Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Grimm - Roman

Titel: Grimm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
übersprungen, weil der böse Wolf und sein unscharfes Rudel hinter uns her waren.«
    »Da könntest du Recht haben.«
    »Außerdem kann es doch kein Zufall sein, dass wir uns heute über den Weg gelaufen sind. Ich schätze, dass der alte Herr Coppelius in den letzten Jahren nicht zu oft Besuch bekommen hat.«
    »Also?«
    »Fang du an!«
    Sie seufzte. »Na gut«, begann sie ihre Geschichte und berichtete ihm alles, was er, wie sie dachte, wissen sollte. Sie erzählte von Margo und Maxime Gold. »Sie war wie die Mutter von Charlie Harper in Two and a Half Men . Und er war wie Ian McKellan, irgendwie weise, belesen und gelehrt.« Sie zögerte, dann sagte sie: »Und begehrt.« Sie
berichtete von der Ermordung der beiden und den anderen seltsamen Todesfällen, von denen sie eigentlich nur vage durch die Zeitungen und Notizen bei Friedrich Coppelius erfahren hatte. Sie erzählte von dem bösen Wolf und dem Pflanzending in der Villa ihrer Mutter, ihrem Leben, der Schule und von all den unwichtigen Dingen, die ihr gerade in den Sinn kamen, weil plötzlich alles viel besser war, als einfach nur zu schweigen, das spürte sie ganz deutlich.
    »Und du?«, beendete sie ihren Monolog.
    »Ich studiere.«
    »In Oxford.«
    »Genau.«
    »Dem Oxford auf Madagaskar.«
    Er grinste. »Ja, gleich um die Ecke.«
    »Warum bist du hier?«
    »Meine Eltern leben seit Jahren getrennt.«
    Willkommen im Club, dachte Vesper.
    »Meine Mutter starb letzte Woche, in Berlin. Mein Vater hatte einen Autounfall am Bodensee. Keine drei Tage ist das her.« Sein Blick ruhte auf der Fahrbahn. »Das sind schon seltsame Zufälle, nicht wahr?!«
    Vesper dachte an die Zeitungsartikel, die Herr Coppelius sorgfältig markiert hatte, an all die rätselhaften Unfälle, die sich überall in Deutschland während der letzten Tage ereignet hatten, an die Bemerkung des alten Mannes, dass alles einem Muster folge.
    »Der Agent meines Vaters rief mich in England im Wohnheim an und teilte mir mit, was geschehen war.«

    »Wer war dein Vater?«
    »Peter Nachtsheim. Er schrieb Romane.«
    »Ein Schriftsteller.« Vesper kramte in ihren Erinnerungen. Irgendwie kam ihr dieser Name bekannt vor. Sie brachte den Namen mit ihrem eigenen Vater in Verbindung, wusste aber nicht, warum.
    »Das Geheimnis des Mondsteins.« Leander zog eine Grimasse. »Damit wurde er berühmt.«
    »Davon habe ich gehört.« Ja, sie konnte sich sogar an das Buch erinnern. Es hatte im Arbeitszimmer ihres Vaters gestanden. Es war ein sehr dickes Buch mit altmodisch angehauchtem Einband.
    »Ein romantischer Krimi. Ja, das ist von ihm. Er mochte diese altmodischen Geschichten. Irgendwie ist er nie richtig in der Gegenwart angekommen, glaube ich. Er hat Goethe und Schiller gemocht, all die alten Dichter. Tieck, die Brüder Grimm, E. T. A. Hoffmann.«
    »Du hast ihn gern gehabt.« Auch das eine Feststellung. Sie wusste nicht recht, warum sie ihr über die Lippen gekommen war.
    Ein wenig verlegen sagte er: »Du kennst mich doch kaum.«
    »Man merkt es dir an.«
    »Du siehst viel.«
    Vesper schaute nach draußen, musterte ihr fahles Spiegelbild in der Seitenscheibe.
    »Angeblich ist ihm ein Reifen geplatzt. Der Wagen kam ins Schleudern.« Er stockte. »Er hat in Lindau am Bodensee gelebt.«

    »Du glaubst nicht an einen Unfall, nicht wahr?«
    »Er war ein guter Fahrer. Seinen Wagen hat man aus dem Wasser gezogen. Er hat die Absperrung auf der Seebrücke durchbrochen. Mein Vater konnte sich wohl nicht mehr schnell genug aus dem Wagen befreien.« Leander schüttelte energisch und resigniert den Kopf. »Ist natürlich alles Blödsinn. Glaubst du daran, dass es ein Unfall war, als dein Vater starb?«
    »Nein.« Mit einem Mal fiel ihr auf, dass sie gar nichts darüber wusste, sah man von den wenigen Informationen ab, die sie der Presse entnommen hatte.
    »Mir geht es da nicht anders. Und die Tatsache, dass diese Wesen hinter uns her sind, ist doch sehr vielsagend.«
    »Sie wollen deine Uhr und meinen Ring.«
    »Und die Schlüssel, die wir bei uns tragen.«
    Leander fummelte sich an den Haaren herum. »Die uralten Schlüssel für etwas, was der Menschenwolf als Refugium bezeichnet hat.«
    Vesper zuckte die Schultern. »Wir haben das, was sie wollen.« Sie berichtete von dem, was Coppelius ihr mitgeteilt hatte. Von der Bohemia und den Dingen, die sich früher schon einmal zugetragen hatten.
    »Ein Geheimbund, wie geheimnisvoll.«
    »Das jedenfalls hat mir Coppelius gesagt.«
    »Aber warum sie diese Gegenstände haben

Weitere Kostenlose Bücher