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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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dass sie den ganzen Tag zu tun hatten. Und damit war Polly höchstwahrscheinlich am Telefon gerade beschäftigt. Sie legte auf und bedachte ihn mit einem Blick, als sei es völlig unter ihrer Würde, sich überhaupt mit ihm abzugeben.
    »Ich hab Sie gefragt, ob er drin ist? Polly?«
    »Dolly. Nein.« Sie schob eine kräftige Haarsträhne zurück, die aussah wie mit einer Dampfwalze gebürstet. Dann deutete sie mit einem silberpaillettengeschmückten Fingernagel in eine ungefähre Richtung. »Er ist irgendwo hinten. In Peters Büro.« Dolly wandte sich ab.
    »Bei Peter Genero?«
    Dollys Lächeln war hart an der Grenze zur Verächtlichkeit. »Haben wir sonst noch einen Peter?«
    Bobbys Assistentinnen taten sich, genau wie Bobby, immer unheimlich wichtig. Schließlich arbeiteten sie für den Big Boss – und wer war man selber schon?
    Clive marschierte einfach weiter in Bobbys Büro. Er sah sich immer gern die vom Boden bis zur Decke reichenden Bücherregale an. Die Regale waren voll, wobei die neueren Bücher aufrecht und wie die Beine einer Hure gespreizt standen. Wie gewöhnlich stammten die wirklich guten (also die schön geschriebenen) alle von Tom Kidds Autoren. Eine Grace Packard stand da, ein Eric Gruber. Die anderen Lektoren (er selbst inbegriffen) hatten natürlich hin und wieder auch einen literarischen Autor im Programm, aber selten mehr als einen, und diesen einen zu redigieren hätte keiner der Lektoren, die Clive kannte (er selbst wiederum inbegriffen), den Mumm.
    Clives literarische Perle war Jennifer Schiffler. Sie stand fast auf einer Stufe mit Gruber, Packard und Isaly. Clive bekam sie selten zu sehen, und wenn, dann war er sich nicht sicher, ob er sie tatsächlich »sah«. Sie war eine von diesen völlig durchgeistigten Autoren und vermittelte einem immer den Eindruck, lediglich in einer leibhaftigen Fleischwerdung verdinglicht zu sein, die sich jeden Moment wieder auflösen konnte. Einmal hatte er Jennifer zum Mittagessen ausgeführt und schon damit gerechnet, dass sie in ihrem Essen bloß herumstochern würde, sich dann aber gewundert, wie sie es offenbar ohne zu kauen und zu schlucken geschafft hatte, alle ihre Blini zu verzehren.
    Beim Anblick all dieser Bücher seufzte Clive, und sein schlechtes Gewissen versetzte ihm einen Stich, als er an Jennifer und die Autoren ihres Kalibers dachte, denn er wusste, dass er von Büchern wie ihren ganz schön abgestiegen war, und zwar hintenherum, nicht offen geradeaus.
    »Clive!«
    Der Klang von Bobbys Stimme ließ Clive zusammenfahren. Bobby kam herein, segelte um seinen riesigen Schreibtisch, ließ sich dann in seinem ledernen Drehstuhl nieder und legte die Füße lässig auf den Tisch, als käme er in Jeans und T-Shirt daher. Was gar nicht stimmte. Bobby hatte seinen eigenen Schneider, der ihm schon ein Dutzend Anzüge gemacht hatte (für zwei- bis dreitausend Dollar das Stück), und zwar alle im selben Schnitt, aber in unterschiedlichen Woll- und Seidenqualitäten und so gedeckten Farben, dass es aussah, als trüge Bobby ständig denselben Anzug.
    »Was gibt’s denn?«
    »Das hier?« Clive merkte besorgt, dass er auch schon anfing, wie Amy jeden Satz als Frage zu formulieren.
    Bobby lehnte sich zurück und lächelte auf eine Art, die mysteriös sein sollte, aber einfach nur übertrieben selbstgerecht wirkte. Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf und wippte nach hinten. »Sie haben es gefunden.«
    »Wollten Sie es etwa verstecken? Mitten auf meinem Schreibtisch?«
    »Was denken Sie?«
    »Worüber?« Er dachte sich, wenn Bobby wieder ein Mafia-Exposé haben wollte, sollte er es selbst zur Sprache bringen. Clive würde ihm nicht dabei helfen.
    »Haben Sie nicht die Seite gelesen, die ich markiert habe?«
    »Doch, ich habe die Seite gelesen, die Sie markiert haben. Wo er – also Danny – sich über das Schriftstellerleben auslässt. Damit kennt sich Danny natürlich bestens aus, besser als jeder andere.«
    Bobby hampelte auf seinem Stuhl hin und her wie ein Kind und lächelte. »Damit und mit noch manch anderem.«
    Clive sah ihn verwirrt an. »›Anderem‹?«
    Bobby hörte auf zu hampeln und beugte sich vor. Er senkte die Stimme. »Wissen Sie nicht mehr, worüber wir heute Morgen gesprochen haben? Haben Sie das schon vergessen?«
    »Klar erinnere ich mich. Es ging hauptsächlich um Paul Giverney.«
    »Fanden Sie die Stelle nicht toll, wo es darum ging, dass Töten durch Übung immer leichter wird, wie Rollschuhfahren?« Bobby verzog das Gesicht.

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