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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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schrieb er den Straßennamen und die Namen von ein paar Geschäften auf, etwa der Buchhandlung dort drüben und des Cafés, in dem sie saßen. Er notierte sich sogar »1 Cap. (C), 1 Espresso (K)« und schrieb die Uhrzeit auf.
    Candy fragte: »Hast du die Rothaarige irgendwo gesehen?«
    »Sie ist hier, irgendwo steckt sie.«
    »Dort drüben. Schau mal.«
    »Was?«
    Candy blinzelte, schirmte sich die Augen mit der Hand ab. »Sieht aus wie der Kerl, der am Flughafen in unser Taxi gesprungen ist.«
    »Da ist doch niemand in unser Taxi gesprungen –«
    »Nein, ich meine, der sich vorgedrängt hat und uns das Taxi weggeschnappt hat –«
    Karl schüttelte den Kopf. »Ich seh keinen – hast du Probleme mit den Augen, C?«
    Candy lachte. »Wenn ich’s nicht besser wüsste – ich mein, wenn wir’s nicht selber täten –, dann würd ich fast meinen, unser lieber Ned hat noch einen Beschatter.« Candy blickte in alle Richtungen. »Ist dir eigentlich aufgefallen, dass wir ständig die gleichen Gesichter sehen? Also, ich meine, Gesichter aus dem Hotel. Die süße Kleine da, die saß doch gestern Abend im Hotelfoyer. Da drüben ist sie an der Bushaltestelle.«
    Karl kniff die Augen zu, zum Schutz gegen das grelle Sonnenlicht, das durch das Caféfenster strömte. »Du hast Recht.«
    Candy nahm das Fernglas und richtete es auf das andere Ende der Straße. »Ach, guck mal, wen haben wir denn da?«
    »Wen?«
    »Den alten Clive. Siehst du den Buchladen? Auf den Ständern davor sind Bücher. Merkt der Besitzer denn nicht, dass es schneit?«
    »Es hört schon wieder auf. Mensch, tu doch das Fernglas runter. Willst du noch einen Kaffee?«
    »Hmm, hmm. Diesmal vielleicht einen Latte.«
    »Einen ganz normalen, schlichten Kaffee kriegt man ja kaum noch. Immer ist es Kaffee mit irgendwas drum und dran.« Kopfschüttelnd stand Karl mit den Tassen in der Hand da. »Was mich interessieren würde – woher hat Ned eigentlich seine Ideen? Der fährt doch nirgendwo hin oder macht irgendwas. Wie kann er sich da Sachen ausdenken, über die er schreibt?«
    Candy nahm wieder das Fernglas zur Hand. »Na, immerhin ist er in dieses Scheißpittsburgh gefahren!«
    »Ja, zu unserem Glück«, pflichtete Karl ihm bei. Er wollte schon zur Theke gehen, um Nachschub zu holen, blieb dann aber stehen. Er schaute wieder zu dem hoch gewachsenen Mann auf der anderen Straßenseite hinaus, der vor dem Schaufenster eines Blumenladens stehen geblieben war. »C? Du glaubst doch wohl nicht, dass dieser verrückte Mackenzie mehr als einen Auftrag vergeben hat?«
    Nun erschrak Candy und sah ihn beunruhigt an. »Verdammte Scheiße, K, wieso sollte er so was tun?«
    »Weil er ein arroganter Dreckskerl ist und dazu Verleger. Und du erinnerst dich, wir haben ganz klar gesagt, wie wir arbeiten.«
    »Und da geht er her und heuert jemand anders an, der ihn kaltmachen soll? Irgendeinen Hornochsen ohne jeden Anspruch und Prinzipien –«
    »Wenn ja, dann heißt das, Ned kann jeden Moment als Matsch auf dem Straßenpflaster enden. Vielleicht lassen wir das mit dem Kaffee lieber und hauen ab hier.«
    Clive war sich nie darüber im Klaren gewesen, wie wenig Berührungspunkte gute Autoren mit der realen Welt hatten. Die schlechten, wie beispielsweise Dwight Staines, standen in ständigem Kontakt mit der Außenwelt, weil sie – wie Kleinkinder – keine Grenzen kannten. Alles gehörte ihnen. Sie waren quasi die Welt und alles, was darin war.
    Was war also der entscheidende Unterschied? Er müsste Tom Kidd einmal fragen – halt, Moment! Bis auf ein wenig enthusiastisches »Hallo« redete er doch überhaupt nie mit Tom Kidd, wenn er ihm auf dem Korridor begegnete! Sein Nervenkostüm wurde wohl immer dünner, sonst wäre ihm nicht in den Sinn gekommen, Tom Kidd darauf anzusprechen.
    Clive sah fröstelnd auf die Straße. Ned stand nun schon zwanzig Minuten vor dieser Eisdiele, auf halbem Weg zwischen Clive und den beiden Gangstern dort drüben. Er brauchte gar nicht näher hinzugehen, um zu wissen, dass es sich um Candy und Karl handelte.
    Die ganz gewöhnliche Mischung an Passanten ging ihren jeweiligen Beschäftigungen nach: Ein hoch gewachsener Mann kam gerade ein paar Türen weiter aus einem Blumenladen, eine Frau betrat einen Waschsalon, eine Blondine lehnte im Türrahmen eines Kosmetikgeschäfts, und die übliche Bettlerin saß neben den Bücherständen.
    Wo zum Teufel steckte Blaze Pascal? Wofür bezahlte er sie eigentlich? Damit sie sich in ihrer Freizeit mit Ned verlustierte?

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