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Grimms Erben

Grimms Erben

Titel: Grimms Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Weber
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Tag Eingrooven.
    7 Tage Bergtour.
    4 Tage Hotelaufenthalt.
    1 Tag Abreise.
    Nicht in Stein gemeißelt, aber ins Gehirn gestanzt.
    Van Bergen will nach der Rückkehr Ergebnisse sehen, solutions, things to work with. Das schaffen wir mit Leichtigkeit. Also gönnen wir uns einen Arbeitsurlaubsstart mit Spirituosenprobe aus regionalem Fruchtanbau. Einkalkulierte Konsequenzen inklusive.
    Unzählige blaue Striche, Kreuze und Zahlen färben meinen Bierdeckel. Ich vermute unseren Konsum pro Kopf auf zwei Liter Bier und an die vier Schnäpse. Es ist eine Vermutung, genauso, dass Theres irgendwie ein Auge auf mich geworfen hat. Mittlerweile dürfen wir am Stammtisch sitzen, an der hochheiligen Tafelrunde der Könige von Garmisch.
    Die Stammtischler tragen folgende Namen:
    Wolfe (Zigarette: R6)
    Hans (Zigarre: kubanisch)
    Mundl (Keramikpfeife mit Steinbockemblem)
    Martl (nix)
    Adi (Zigarette: Pall Mall)
    Nur einer, Martl, trägt Jeans und Pullover. Hans, Mundl und Adi haben Lederhosen an. Wolfe eine Kniebundhose aus Cordstoff. Hinzu kommen noch ein Gamsbarthut, zwei Cordhüte, Janker, Joppe, Messer mit Horngriff. Das ist kein Klischee. Das ist die bayrische Wahrheit auf dem Lande. Cowboys from upper Bavarian.
    Im Laufe der folgenden Gesprächszeit bekommen wir ihre Nachnamen und einige Besonderheiten mit.
    Wolfgang Buchwieser – der Mann mit den Bärenkräften.
    Hans Neugschwendner – Ex-Bürgermeister. Irgendwie, irgendwo, irgendwann ein krummes Ding gedreht. Keine weiteren Details.
    Edmund Gruber – aufgrund seiner vergangenen Schönheit und des Rufs eines erfolgreichen Schürzenjägers auch als »der Gruaba Bimbo« bekannt. Mittlerweile ist nur noch der Rufname »Mundl« geläufig.
    Matthias Salvermoser – Großbauer, Vertreiber von Öko- und vor allem Nichtökoprodukten.
    Adolf Reindl – Erfinder einer Skalierung von Waldbodenpflanzen, welche weder Patent noch breit angesehene Anwendung fand.
    Sie sind sehr nett und lachen uns aus. Stellen manch ernstgemeinte Frage, die wir nur schwer verstehen und klopfen uns immer wieder wuchtig und zu hart auf unsere Rücken.
    »Saupreißn, dreckade.«
    »Wås deands es? Zeichnunga macha? Oda wås?«
    »Då, sauf no an Schnaps. Gäh zua!«
    »Gibt’s bei eich obn aa an Schweinsbråtn?«
    »Aba eia Bia, gell, is nix, gell.«
    »Es seids scho recht, es Fischkepf.«
    So was in der Art. Es ist schwer, den Männern zu folgen, sie geben sich absolut keine Mühe, sich verständlich auszudrücken. Sie behaupten, sie können nicht anders. Ihre Gesichter bestehen hauptsächlich aus Gräben und Furchen, verästelten Äderchen und grauen Stoppelfeldern. Menschliche Äcker. Ich weiß nicht, ob wir uns der zeitweiligen Aufnahme in die Runde als würdig erweisen. Aber wir lernen schnell: König Ludwig gerät hier im Bayernland ebenso ins Kreuzfeuer hitziger Diskussionen wie König Fußball. Eine zu dünne Vergaserdichtung hat die gleiche Tragik wie zu dicke Zwiebelringe auf dem Wurstsalat. Und wenn beim größten Supermarkt in Garmisch zum heftig verbilligten Kasten Mischbier, also Alkopops, eine gefrorene Pizza als Bonus gereicht wird, dann stecken hinter diesem marktverunreinigenden Billigangebot norddeutsche Modebrauereien, die einen galaktischen Frontalangriff auf das bayrische Reinheitsgebot starten.
    Mundl steckt sich seine Keramikpfeife zu fast jedem Atemzug in den Mundwinkel, als sei es ein Beatmungsgerät. Sein Lebensodem dampft aus Nase und Mund. Manchmal baumelt das Nikotingenussinstrument wie ein kleines Saxophon zwischen seinen Lippen. Seine Augen sind glasig und lassen auf Gelbsucht schließen.
    Olsen darf einmal ziehen und hält seine Gesichtszüge trotz Lungenzugs im Gleis. Nun bieten ihm alle Raucher ihre Glimmstengel an und fordern Lungenzüge und lange Inhalationen. Meine Warnungen prallen an Olsen ab wie Fliegen an geschlossenen Fensterscheiben.
    Wir kommen irgendwann zu den Themen Bundeskanzlerin, CSU, CDU, Ausländerfeindlichkeit.
    Martl löst auf: »I hob nix gega Neger. Im Gegnteil. I iss gern amoi beim Griechn oder beim Türkn.«
    Mahlzeit. Mein Blick schweift zur Tafel der Kriegsveteranen. Adolf Brandtner zwinkert mir auf dem Lichtbild mit verschmitztem Lächeln zu.
    Ich werde auf ein Spielkartenpaket neben dem Aschenbecher aufmerksam. Das aufliegende Blatt weist mir unbekannte, seltsame Muster auf. Sehen aus wie bunte Bälle, Lampions, die um einen Jüngling mit Krummsäbel angebracht sind.
    Märchenhaft. Den merke ich mir für meine Illustrationen. In den Ecken des

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