Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grimm 1: Der eisige Hauch (German Edition)

Grimm 1: Der eisige Hauch (German Edition)

Titel: Grimm 1: Der eisige Hauch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shirley
Vom Netzwerk:
mit seltenen Kräutern und getrockneten Pilzen herausholte, überlegte er, dass er vermutlich nur die Hälfte der entsprechenden Kenntnisse im Tränkebrauen hatte, weil er auch nur ein halbes
Hexenbiest
war.
    Aber gab es so etwas wie ein halbes
Hexenbiest
überhaupt? Wenn er sich verwandelte, war er ein vollkommenes
Hexenbiest
. Und die Tränke schienen mit instinktiver, intuitiver Leichtigkeit Gestalt anzunehmen.
    Rasch bereitete Renard den Müdigkeitsneutralisierer zu und trank ihn. Er spürte, wie er sich verwandelte, als die Wirkung einsetzte, und sich sein Gesicht verzog. Er ließ der Verwandlung für einen Moment freien Lauf, sein Rücken bog sich durch, als ihn die Energie in Verbindung mit der Macht des Tranks durchströmte. Dann schüttelte er sich und nahm wieder sein normales menschliches Erscheinungsbild an.
    Er musste ruhig bleiben und nachdenken …
    Also kochte er sich eine Tasse grünen Tee, nahm sich ein paar Brötchen und ging mit dem Frühstück in sein Gästezimmer, das er als Büro nutzte, wenn er zu Hause war.
    Er setzte sich an den Schreibtisch, während sein Nervensystem dank des
Hexenbiest
-Mittels auf Hochtouren lief und ihm eine Vielzahl an möglichen Vorgehensweisen durch den Kopf ging. Nachdem er seinen Computer hochgefahren hatte, sah er nach, wie spät es in Europa war. Mittagszeit in Frankreich – vielleicht war es Zeit, mal mit Beatrice zu sprechen. Würde sie es als sicher erachten, mit ihm zu telefonieren? Vermutlich nicht. Nicht auf die übliche Art.
    In seinen Dateien fand er die Information, die er nach seinem letzten Treffen mit seiner Cousine zweiten Grades in Paris gespeichert hatte. Wo war der Code? Ah, da war er ja, sowohl auf Englisch als auch auf Französisch. „
C’est très jolie après the wind musses your hair
.“ Franzenglisch. Völliger Unsinn.
    Er klappte sein Handy auf und schickte ihr den Text per SMS.
    Dann nippte er an seinem Tee, aß ein Brötchen und wartete.
    Gerade als er im Revier anrufen und sich nach einigen Fällen erkundigen wollte, piepte sein Handy:
    „
Oui, pour l’éternité
“, besagte die Nachricht.
    Er schaltete die Webcam an seinem Computer ein und aktivierte das Verschlüsselungsprogramm. Dann sagte er: „Beatrice. Verschlüsselung.“
    Und wartete.
    Eine ganze Minute. Dann erschien Beatrices Gesicht in einem Fenster auf seinem Monitor. Sie trug ihr dunkelblondes Haar zu Zöpfen geflochten und hochgesteckt, ihre Hautfarbe erinnerte an Milchkaffee, und sie hatte die katzenartigen grünen Augen ihrer Mutter. In einem Nasenflügel trug sie einen kleinen Diamanten, und auch ihre schöne Unterlippe war gepierct. Sie war Anwältin und arbeitete als Assistentin des Staatsanwalts in Paris. Außerdem war sie ein
Hexenbiest
. Selbst über die Webcam sah sie hinreißend aus. Daher war es umso seltsamer, wenn sich diese Schönheit in ein „deformiertes“
Hexenbiest
verwandelte. Vielleicht war es sogar noch seltsamer, dass ein
Hexenbiest
diese verzerrte Hexenmanifestation nicht im Geringsten als verunstaltend betrachtete, überlegte Renard. Für ihn und andere seiner Art waren beide äußerlichen Erscheinungen wunderschön und verführerisch.
    „Sean! Schön, dich zu sehen“, sagte sie auf Französisch. „Geht es dir gut?“
    „Ja und nein. Ist deine Übertragung vollkommen verschlüsselt?“
    „Ja, natürlich.“ Sie seufzte übertrieben theatralisch. „Ich hatte gehofft, du rufst an, um mit mir zu flirten, aber ich bezweifle, dass du dir dann wegen der Verschlüsselung Gedanken machen würdest.“
    Er lächelte. Auch wenn sie entfernt miteinander verwandt waren, hatte sie das vor fünf Jahren nicht davon abgehalten, eine kurze Affäre einzugehen. Sie war intensiv gewesen – bis sie von den Königshäusern untersagt worden war.
    „Was denkst du, warum ich hier drüben lebe, Beatrice? Es ist viel sicherer, wenn sich ein Ozean und ein Kontinent zwischen uns befinden. Meine Willenskraft hat auch ihre Grenzen.“
    Sie lachte. „Ich werde so tun, als würde ich dir diesen Blödsinn abkaufen.“
    „Könntest du mir mehr von diesen Freunden erzählen, über die wir mal gesprochen haben?“
    „Das
Gegengewicht
…?“ Sie sprach den deutschen Namen der geheimen
Wesen
-Organisation, die unbeeinflusst von den
Waranen
und den Königshäusern agierte, mit französischem Akzent aus.
    „Genau die meine ich.“
    Sie nickte. „Was ist passiert?“
    „Du weißt vom Eisigen Hauch?“
    Beatrice zögerte, und dieses Zögern wurde durch die

Weitere Kostenlose Bücher