichts eingefallen.
    Millie schien durch dieses Gespräch zwischen Melrose und seiner Mutter getröstet. Sie lachten sogar über die Katzen, die sich quer über die Bettdecke gejagt hatten (das erzählte Melrose jedenfalls). Millie wollte wissen, welche Farbe die Katzen hatten. Beide waren schwarz, sagte er und sah Hexer an.
    Über einen Vater verloren sie kein Wort.
    In die dunkler werdende Nacht und das Schweigen hinein fragte Melrose schließlich: »Mochte Alex’ Vater Alex?«
    Sie nickte.
    Melrose dachte einen Moment lang nach. »Haben sie sich gestritten? Ich meine, seine Mutter und sein Vater?«
    »Mrs. Callow sagt, sie hätten sich gestritten. Mr. Hawkes auch. Er hat gesagt, immer wenn er am Pförtnerhaus vorbeikam, hat er sie gehört. Da haben sie gewohnt, wo jetzt Mr. Fellowes wohnt. Ein einziges Geschimpfe, sagt Mr.
    Hawkes. Aber man kann von dem, was er sagt, sowieso nur die Hälfte glauben, weil er immer betrunken ist.«
    »Wo wohnte Mr. Fellowes denn damals?«
    »Ach, ich glaube, im Dorf. Ich weiß es nicht mehr. Alex’ Mum fuhr immer nach London oder sonstwohin.«
    »Wo war Alex denn dann? Ist er hier geblieben?«
    Sie senkte den Kopf, zog an einem Büschel trockenen Grases. »Manchmal. Wenn ich nicht gewesen wäre, wäre er vielleicht weggelaufen. Er haßte die Familie.«
    »Seinen Vater auch?«
    »Nein, den mochte er, aber nicht so sehr wie seine Mutter. Haben Sie mal ein Bild von seinem Vater gesehen? Er sah gut aus, wie Alex. Es hieß, daß sie sich mit jemandem trifft. Sie wissen schon.«
    In der Finsternis konnte Melrose ihr Gesicht nicht sehen, aber er verstand, was sie andeuten wollte und daß sie nicht wußte, wie sie darüber sprechen sollte. Jane Holdsworth hatte einen Liebhaber gehabt? »Du meinst, Hawkes und die Köchin haben darüber

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