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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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ausgegeben hatte.
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst, Grimpow. Du weißt ebenso viel über mich wie ich über dich«, verteidigte er sich leise, während er sein Schwert gürtete.
    »Ich spreche von Gandalf Labox und seiner Tochter. Du kennst sie irgendwoher. Es war also kein Zufall, dass wir nach Cornille gegangen sind. Du hast gewusst, dass die beiden dort waren, auch wenn du nicht damit gerechnet hast, dass sie von den Soldaten des Barons festgenommen würden, nicht wahr?«, fragte Grimpow streng.
    Salietti sah ihm sanft ins Gesicht. »Ich kann jetzt nicht darüber sprechen, mein Freund. Aber es ist nicht so, wie du denkst.«
    Unwillkürlich stiegen dem Jungen die Tränen in die Augen und liefen ihm über die Wangen, ohne dass er recht wusste, warum. Gründe dafür gab es genug. Vielleicht war es die Erschöpfung der Reise, die seit Monaten währende Anspannung, der Einfluss des magischen Steins, die Ungewissheit darüber, was sie in der Festung des Barons noch erwartete, der Tod des Alten, den er nicht einmal gekannt hatte, das Geheimnis der Weisen, das sie noch zu enthüllen hatten, oder einfach die Tatsache, dass er sich ein weiteres Mal von jemandem schmählich hintergangen fühlte, den er für seinen besten Freund gehalten hatte.
    »Nun komm schon, Grimpow, ich will dich nicht kränken! Es ist eine lange, verworrene Geschichte, aber ich verspreche, dir später alles zu erzählen. Jetzt müssen wir uns um wichtigere Dinge kümmern.«
    Saliettis Worte trösteten Grimpow und munterten ihn ein wenig auf. Ihm kam sogar der Gedanke, er habe dem Ritter zu Unrecht Vorwürfe gemacht. Schließlich konnte er seine Gründe haben, ihm nicht alles über sein Leben, seine Vergangenheit und seine Beweggründe, die ihn zu dieser Reise veranlasst hatten, zu erzählen. Letzten Endes, so dachte er, hat die Seele eines jeden Menschen eben doch geheime Winkel für dessen innerste Gedanken, Wünsche und Träume - oder auch für dessen Bosheiten.
    »Es tut mir leid«, sagte er, »es war nicht meine Absicht, dir Vorwürfe zu machen.«
    Mit einem Lächeln nahm Salietti seine Entschuldigung an und zwinkerte ihm zu. »Schon gut. Na los, mach dich fertig, wir wollen vor dem Nachtmahl einen Rundgang durch die Festung machen. Ich hoffe, wir bekommen heute ausnahmsweise mal ein schmackhaftes warmes Essen vorgesetzt.«
    »Hast du schon einen Plan, wie du zu Weynelle gelangen kannst?«, fragte Grimpow. Er wusste genau, dass kein anderer Gedanke als dieser Saliettis Geist beschäftigte.
    »Noch nicht. Ich muss vorher noch eine dringende Angelegenheit mit Fenio de Vokko besprechen. Hast du das vergessen?«
    »Hast du etwa die Absicht, ihm die Botschaft von Drusus dem Blutrünstigen zu überbringen?«
    »Ich habe einen Eid geschworen und ein Ehrenmann erfüllt stets seine Versprechen. Außerdem kann ich ihm vielleicht während unserer Unterredung den Schlüssel zum Turmzimmer entwenden.«
    »Willst du dich etwa ganz allein in die Höhle des Löwen begeben?«, rief Grimpow irritiert.
    »Nur so kann ich erfahren, wie spitz seine Reißzähne tatsächlich sind.«
    Salietti näherte sich der Bank mit ihren Satteltaschen und holte einen Stapel Karten heraus, den Grimpow nie zuvor bei ihm gesehen hatte.
    »Hast du vor, mit dem Baron Karten zu spielen?«, fragte er.
    »Nein«, sagte der Ritter und lachte. »Dies hier sind ganz besondere Karten mit verschiedenen gleichnishaften Motiven. In manchen Ländern des Orients werden sie benutzt, um daraus die Zukunft zu lesen. Viele edle Herren und ebenso viele Damen können die Ungewissheit ihres Schicksals so wenig ertragen, dass sie etwas über ihr Los in Erfahrung zu bringen versuchen, als wäre es dadurch zu verhindern. Fenio de Vokko ist einer von ihnen und brennt förmlich für die Wahrsagerei. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass er die Wahrsagung durch ein schlichtes Kartenspiel wie dieses noch nicht kennt. Deshalb möchte ich es ihm schenken, um sein Vertrauen zu gewinnen.«
    »Womit soll ich mir inzwischen die Zeit vertreiben?«
    »Für dich habe ich einen Auftrag. Hast du noch den Kohlestift und das Stück Pergament aus der Sakristei in Cornille?«
    »Ja, ich habe sie in der Satteltasche hier.«
    »Hol sie heraus, ich muss etwas Wichtiges aufschreiben.«
    Grimpow nahm den Kohlestift und riss von dem Pergament ein Stück ab, damit er seine Aufzeichnungen nicht aus der Hand geben musste. Salietti forderte ihn auf, sich umzudrehen und den Rücken zu krümmen, damit er ihm als Schreibpult diente.

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