Grimes, Martha - Mordserfolg
hatte er da bloß losgetreten? Er hatte mit Sammy Giancarlo telefoniert, einem »Berater« aus der Gangsterszene, über den Paul einmal einen ziemlich geistreichen Roman geschrieben hatte. Sammy hatte sich damals riesig gefreut und bloß gehofft, es sei unverhüllt genug geschrieben, dass seine Mamma und der Rest der Großfamilie merkte, dass es um Sammy Giancarlo ging.
»Zwei Typen namens Karl und Candy. Keine Ahnung, ob das die Vor- oder Nachnamen sind. Kennen Sie die?« Das war der besagte Anruf.
Sammy sagte: »Nicht persönlich, aber Sie wissen ja, wie die arbeiten.«
Paul formte Zeigefinger und Daumen zu einer Pistole und richtete sie auf das Telefon. Wieso nahm Sammy immer an, Paul würde in Giancarlos Welt jeden kennen und wissen, »wie die arbeiten«? Bloß weil Paul bei der Recherche für seine Bücher ein paar von ihnen kennen gelernt hatte? »Nein, Sammy, das weiß ich nicht. Sonst würde ich Sie ja nicht anrufen. Sagen Sie, inwiefern unterscheidet sich ihre Arbeit von der eines ganz gewöhnlichen Killers?«
»Weil sie ihr Zielobjekt erst mal kennen lernen. Die kriegt man nicht dazu, dass sie einfach peilen und losschießen wie die anderen Hornochsen.«
Sammys Slang erinnerte stark an die vierziger oder gar dreißiger Jahre. Paul machte es bisweilen einen Mordsspaß, ihm zuzuhören. »Ja, okay. Was soll das denn jetzt wieder heißen, einen ›kennen lernen‹? Hört sich an wie ein Verstoß gegen den Verbrecherkodex.«
»Die Typen wollen eben ganz genau wissen, was das für ein Mensch ist, den sie umlegen, auch wenn Sie es nicht für möglich halten, dass die das wissen wollen. Ich würd’s nicht wissen wollen, Sie auch nicht. Wär ja noch schöner! Was ist denn, wenn man den Kerl auf einmal richtig gern hat? Was dann? Das ist wie mit Chirurgen, oder? Wenn Sie ein Kind hätten, das eine Niere braucht, würden Sie auch nicht wollen, dass Ihre Frau die Operation durchführt, oder? Wenn Ihre Frau Chirurgin wäre. Na, jedenfalls weiß ich, dass die beiden mal fast ein halbes Jahr um einen rumgetanzt sind und ihn dann immer noch nicht kaltgemacht haben. Wundert mich, dass die noch im Geschäft sind, die nehmen ja kaum noch Aufträge an. Brauchen das Geld nicht. Die beiden sind erste Sahne, die sind wirklich vom Feinsten, das können Sie mir glauben. Also, und Sie wollen jetzt einen ins Jenseits befördert haben. Da kann ich Ihnen helfen. Was –«
»Halt, Moment!«, fing Paul an zu schreien. »Schicken Sie niemanden…«
»Nein, nein, nein, nein. Ich mein doch bloß, der Typ könnte Ihre Interessen in Worte fassen. Oder wollen Sie, dass ich es persönlich mache? Schon gut, für Sie würd ich’s machen. He, übrigens, wir warten schon alle auf den – wie heißt das gleich? Vorspann. Wie wär’s zum Beispiel mit Giancarlo: Wie ich mein Handwerk lernte . Sie wissen schon, als ich noch ’ne Rotznase war. Nicht schlecht, was?«
»Ja, ja. Wunderbar, Sammy.« Paul fand den Ausdruck »Ihre Interessen in Worte fassen« köstlich. »Dieser Typ, den Sie da gerade erwähnten –«
»Wird Sie aber was kosten. Halten Sie schon mal fünfzig Riesen bereit – vorab mal, später dann noch mal fünfzig. Der Typ ist aber absolut erste Sahne.«
»Klingt so, als wären die alle erste Sahne. Aber in dem Fall… Candy und Karl, also, die beiden anderen, kennen die ihn womöglich?«
»Aber nein. Der arbeitet von Vegas aus, der hat hier bloß eine Butze, wenn er mal auf Besuch da ist. Von denen verlagern viele gerade ihren Stützpunkt. In Santa Fe gibt’s auch noch einen guten. Der malt. Der macht seinen Job tagsüber aber nicht mehr, glaub ich…« Sammy wurde nachdenklich.
»Ich dachte, Ihre Branche funktioniert wie das Priesteramt, Sam. Man geht dahin, wohin man geschickt wird.«
Sammy lachte. »Priesteramt, das ist gut. Hören Sie, ich organisier Ihnen ein Treffen mit dem. Er wohnt in TriBeCa, glaub ich. Der ist gern in Bewegung. Eins kann ich Ihnen sagen: Das ist so ein guter Beschatter, dass ich mir manchmal denke, der ist selber ein Schatten. Den sehen Sie überhaupt nicht, den werden die auch nicht sehen. Sie könnten sich vielleicht in einer von diesen Coffeebars treffen. Das sag ich deswegen, weil der nicht mehr trinkt. Aber bloß nicht bei Starbucks! Bei Starbucks geht’s allmählich schlimmer zu als in einem Spaghettirestaurant. Erst letzte Woche haben sie in dem Starbucks an der Eight Street drüben einen von den Bransonis aus dem Sessel gepustet. Stand doch in allen Boulevardzeitungen. Haben Sie’s
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