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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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nicht weiß, dass er einen hat.«
    Sie hielt abwehrend die Hände in die Höhe. »Damit eines klar ist: Eine unschöne Sauerei veranstalte ich nicht.«
    Wenn er von Dwight Staines (und Danny Zito) eines gelernt hatte, dann die Bedeutung dieses Begriffs. »Das gilt nur für Killer. Auftragsmörder.« Clive überkam ein kalter Schauer. »Sie würden auch nur in Notwehr handeln. Und für so etwas besteht überhaupt keine Notwendigkeit.« Dies sagte er überzeugter, als er sich fühlte.
    Sie ließ es sich durch den Kopf gehen. »Okay, aber das kostet Sie das Doppelte von meinem üblichen Honorar. Und ich will dann auch gleich was haben.«
    Clive holte sein Scheckheft aus einer Schublade. Eigentlich ungerecht, dass er es nicht auf ein Spesenkonto setzen konnte. Könnte er aber vielleicht, wenn er es anders nannte. Unschöne Sauerei. Das wäre gut. Das würde sich wirklich gut machen in der Abrechnung. Kichernd stellte er den Scheck aus, riss ihn heraus. »Fünftausend. Reicht das?«
    Sie nahm ihn, pustete ihn trocken. »Das sollte reichen. Wie lautet seine Flugnummer?«
    Clive lächelte, weil es ihm gelungen war, diese Information zu eruieren. Es gab nicht so viele Flüge nach Pittsburgh. »American 204. Mittwoch früh um neun. Ab Kennedy Airport.«
    »Das wär’s dann also.« Sie stand auf, in der einen Hand das Buch, in der anderen ihre Handtasche. »Hat mich gefreut. Spesen kommen natürlich noch dazu. Hotels, Essen und so weiter.«
    Clive nickte zum Zeichen seines Einverständnisses, erhob sich und brachte sie an die Bürotür. »Genießen Sie Pittsburgh!«
    Er stopfte einen Packen von StandOff in seine Aktentasche und überlegte: Zuerst würde er ins Le Cirque gehen, sein Stammlokal, und dann nach Hause, um es zu lesen. Zu Hause bedeutete seine kleine Wohnung am Sutton Place, die er erst gemietet und dann zu einem bedeutend niedrigeren Preis gekauft hatte als dem, den ein Fremder hätte berappen müssen.
    Falls Candy und Karl jetzt Ned etwas antun würden, böte ein Ort außerhalb von New York doch die beste Gelegenheit, oder? Wo Ned allein war und sich nicht mit Freunden zusammentun konnte, wo er sich seiner selbst und seiner Umgebung nicht so sicher war? Vielleicht so orientierungslos war wie Pascals Freund Sam?
    Clive klappte seine Aktenmappe zu und wandte den Blick zum Fenster hinaus auf das allmählich dunkler werdende Manhattan. Während er hinuntersah, gingen die Lichter des Chrysler Building an, dann die des Empire State und des MetLife. Was für ein Lichterdreieck! Das gab es in keiner anderen Stadt der Welt, dieses Zusammenspiel von Licht. Nicht in London, nicht einmal in Paris.
    Und – weiß Gott – ganz gewiss nicht in Pittsburgh.
     

 
28
     
    Saul saß zu Hause im Wohnzimmer in dem Ohrensessel, den sein Großvater aus Paris mitgebracht hatte. Er wusste sogar ganz genau, dass das Stück aus dem Haus eines guten Freundes stammte, der im Marais gewohnt hatte. In all den Jahren hatte der Sessel nie frisch gepolstert zu werden brauchen. Vielleicht lag es daran, dass erst sein Großvater und dann sein Vater ihn nicht oft benutzt hatten, aus Respekt vor dem alten Freund. Die Familie wollte das gute Stück in möglichst perfektem Zustand erhalten. Bezogen war er mit einem Dekorationsstoff, auf dessen mattgoldenem Hintergrund in Blau- und Grüntönen aufgestickte, seltsame Vögel ihre Flügel spannten.
    Saul wusste über die Herkunft jedes einzelnen Möbelstücks im Raum Bescheid – das handbemalte Tischchen, das seiner Großtante Laura gehört hatte; der kleine Arbeitssekretär, den sein Großvater am Fenster aufgestellt hatte, wo er Briefe schreiben und seine Buchhaltung erledigen konnte. Auch Saul benutzte diesen Tisch zum Schreiben. Allerdings hatte er ihn so herumgedreht, dass er zum Fenster zeigte statt ins Innere des Zimmers, denn er sah gern hinaus auf die Vorübergehenden: auf die Aupairmädchen und Tagesmütter, die ihre Kinderwägen schoben, auf Jogger, Radfahrer und über Spazierstöcke gebeugte alte Männer. Das bewegte Treiben lenkte ihn nicht ab. Er konnte sie sehen, sein Kopf registrierte sie jedoch nicht als separate Wesen, sondern verwob sie mit seinem Schreiben, obwohl sie gar nicht darin vorkamen.
    Jeden Morgen und manchmal auch nachmittags saß er also an diesem Tisch und schrieb, im Widerspruch zu Jamies Überzeugung, er hätte sich »aufs Altenteil zurückgezogen«. Es beschämte ihn, dass sie zu diesem Schluss gekommen war, aber dann rief er sich in Erinnerung, aus wessen Mund es

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