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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Fechterinnen gewesen. Während ihre Freunde und Freundinnen sich an Klavieren herumdrücken mußten, hatten sie Angreifen und Parieren geübt und dabei nicht weniger schiefe Töne von sich gegeben als jetzt Mrs. Colin-Jackson bei ihren Aufforderungen, sie sollten augenblicklich aufhören! Das rief nur noch mehr Lärm auf den Rängen hervor, Buhs und Gezische und Schreie von Mr. Bannister (der die Hände über dem Mund zusammenlegte und loströtete, um dann zu behaupteten, dies sei der Balzruf des Wildgänserichs).
    Durch die Drohung, es werde keine crème caramel zum Abendessen geben, ließen sich die Mädchen nicht entmutigen (vielleicht, weil jede glaubte, sie werde die Schachtel Pralinen bekommen), und außerdem waren sie höchst erregt, denn sie zogen mehr Fans an als der Film, der im Vorführraum gezeigt wurde: Einer flog über das Kuckucksnest.
    Als Adam und Lady Cray die Hälfte des Films gesehen hatten, merkte Lady Cray an, daß dies für Castle Howl (wie sie es binnen vierundzwanzig Stunden nach ihrer Ankunft nannte) wohl kaum der geeignete Film sei. Adam sah, wie Mrs. ColinJackson hinausmarschierte. »Kojak holt wahrscheinlich Kingsley. Verdirbt den ganzen Spaß.«
    »Wer ist das?« Lady Cray zündete sich eine Zigarette an, während Elizabeth einen erstklassigen Stoß ausführte und Juliette damit beinahe den Schirm aus der Hand harkte.
    »Der Psychiater. Es gibt zwei: Viner und Kingsley, obwohl Kingsley nicht soviel arbeitet wie sie. Er schiebt eine ruhige Kugel. Dann gibt es noch zwei praktische Ärzte, aber sie wohnen nicht auf dem Gelände; sie kommen nur, wenn jemand auf der Nase liegt.«
    Lady Cray lächelte und blies vollkommene kleine Ringe in das Zimmer, in dem Rauchen nicht gestattet war. Mit großen Schritten und einiger Autorität bahnte sich eine Frau einen Weg durch die Versammlung. »Und wer ist das? Schwester Ratchett?«
    Adam Holdsworth unterdrückte keuchend ein Lachen. »Dr. Viner.«
    Helen Viner hatte mit dem Aufsehertyp à la Schwester Ratchett nicht das geringste gemein. Zum einen war sie eine geradezu einschüchternd hübsche Frau mit einem warmen
    Lächeln (einschmeichelnd, Adam, einschmeichelnd, sollte Lady Cray später sagen); zum anderen stellte sie sich immer auf die Seite der »Gäste« beziehungsweise Patienten und machte sich gegenüber Mrs. Colin-Jackson zum Anwalt ihrer Bedürfnisse; zum dritten hielt sie nichts von Gewalt, jedenfalls nicht, wo Verhandeln möglich war. Und Helen Viner war eine wohlgeübte, kluge Diplomatin. Sie konnte genausogut angreifen und parieren wie die Duellantinnen Dunster.
    »Elizabeth«, rief sie, »flèche.«
    Elizabeth lächelte plötzlich übers ganze Gesicht und machte ein paar Laufschritte.
    Juliette sah Helen Viner wütend an. »Sie sind wohl parteiisch?«
    »Nein, Juliette. Sie haben Ihre Deckung vernachlässigt.«
    Jetzt fingen beide wieder von vorn an, diesmal mit einer eindeutig anderen Einstellung. Jetzt war es eine echte Fechtpartie geworden.
    »Aha«, sagte Lady Cray, »Douglas Fairbanks junior.« In Hörweite von Dr. Viner ließ sie ihre klare, glockenhelle Stimme erschallen.
    Etwas überrascht drehte sich Helen Viner um, und als sie den neuen »Gast« sah, lächelte sie. »Danke schön.«
    Juliette machte einen Satz nach vorn, und die Spitze ihres Regenschirms berührte Elizabeths Brust. »Touché!« schrie Juliette.
    Es gab rundum Applaus, und beide Schwestern verbeugten sich. Als Alice Dimpleton Juliette den Preis übergeben wollte, bewölkte sich Elizabeths Gesicht wieder, und Helen Viner nahm die Pralinen an sich.
    Adam konnte das Gespräch nicht hören, aber offenbar besänftigte Dr. Viner die beiden, indem sie die Schachtel an sich nahm.
    Als die Schwestern Dunster und Dr. Viner an Lady Cray und Adam vorbeikamen, begrüßte ihn Dr. Viner und streckte ihre freie Hand Lady Cray entgegen. »Ich bin Dr. Viner. Leider haben wir noch keine Gelegenheit gehabt, uns kennenzulernen. «
    Lady Cray sah auf die Schachtel in der anderen Hand der Ärztin und sagte lediglich: »Cadbury’s Opernmischung. Wie lecker.«
    Angesichts des Constable-Gemäldes an der Wand hinter ihnen war es für Melrose eine gewaltige Anfechtung, zuzuhören, wie sich Crabbe Holdsworth über das Gemälde von Ibbetson vor ihnen ausließ.
    »Wunderschön, nicht wahr?« sagte Crabbe über den Ibbetson, einen Maler, von dem Melrose noch nie gehört hatte und von dem er nach seiner Knechtschaft in Tarn House, zu der er sich vertraglich verpflichtet hatte, auch nie wieder

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