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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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auf?« Als seine Augen zu glitzern anfingen, hob er ein wenig das Kinn, als wollte er so die Tränen davon abhalten, herunterzukullern.
    »Ich würde sagen, sie sind eher ärgerlich als traurig.«
    »Mit der Reaktion habe ich gerechnet. Sogar Madeline? Sogar ihre eigene Schwester?«
    »Madeline wirkt verstört, ja. Aber weshalb, kann ich nicht herausfinden. Nervös ist vielleicht ein besseres Wort. Verraten Sie mir doch mal, ob ich richtig informiert bin: Es wurde einmal angenommen, daß Ihre Tante Ihren Vater -heiraten würde.« Melrose besah die Spitze seiner Zigarette. Wie konnte ein Kind es ertragen, beide Eltern zu verlieren, beide durch Selbstmord? Dieses hier schien damit ganz gut umgehen zu können. Geradezu geschäftsmäßig. Alex schluckte schwer. Er nickte.
    »Ich finde es höchst merkwürdig, daß sie es ausgehalten hat, weiterhin im Haus zu leben, nachdem ihre Schwester ihr den, hm, Verlobten ausgespannt hat.«
    »Nicht Verlobten. Geliebten«, sagte Alex mit kühler Direktheit. »Geld.«
    »Sie ist doch nicht mal eine Verwandte.«
    »Großvater war das wahrscheinlich relativ egal.«
    »Alex, warum verstecken Sie sich und verhalten sich wie ein Flüchtling?«
    »Weil ich schon mit der Polizei gesprochen habe, und sie sind auf der vollkommen falschen Fährte. Wie Onkel George -jedenfalls sind sie auf dem falschen Dampfer. Meine Mutter hat nicht Selbstmord begangen.«
    »Es wird auch ziemlich heftig darüber spekuliert, daß sie ermordet worden ist, Alex. Ein Polizist vermutet das. Er ist ein Freund von mir. Solange die Untersuchungen andauern, ist er vom Dienst suspendiert.«
    Alex zog die Stirn in Falten. »R. Jury. Er buchstabierte: S-U-P-E-R-I-N-T.?«
    »Superintendent Jury, ja. Woher wußten Sie das?«
    »Aus ihrem Adreßbuch. Aus dem, das die Polizei nicht mitgenommen hat.« Er holte es aus dem Rucksack und schlug die Seite mit der Eintragung auf. »Es ist ein ziemlich neuer Name. Das sieht man an der anderen Farbe der Schrift. Und überhaupt, wenn sie sich mit einem Bullen angefreundet hätte, hätte ich es vermutlich erfahren. Sie kannte ihn noch nicht lange, stimmt’s?«
    »Nein, nicht sehr lang. Vielleicht zwei Wochen.« Melrose streckte die Hand nach dem Kater aus und kraulte ihn hinter den Ohren, um sich abzulenken. Jury suspendiert. Ja, ja, der Mensch denkt, und Gott lenkt.
    »Was ich mir zusammenreime«, sagte Alex, »ist folgendes: Das Seconal ist aus den Kapseln genommen und in einen Drink gemischt worden. In mehrere Drinks. Meine Mutter trank gern Whisky.« Sein Ton war weder entschuldigend noch verteidigend. »Es kann einem ja niemand Pillen oder Kapseln in den Hals stopfen.«
    »Aber sie hätte es selbst tun können.«
    »Hat sie aber nicht. Ich hatte ihre Medikamente unter Kontrolle. Die Mengen, die Daten. Das wußte sie nicht; ich habe mir Sorgen gemacht.«
    »Und was mit den zehn oder fünfzehn Schlafmittelkapseln war, weiß niemand, oder was?«
    »Doch, ich weiß, was damit war. Weihnachten waren wir hier. Da hat sie ein ganzes Glas verloren - sie hatte gerade ein Rezept eingelöst. Sie hat alles abgesucht.«
    Melrose drückte seine Zigarette aus und zerrieb die Asche mit dem Schuh. »Alex, Sie müssen mit der Polizei reden. Das sind Dinge, die nur Sie wissen und auf die die Polizei nie kommen würde. Ich verstehe ja, wie Ihnen zumute ist -«
    »Ach, wirklich?« Die glatten Augenbrauen des Jungen hoben sich und bildeten eine einzige Linie. Es war nur ein Hauch von Ironie; er war unglaublich kühl. Sein Bemühen, Distanz zu seinen Gefühlen zu bewahren (und Melrose zweifelte nicht daran, daß seine Gefühle stark und nur verschüttet waren), damit er sachlich bleiben konnte, war bemerkenswert.
    »Meine Mutter ist gestorben, als ich so alt war wie Sie.«
    »Aber nicht so.« Er hatte das eine Bein angezogen, die Hand mit der Zigarette darübergelegt, und nun wiegte er sich vor und zurück.
    »Nein, so nicht.«
    »Und Sie waren dabei?«
    »Ja, ich war dabei.«
    »Und Sie konnten nichts daran ändern.«
    »Nein. Keiner-«
    »Ich werde nie rausfinden, ob ich etwas daran hätte ändern können.«
    »Wenn ein Mensch sich selbst umbringen will -«
    »Das hatten wir doch gerade geklärt. Meine Mutter hat sich nicht umgebracht.«
    »Wenn Sie mit den Pillen recht haben - Sie hätten kaum einen Mord verhindern können, der vor drei Monaten geplant worden ist.«
    »Sie glauben nicht, daß Menschen einander retten können?«
    »Es ist doch schon schwer genug, sich selbst zu retten.«
    »Warum sind

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